Mental Load in der Partnerschaft: Warum Männer verlieren, wenn Frauen alles denken – und wie faire Verteilung Beziehungen stärkt

5. Dezember 2025

Mental Load ist kein Modewort – es ist eine leise, aber mächtige Kraft, die Beziehungen formt. Oft unbemerkt, oft ungewollt, aber mit deutlichen Folgen für Nähe, Verbundenheit und Gleichberechtigung. Während Frauen häufig spüren, dass sie „an alles denken“, bleibt die Perspektive der Männer erstaunlich unsichtbar. Dabei betrifft Mental Load auch sie – nur auf einer anderen Ebene und mit Konsequenzen, die sich tief in die Beziehung einweben.

In diesem Beitrag zeige ich, was die ungleiche Verteilung von Denk- und Organisationsarbeit mit beiden macht – und wie Männer nicht nur Teil der Lösung werden, sondern selbst enorm profitieren können.

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Noch nie hat ein Post von mir so viel Aufmerksamkeit bekommen und war so in aller Munde wie mein Beitrag rund um den letzten Blog über Mental Load und die Bullshit Sätze, die man so oft in der Gesellschaft noch hört.

Mental Load ist ein Problem, das sich unter der Oberfläche ausbreitet, sich in ewig wiederkehrenden Kreisläufen festigt und Paare (vor allem diejenigen, die den Mental Load überwiegend tragen) an den Rand des Wahnsinns treibt. Er wirkt in Beziehungen – ob man sich nun der Tatsache bewusst ist, oder nicht. Wie, warum und wie ihr aus dem Kreislauf ausbrechen könnt, liest du heute hier.

Vor etwa zehn Jahren kam ich das erste Mal in Kontakt mit dem Thema „Mental Load“. Mein Mann und ich hatten ein Wochenende zu zweit in der Toskana geplant. Unsere drei Kinder verweilten dankenswerterweise bei den Großeltern, während wir zwischen Olivenbäumen und guten Weinen unsere Auszeit genossen. Damit so ein Wochenende auch reibungslos abläuft, braucht es Informationen. Die Mädchen hatten gerade Zahnspangen bekommen, eins der Kinder war zu einem Geburtstag eingeladen und die Katze zuhause sollte auch nicht verhungern. Ich schrieb 6 A4 Seiten auf, wo die wichtigsten Dinge für diese Tage notiert standen. Da wurde mir bewusst: WOW, das alles ist in meinem Kopf, an das alles denke ich, um den Laden hier am Laufen zu halten.

Dabei war da kein Fünkchen Haushalt zu berücksichtigen, der fällt ja im Urlaub flach.

Mein Mann musste niemandem irgendetwas mitteilen. Eine Abwesenheitsnotiz im Email Programm und das war’s. Obwohl wir uns eigentlich als gleichberechtigtes Paar verstehen, blickte ich auf eine ziemlich absurde Schieflage. Dabei sind wir leider keine Ausnahme. Selbst in Beziehungen, die wohlwollend, unterstützend und partnerschaftlich laufen, gibt es oft so ein Gefälle.

Laut Expertinnen wie Patricia Cammarata und Laura Fröhlich entsteht Mental Load nicht durch Chaos oder mangelhafte Kommunikation sondern durch unfaire Verantwortungsarchitektur. 

Wie es so weit kam? 

Ich bin zuhause, als wir Kinder bekommen. Diese Entscheidung ist bewusst getroffen, aus voller Überzeugung und einvernehmlich. Dadurch ergibt sich, dass ich immer mehr den Überblick über beinahe alles habe, was sich zuhause abspielt. Wann das Waschmittel leer wird, die Biotonne abgeholt wird und die Kinder aus der aktuellen Kleidergröße herausgewachsen sind. Also werde ich zuständig, weil ich ja alles sehe. Ich kenne jede Ecke der Speisekammer, bin diejenige, die den Kühlschrank beizeiten reinigt und überwacht, kenne mich im Haushalt bestens aus. Scherzhaft kommen die Familienmitglieder oft heute noch zu mir und bitten mich, etwas zu finden, weil sie es nicht sehen – und ich mich ja vieeeeel besser auskenne. Also denke ich noch mehr. Merke mir noch genauer, wo etwas ist, wann etwas erledigt gehört und was bedacht werden soll. Im Sinn meiner eigenen Effizienz, weil es sonst scheinbar niemand macht.
So bleibt eines Tages (fast) alles bei mir hängen. Und vier weitere Menschen verlassen sich drauf.
Das ist kein Einzelfall, sondern ein System.

Natürlich sind sehr kleine Kinder von großer Verantwortung ausgenommen. Ich empfehle allerdings stets, schon früh altersgemäße Zuständigkeiten zu verteilen (auch hier hilft SICHTBAR MACHEN!!) und somit von Anfang an auf faire Einbindung zu setzen.
Denn Mental Load verteilt sich nicht automatisch gerecht. Der Person, die die überbordende Last trägt, bleibt nichts anders übrig, als sich bemerkbar zu machen, hinzuweisen und klar hinzuweisen, wenn etwas umverteilt gehört.
Ja, dabei bin ich meinen Mitbewohnerinnen oft lästig. Nein, das ist keine Rolle, die ich genieße. Und gleichzeitig der einzige Weg, wie ich halbwegs sicher langfristig zufrieden sein kann. 

Denkverantwortung ist Beziehungsarbeit.

Es geht in vielen Beziehungen schon lang nicht mehr darum, wer wie viel macht. Denn ehrlich: die meisten Paare, die ich begleite, sind weder faul noch langweilig. Sie geben ihr Möglichstes und arbeiten hart dafür, sich ein gutes Leben zu schaffen. Nicht in jedem Bereich 50:50, aber viele davon ehrlich bemüht, eine faire Aufteilung zu finden.
Das „dran Denken“ jedoch ist meiner Einschätzung nach aber noch lang nicht partnerschaftlich geschultert. Statt zu fragen „Wer macht wie viel?“ Braucht es die Frage „Wer denkt für was UND kümmert sich drum?“- 

DREI WARNSIGNALE

Wenn du dir nicht ganz sicher bist, ob das bei dir / euch der Fall ist, kannst du hier kurz einchecken und dir folgende Fragen stellen:

(Aus Sicht der mental verantwortlichen Person)

  • Du erinnerst automatisch an alles – ohne es zu merken.
  • Wenn du nicht an etwas denkst, passiert es nicht.
  • Du bist erschöpft, aber niemand sieht warum.

(Aus Sicht der anderen Person)

  • „Sag mir einfach, was ich tun soll.“
  • Du willst helfen, aber wirst nie richtig ’fertig‘.
  • Du fühlst dich schnell kritisiert.
EXIT Strategie

Wenn ihr ehrlich interessiert seid, aus dem Hamsterrad auszusteigen, könnt ihr mit dem Mental Load & Equal Care Test beginnen. Der nächste Schritt ist das Definieren von Arbeitspaketen.

Welche Aufgaben gehören zusammen und bilden ganze Prozesse? Sinnvoller Weise werden dann ganze Pakete aufgeteilt, sonst landet man am Ende im schlimmsten aller Szenarien: dass BEIDE dauernd an alles denken müssen. 

Ein Beispiel gefällig? Nicht nur: „Ich mache die Wäsche.“
Sondern:

  • Vorräte Waschmittel checken
  • Waschmittel nachkaufen
  • Wäsche einsammeln
  • Waschen / Trocknen / Zusammenlegen
  • Klamotten ausmisten
  • Jahreszeitwechsel beachten 
  • Kaputtes ersetzen
  • Kinder einbinden

Das ist ein Aufgabencluster – und sollte einer Person gehören, nicht „beiden halb“.

Was Paare in meiner Beratungspraxis schon partnerschaftlich teilen – BEISPIELE:

  • Geburtstag des Kindes (kann man auch jährlich wechseln)
  • Überlegung, Organisation / Bereitstellung von Osternest, Nikolaussackerl oder Adventkalender
  • Arzttermine
  • Freizeitaktivitäten der Kinder: Bring- und Abholdienst, Sachen packen, erinnern, WhatsApp Gruppen betreuen,…
  • Geschenke für die eigene Familie (bedenken und zeitgerecht organisieren)

Diese Regeln erleichtern Paare dabei IMMER:

  • Verantwortlichkeiten klar definieren
  • Cluster statt Kleinteile
  • Regelmäßige Load-Check-ins
  • Keine Mikromanagement-Situationen
  • Vertrauen statt Kontrolle
  • Fehler erlauben (auch das gehört zu echter Verantwortung)
3 Gründe, warum man sich auf dieses MIENENFELD wagen soll.

Ich hasse es immer noch, wenn ich zuhause die Ungute sein muss, die auf diesen leidlichen Themen herumtrampelt und nicht müde wird, aufzuzeigen. Warum?

Wenn eine Person dauerhaft den kompletten Denk- und Organisationsapparat übernimmt, verändert das die Beziehung leise – aber tiefgreifend. Mental Load ist nicht einfach „viel zu tun haben“, sondern eine strukturelle Verschiebung von Verantwortung. Und diese Verschiebung hat Folgen.

Erstens entsteht eine Ungleichheit, die sich für beide Seiten ungut anfühlt. Die Person, die denkt und koordiniert, rutscht automatisch in eine Art Managerrolle, während die andere Seite – oft ungewollt – in der „Mitarbeiterposition“ landet. Das führt zu einem Ungleichgewicht, das auf Dauer weder partnerschaftlich noch verbindend wirkt.

Zweitens wächst emotionale Distanz. Die denkende Person fühlt sich allein gelassen – nicht, weil der andere nichts tut, sondern weil sie alles im Blick behalten muss. Gleichzeitig fühlt sich der Partner häufig unter Druck gesetzt oder kritisiert. Zwei Menschen, die sich eigentlich nah sein wollen, entfernen sich innerlich, ohne zu verstehen, warum.

Drittens kommt es zu wiederkehrenden Konflikten, die auf den ersten Blick wie „Kleinigkeiten“ wirken: Wer kauft ein? Wo sind die Turnsackerl? Warum ist die Jause schon wieder vergessen? Doch eigentlich geht es nicht um diese Details, sondern um Zuständigkeit. Um Verantwortung. Um das Gefühl, das Rad ständig alleine drehen zu müssen.

Und schließlich geht ein Stück der Partnerschaftlichkeit verloren. Eine Beziehung lebt von Teamgefühl – davon, dass zwei Menschen Verantwortung teilen und gemeinsam gestalten, auch das ist gelebte Liebe. Wenn Mental Load jedoch ungleich verteilt ist, fühlt sich die Partnerschaft weniger wie ein Team und mehr wie ein organisatorisches Gefälle an. All diese Dynamiken sind wissenschaftlich gut beschrieben. So zeigt Daminger (2019) im American Sociological Review, dass die mentale Dimension der Haus- und Familienarbeit strukturelle Ungleichheit erzeugt und oft zu emotionaler Belastung führt.
Es ist also kein individuelles Scheitern – sondern ein System, das sichtbar gemacht werden muss.

Warum Männer KEIN gutes Leben haben, wenn sie „bedient“ werden

Auf den ersten Blick scheint es für Männer bequem: Jemand denkt mit, organisiert, erinnert und hält den Familienalltag am Laufen. Doch diese vermeintliche „Entlastung“ hat einen Preis, den viele Männer erst spüren, wenn sie genauer hinsehen.

Denn wenn man im Alltag darauf angewiesen ist, erinnert zu werden, verliert man ein Stück Selbstwirksamkeit. Man wird, ohne es zu wollen, zum passiven Teil des Systems. Und passiv sein fühlt sich selten gut an – es reduziert das Vertrauen in die eigene Kompetenz und verstärkt das Gefühl, „nicht richtig mitzukommen“.

Zudem führt die ungleiche Verteilung von Denk- und Organisationsarbeit zu emotionaler Entfernung. Wenn eine Person in der „Mutterrolle“ landet, rutscht der Partner unbewusst in eine kindlichere Rolle – und das ist Gift für Nähe und Intimität. Ja, damit ist auch Sexualität gemeint. Begehren entsteht nicht aus Abhängigkeit, sondern auf Augenhöhe. Mit der eigenen Mutter willst du keine erotische Beziehung, so wie sie nicht mit ihrem Kind. Basta.

Viele Männer beschreiben zudem, dass sie sich weniger als Partner und mehr als Mitläufer fühlen, wenn die Verantwortung nicht geteilt wird. Dieses Gefühl nagt an Selbstwert und Partnerschaft auf beiden Seiten. Und die Forschung bestätigt das: Eine Studie von Carlson et al. (2016) zeigt, dass Paare mit einer gleichberechtigten Aufteilung der Haus- und Familienarbeit deutlich zufriedener sind – Männer und Frauen. Männer gewinnen also nicht, wenn sie „bedient“ werden. Sie verlieren leise – aber spürbar.

Was Männer konkret tun können

Die gute Nachricht: Mental Load lässt sich verändern – und zwar ohne Drama, ohne Vorwürfe und ohne Perfektionsanspruch.
Mit ein paar klaren Schritten, die erstaunlich viel Wirkung entfalten.

1. Nach Aufgabenclustern fragen, nicht nach Einzelaufträgen.
„Was könnte ein Bereich sein, den ich ganz übernehmen kann?“
Zuständigkeit wirkt nur, wenn sie vollständig ist – inklusive Überblick, Planung und Nachbereitung.

2. Selbst Informationen beschaffen.
Nicht warten, bis man erinnert wird. Nicht fragen: „Was soll ich tun?“
Sondern aktiv werden, sich einarbeiten, Lösungen finden.
Das ist echte Teilhabe – nicht Mitarbeit.

3. Eine echte Zuständigkeit übernehmen.
Kalender. Vorbereitung. Nachkauf. Abwicklung. Kommunikation.
Alles, was dazugehört – nicht nur die letzte sichtbare Handlung.

4. Fehler aushalten und lernen.
Niemand steigt als Profi ein. Und Perfektion ist kein Ziel. Wenn deine Partnerin deutlich mehr Erfahrung hat in einem Arbeitsprozess als du, dann nimm ihre Expertise an! Das ist in JEDEM Job dieser Welt so!

5. Regelmäßige Load-Check-ins machen.
Zehn Minuten pro Woche reichen aus, um Dynamiken sichtbar zu machen, Belastungen neu zu verteilen und nicht wieder in alte Muster zu rutschen. Warum es das alles wert ist?

Diese Schritte schaffen etwas, das jede Beziehung braucht: Klarheit, Fairness und echte Partnerschaft … nicht nur für heute, sondern langfristig.


Falls ihr euch wünscht, dieses komplexe Thema als Paar anzugehen, aber nicht recht wisst wie:

Checkt euch einen Termin im „Beziehungspickerl“ – das ist sowas wie ein jährliches Software Update für eure Liebe, wo ihr an eurer Beziehungsqualität schrauben könnt. Mit meiner Begleitung und fachlichen Moderation – hin zu der Form der Partnerschaft, die ihr euch wünscht.

Kerstin Bamminger

Hallo, ich bin Kerstin Bamminger und ich unterstütze Menschen dabei, lebendige Beziehungen zu gestalten. Tiefgründig, bedeutungsvoll und auf Augenhöhe. Hol dir hier am Blog gern Tipps und Tricks, wie das gelingen kann und lass mir gern einen Kommentar da, wenn dir etwas gefallen hat! Viel Freude beim Lesen!

5. Dezember 2025

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