Hach, wie haben wir uns das ganze Jahr gefreut. Schon in den Wintermonaten wurde ein passendes Ziel ausgewählt, im Süden – wir sehnten uns ja grad schon wieder nach etwas mehr Wärme und Sonnenstunden – wo es was zu sehen gibt, Möglichkeit zum Ausspannen, gutes Essen, eine komfortable Unterkunft, mit Blick auf’s Meer aber möglichst ein wenig abgeschieden – man mag es ja nicht zu touristisch. Und voller Vorfreude harrt man dann der verbleibenden Monate bis es endlich soweit ist, und man sich auf Reisen begibt.
So weit, so normal.
Dass Urlaube fast immer an hohe Erwartungen geknüpft sind, ist verständlich. Es sind wenige Wochen oder Tage im Jahr, für die man häufig viel Geld bezahlt, auf die man sich lange vorher schon freut und die mit vielen – leider oft unausgesprochenen – Hoffnungen und Wünschen gespickt sind. Dass und wie diese Haltung in unserem Fall schon mal richtig in die Hose ging, liest du jetzt und hier.
Eine Mittelmeerinsel (Sardinien?) sollte es sein, die europäische Karibik. Von den Stränden der oberen Adria schon ein wenig müde, wollten wir die so bezaubernd beschriebenen weißen Sandstrände, viele verschiedene Buchten erkunden, glasklares Wasser in den verschiedensten Türkistönen und dazu das von uns geliebte italienische Dolce Vita.
Da man – so wird’s kommuniziert – auf Sardinien empfehlenswerterweise ein Auto braucht, um die Schönheit der Insel auch richtig erfassen zu können, düsten wir mit den drei Kids Freitag Nachmittag praktisch non-stop neun Stunden nach Livorno, wo wir über Nacht mit der Fähre nach Olbia transportiert werden sollten. Die Autofahrt ohne Probleme, die Kids bester und fast ausgelassener Laune. Die ganze positive Energie der Youngsters gefangen im Faradayischen Käfig, alles war (noch) bestens. Wir laufen aus, verbringen noch unsere ersten faszinierten Stunden auf einer Fähre, bevor wir uns in die gebuchte Kabine zum Schlafen legen. Gemütlich ist was anderes, aber: es war ja nur für eine Nacht.
Etwas unsanft über zu laut eingestellte Lautsprecher um 6.00 Uhr morgens geweckt, laufen wir in Olbia ein und machen uns mit dem Auto auf dem Weg zu unserer Ferienwohnung, erste Reihe mit kleinem Privatstrand. So stand’s geschrieben.
Was nun folgte, war eine Aneinanderreihung kleiner Missgeschicke und Katastrophen, die unser Entspannungslevel innerhalb kurzer Zeit praktisch gegen Null schraubte.
Die auf den Fotos herrlich aussehende Wohnung empfängt uns mit einem murkeligen Geruch, der mich fast rückwärts wieder raus befördert. Auch das dauerhafte Öffnen aller Fenster und Türen (willkommen, ihr Gelsen!) ändert die ganze Woche lang daran nichts. Der Geruch ist an jedem Polster, Gegenstand und am gesamten Geschirr. Prost, Mahlzeit. Von den Schimmelpilzen und anderen Getieren, die sich das Apartment noch mit uns teilen, will ich gar nicht erst anfangen.
Die Abgeschiedenheit entwickelt sich bald zum Kriterium … für jede Kleinigkeit müssen wir ins Auto steigen, und die engen, schlaglöchrigen und kurvigen Straßen bezwingen.
Weil wir trotzdem was zu Essen brauchen, fährt der Mann gleich zu Beginn (bewaffnet mit einer stabilen, großen Klappkiste – für die essfreudige Großfamilie ein unverzichtbares Einkaufsutensil) Richtung Supermarkt. Als der gefunden ist, passt die Kiste natürlich nicht in das kleine italienische Einkaufswagerl, also steht sie quer drüber. Bei der Kassa werden ihm die (aus Liebe zu mir) gekauften, nicht abgewogenen Oliven beim Hantieren zum Verhängnis, die Kiste fällt und zwei Flaschen Bier verteilen sich mit Flüssigkeit und Scherben über den Großeinkauf.
Schweißgebadet und entnervt kam er noch nie vom Einkauf zurück. Für’s Protokoll: die Oliven waren derart grauslich, dass wir sie Ende der Woche der sardischen Müllabfuhr überließen.
Die Kinder wollen – oh nein, wir möchten doch am liebsten die ganze Insel sehen – ganz im Gegensatz zu uns am liebsten immer zum selben Strand. Erst recht, als der Jüngste am dritten Tag beim Strandfußball von einer Welle erfasst wird und mit vollem Karacho auf einen Seeigel springt. Dank des Wellengang haben wir nicht nur ein um-sein-Leben-brüllendes Kind, sondern auch einen neu gekauften Ball weniger. Viel Spaß damit, liebes Meer.
Dr. Google sagt, das Kind schwebt in potenzieller Lebensgefahr, also steuern wir die nächste Apotheke an um uns mit Händen und Füßen-erklärend irgendetwas zu besorgen, was ihn von seinen Qualen erlöst. Eine Zugsalbe von dem umaufgeregtesten Apotheker ever (er hat uns scheinbar tatsächlich nicht verstanden) später, zurück zur Erstversorgung des Patienten. Der Schmerz ist schon halb gebannt und es tritt langsam allgemeine Beruhigung ein.
Außerdem findet er heraus, dass er zum Fortbewegen eh nur ein Bein braucht, er viel mehr Tablet schauen darf, weil er ja so arm ist, und es viele lustige Hüpfspiele gibt. Die Kinder haben unterdessen längst beschlossen, dass wir die (immer noch stinkende) Wohnung nicht mehr verlassen würden. Was leichte Panik bei mir erzeugt.
Das beruhigende Rauschen des Meeres wandelt sich an Tag 3 in ein ohrenbetäubendes Getöse, das uns 24 Stunden täglich (dank der offenen Fenster) reizüberflutet. Zum ersten Mal wünsche ich, Ohropax dabei zu haben. An Baden oder lustigen Wassersport ist im Übrigen an den meisten Stränden auch nicht mehr zu denken. Der Seegang ist so heftig, dass sogar die Fähren einen Tag lang nicht mehr bis Korsika fahren. “Mistral” ist tatsächlich nicht nur eine Bekleidungsmarke im SportScheck Katalog. Die schlechte Stimmung hängt aber über uns, so gibt es reichlich Zoff, zwischen allen Beteiligten. Urlaubsharmonie, wo bist du?
Am Ende der Woche angelangt freuen wir uns trotz ein paar positiven Badeerlebnissen – nachdem wir Eltern das Meer jeweils ausgiebig und genau auf Seeigel untersucht hatten, bevor die Kinder auch nur den großen Zeh rein hielten – auf die Heimreise.
Zum Glück dieser Woche passend, ereilt uns am Hafen von Olbia die Nachricht, dass unsere Fähre zur Heimreise kurzerhand storniert wurde. Wie wir die Nacht verbringen und zurück aufs Festland wollen, scheint der Fährgesellschaft herzlich egal zu sein. Kurzerhand umgebucht verbringen wir die Nacht am Boden im Gang der auf 17°C temperierten und grell beleuchteten Fähre, auf 2×2 Metern, zu fünft. Da helfen auch die megagroßen Aufdrucke der Looney Tunes an der Außenseite der Fähre nichts mehr. Kinderkreuzfahrtschiff. Pffff.
Nach einer letzten Nacht am Gardasee, wo wir ein Quartier (zur Auswahl reserviert) zu stornieren vergessen haben, steuern wir heimwärts. Im Gepäck: stolze 31 Stunden Fahrzeit innerhalb dieser einen Woche und reichlich feinsten, sardischen Sand in allen Ritzen des nagelneuen Autos.
Heimkommen war noch nie schöner als damals. Über viele Dinge können wir heute lachen. Auch die Bilder vom Urlaub sind teilweise traumhaft (Geruch lässt sich ja – noch nicht – ablichten). Sardinien ist eine wunderschöne Insel – nur dieser Urlaub geht für uns definitiv nicht in die Besten-liste ein. Was wir gelernt haben und was mir sonst noch so zu Familienurlauben einfällt, liest du im nächsten Blog.
Hattest du schon mal eine Urlaubs-Panne? Was hast du daraus gelernt?
Worauf freust du dich am meisten daheim nach einem Urlaub?
Schreib gern in die Kommentare!
Kommentar schreibenKommentare: 2
- #1Monika Schubert (Montag, 12 August 2019 12:44)”Köstlich” Manchmal hat man als Mutter bzw. Großmutter nur zwei Möglichkeiten :
entweder Humor oder Wahnsinn !!! - #2Kerstin (Montag, 12 August 2019 12:47)Liebe Monika – das glaube ich dir AUFS WORT! Was für ein Glück, dass du mit so viel Humor ausgestattet bist! Lg, Kerstin
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