Wenn in diesen Tagen wieder Krippe, Kindergarten und Schule starten, ist es für viele Kinder ein Schritt in eine neue Lebensetappe. Manchen gelingt so eine Umstellung reibungslos, bei anderen braucht es viel Begleitung um diese Phasen des Übergangs, der Veränderung und des Loslassen gut zu meistern.
Nach den mehr oder weniger langen Ferien, der freien Tagesgestaltung mit reichlich Zeit und Gelegenheit um Pausen und Erholungsphasen zu genießen, folgt nun wieder eine Phase mit deutlich mehr Struktur. Fixe Aufstehzeiten, Routinen, Zeitpläne und Termine geben wochentags wieder den Ton an.
ÜBERGÄNGE
Besonders Übergänge sind in Familien sensible Phasen, die bewusst begleitet sein wollen. Der Übergang von den Ferien zur Kindergarten-/ Schulzeit, der Übergang von daheim in die Außer-Haus-Betreuung und auch das Heimkommen von Kindergarten, Schule und Co ist meist eher angespannt, eher konfliktbehaftet, eher emotionsgeladen.
Was wir Erwachsene schon mit unserer Routine bewältigen, fällt den Kindern oft unbewusst sehr schwer: die Umstellung von einem System auf das nächste. Überall sind andere Personen, mit denen man zusammentrifft, andere Regeln, andere Räumlichkeiten, andere Gerüche, Eindrücke und Anforderungen, die es zu verarbeiten gibt. Das kann ganz schön anstrengend sein, besonders wenn das Kind zum ersten Mal auf diese “neue Welt” trifft.
DIE RICHTIGEN FRAGEN
In der Vorbereitung ist es gut, das Kind in Gesprächen darauf einzustellen – und dabei jede Wertung (“Der Ernst des Lebens” oder “Da weht ein anderer Wind” oder “Da ist es so lustig für Kinder”) zu vermeiden. Statt “Freust du dich auf die Schule?” lieber fragen: “Was geht dir im Kopf um, wenn du an die Schule denkst?” Oder: “Was meinst du, wie das wird, wenn du da hingehst?” So vermitteln wir den Kindern weder, dass es “normal” ist, sich auf die Schule / KG zu freuen, oder der Zeit eher ängstlich entgegen zu blicken.
Ein positives Einstimmen ist okay, so lange das Kind nicht den Eindruck bekommt, sich freuen zu müssen und unsichere Äußerungen nicht gleich abgewendet werden.
Offene, neutrale Fragen erlauben dem Kind, seine Gefühle auszudrücken, wie sie eben sind und nicht mit der Antwort der vermeintlichen Einschätzung der Erwachsenen zu entsprechen!
BEZIEHUNGSORIENTIERTES HANDELN
Egal, wie das Kind auf solche Fragen antwortet: es braucht das angenommen sein in diesem Gefühl. ”Ach, so ist das also für dich.” Wenn ein ängstliches Kind hört: “Geh, da brauchst du doch keine Angst haben!” und wenn ein vorfreudiges Kind hört “Na, da werden sie dir dann andere Saiten aufziehen!” bekommen sie jedenfalls das Gefühl: mit mir stimmt scheinbar was nicht, denn ich sollte mich anders fühlen. Das kann sehr belastend sein für Kinder. Die Gefühlswelt des Kindes annehmen, sich einfühlen und reflektieren ist ein wichtiger Baustein für starke Beziehungen. Danach geht es darum, ob und was wir als Eltern tun können um das Kind in solchen Übergangsphasen zu unterstützen.
Ein schön verzierter Stein als “Mutstein” in die Hosentasche packen (vorher gut mit Mama-Papa-Energie aufgeladen), ein Tuch von Mama mitnehmen, ein vertrauter Gegenstand, der Trost spenden kann, die extra-lange Umarmung, ein geheimes Zeichen, ein kurzes Abschieds-Ritual – es gibt unzählige Möglichkeiten, die Eltern und Kindern zur Verfügung stehen um diese Zeiten gut zu gestalten. Dabei können uns sollen Kinder – je nach Alter – aktiv eingebunden werden. Sie haben oft die tollsten Ideen!
NEUE WELT
Wenn Kinder zum ersten Mal in ein neues Umfeld (Kindergarten, Schule,…) kommen, ist es natürlich, wenn dies mit Vorsicht passiert. Alles ist fremd und das Vertrauen muss erst aufgebaut werden. So etwas schafft man nur mit genügend Zeit und der Sicherheit, dass man geborgen und gehalten ist mit allen Facetten seiner Persönlichkeit.
Bei jüngeren Kindern (Krippe und Kindergarten) kommt dazu, dass sie kein zeitliches Vorstellungsvermögen haben und ihnen jeder Abschied ein wenig wie “für immer” vorkommt. Bis sie die Erfahrung gemacht haben: ich kann mich verlassen, dass mich die Eltern wieder abholen. Statt: “Geh, brauchst doch nicht weinen, ich komm ja eh bald wieder! Hier ist doch alles so schön” braucht es ein: “Du bist mutig, dass du hier bleibst, bis ich dich abholen komme, obwohl hier alles neu für dich ist.” Danach kann sich das Kind einlassen auf erste Annäherungen zu den dortigen Bezugspersonen, auf erste Spiele mit neuen Materialien, auf erste Interaktionen mit den Gleichaltrigen. Es braucht das Gefühl verstanden zu sein, ernst genommen zu sein und in Ordnung zu sein.
IN ORDNUNG statt PERFEKT
All dies geschieht trotz unserer Bemühungen meist unter großer Anstrengung aller Beteiligten. Loslassen, Heimkommen, den Arbeitstag hinter sich lassen, hungrige und übermüdete Kinder versorgen und die vielen Eindrücke des Tages zu verarbeiten schafft meist alles andere als Harmonie bei Erwachsenen wie bei Kindern.
Es ist in Ordnung, wenn diese Phasen sich turbulent anfühlen.
Es ist in Ordnung, wenn über Weinen und Schreien Stress abgebaut wird, solange Kinder dabei begleitet werden.
Es ist in Ordnung, wenn wir Eltern dabei keine hocherfreute Miene machen können.
Es ist in Ordnung, gut genug zu sein.
Auch hier ist es förderlich, Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken und ehrlich zu sein. Wenn man sehr erschöpft ist, kann man das sagen. Wenn man sehr frustriert ist, kann man das sagen. Und Kinder brauchen oft unsere Hilfe um ihre Gemütszustände in Worte fassen zu können. Das gelingt manchmal besser, wenn man gemeinsam etwas tut wie Tisch decken, Essen vorbereiten, abräumen. Bei sich bleiben, ein paar tiefe Atemzüge, an das denken, was jetzt im Moment wichtig ist. Kleiner Tipp: es ist meist nicht die Wäsche oder die Staubwolken am Boden.
BEZIEHUNG im FOKUS
Es braucht folgendes:
Auf die Kinder schauen und sehen, wie sie sich bemühen.
Anerkennen, wenn etwas anstrengend ist und unrund läuft, obwohl wir uns so sehr bemühen.
Hilfe annehmen, wenn ihr als Familie am Ende der Weisheit angekommen seid.
Und immer wissen: egal, was alles schief läuft – wenn Kinder bedingungslos geliebt sind, dürfen wir als Eltern auch ganz schön viele Fehler (=Erfahrungen) machen und es ist trotzdem alles gut.
Sie wissen und erleben nämlich:
jemand hört mir zu,
jemand nimmt mich ernst,
jemand interessiert sich für mich,
jemand sieht mich und nimmt mich an.
So wie ich bin.
Das ist beziehungsfördernd, beziehungsstärkend und beziehungsorientiert. Und gute, tragfähige und sichere Beziehungen lassen uns einfacher die Herausforderungen und Veränderungen des Lebens bewältigen.
Wie erlebst du als Elternteil diese Phasen des Übergangs? Hast du einen Tipp?
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