Mütter übernehmen, wenn Familien gegründet werden, oft automatisch und selbstverständlich die Erledigung vieler Haushaltsaufgaben wie kochen, waschen, putzen, einkaufen, aufräumen und so weiter. Im besten Fall werden sie von ihren Partnern ebenbürtig unterstützt, doch Kinder können sich ja als Babies nicht selbst um ihre Wäsche kümmern, aufräumen oder sauber machen. Also geht es gar nicht anders, als das wir Erwachsenen diese Dinge übernehmen.
Bis die ersten Partizipationsversuche der Kinder in Punkto Hausarbeit spruchreif werden, vergehen also ein paar Monate, wenn nicht Jahre. Eine Zeit, in der wir uns gut einüben in Abläufe, Aufteilung von Tätigkeiten und Routinen und es für uns selbstverständlich wird, eine Familie wie ein kleines Hotel zu organisieren. Manchmal Roomservice und Spezialwünsche inklusive, denn den geliebten Gästen soll es ja gut gehen und bei uns gefallen.
So ist es nicht weiter verwunderlich, dass – wenn die “Gäste” älter werden – Änderungen in der Hausorganisation auf Widerstand stoßen oder selbst den bisher so engagierten Hoteliers ungewohnt erscheinen.
Sensible Störung der Kreise. So nennen wir das in der Beratersprache. Dass wir dadurch ein wenig aus der Bahn kommen, gehört dazu und dass es zunächst ein wenig mehr holpert, wenn wir neue Wege gehen, auch.
In Familien ist die Aufteilung von Hausarbeit oft ein Konfliktpunkt mit potenzieller Sprengkraft. Nicht zuletzt deshalb, weil es immer wieder Anpassungen braucht, um eine altersgemäße und gerechte Verteilung von Aufgaben gewährleisten zu können. Wer also nicht als Hotelpage, Butler oder Zimmermädchen verenden will, legt sich besser rechtzeitig ein paar Strategien zurecht, wie die Haltung einer “Wohngemeinschaft” früh durchsickern kann und der angeborene Antrieb zum Mitmachen und sich Einbringen (ja, ich glaub tatsächlich, dass es sowas gibt) gut genützt wird.
Strategie 1: Sag niemals “nein”
Wenn Kinder kommen und eine Aufgabe übernehmen wollen “Mama, darf ich bügeln?” … sag niemals “nein!”
Ich bin überzeugt, dass es bei jedem Kind, wenn es den Wunsch äußern kann, zumindest eine Teilkompetenz gibt, diese Aufgabe zu erledigen. Also, sag: “JA!”
Natürlich würd ich nicht das teuerste Hemd des Göttergatten als Probierstück zur Verfügung stellen, aber ein Geschirrtuch oder ein einfaches Leiberl sollte möglich sein. Sag dem Kind: “Ich glaub, diesen Teil schaffst du. Bei diesem / jenem Teil kann ich dir helfen, wenn du magst.”
Natürlich ist das anfangs nicht wirklich eine große Hilfe – im Gegenteil. Es dauert länger, ist mühsam und beim Erlernen passieren auch Fehler. Wenn wir aber 10 Jahre lange immer sagen: “Das kannst du noch nicht, dafür bist du zu klein” wird es eher schwierig, den Prinzen oder die Prinzessin nach so langer Zeit plötzlich vom Thron in die Waschküche zu motivieren.
Also: nützt die Begeisterung am Anfang!
Strategie 2: Zumuten & Vertrauen
“Aber die können doch nicht Kloputzen!” – “Wie’s da ausschaut, wenn die abwaschen!” … solche Sätze wälzen wohl viele Mütter und Väter im Kopf, vielleicht bestärkt von vorherigen Generationen. Tatsache ist, dass auch Kinder erst lernen dürfen, wie die Dinge gemacht werden – das heißt sie brauchen Beispiel und Anleitung. Und genau das sollten wir unseren Kindern nicht nur zumuten, sondern auch zutrauen. Dass sie es können, wenn sie sich bemühen und dass sie es dürfen, weil wir sie lassen. Zumuten heißt, sie MUTIG sein lassen. Vertrauen heißt, das BESTE in ihnen zu sehen und sie WACHSEN lassen an den Aufgaben.
Auch kleine Kinder können ein Teller in den Geschirrspüler einräumen, viele Aufgaben können auch spielerisch verpackt werden (Sockenmemory) und in dramatischen Fällen hilft uns auch gute, laute Musik.
Strategie 3: Do it your way
“Wie die die Wäsche aufhängen, da mach ich es lieber selbst!” … ja. Dieser Satz ist von mir. Und bei manchen Dingen ist es auch gut und wichtig, dass wir die Kids “anlernen”, denn es ist kein instinktives oder angeborenes Verhalten, wenn geputzt oder Wäsche aufgehängt wird. Es ist gelerntes Verhalten. Denk doch mal daran, wie du selbst die Wäsche faltest und wie es jemand anderes vielleicht tut. Genau – es gibt Unterschiede.
Und hier sind wir beim Punkt: es ist auch immer wieder notwendig, die Mitbewohner Tätigkeiten auf ihre Weise tun zu lassen. Wenn jeder gute Versuch im Keim erstick wird, braucht man sich nicht über mangelndes Engagement zu beklagen.
“Möchtest du sehen, wie ich das mache?” “Weißt du, warum ich die Wäsche vor dem Aufhängen gut ausschüttle?” … erklären und verständlich machen ist gut. Wenn sie trotzdem manchmal ihren eigenen Weg gehen: der Wille zählt fürs Werk.
Strategie 4: Sichtbar machen
Ich weiß von Frauen, die die Hausarbeit möglichst in Abwesenheit der Kinder zu erledigen versuchen. Das hat Vorteile, ja – weil man teilweise schneller und effizienter ist – doch dabei geht verloren, dass die Kinder miterleben, wie viel Arbeit dahinter steckt. Vielleicht sind es ja doch Heinzelmännchen oder sonstige zauberhafte Wesen, die diese Arbeit erledigen. Wenn man’s nicht sieht, kann man’s nicht (mit Sicherheit) wissen!
Also: nimm die Kinder mit, lass sie dabei sein, lass sie zusehen und sie werden ein anderes Bewusstsein, eine andere Wertschätzung und eine andere Motivation bekommen, sich bei der Arbeit zu beteiligen. Auch möglich (und super gut für Selbstzufriedenheit): eine Liste anlegen, auf der man notiert, was heute schon erledigt wurde. Sichtbar für alle aufhängen und dazu gleich, was es noch zu tun gibt, denn: nein – sie sehen die Arbeit meistens nicht “von selbst”. Wenn ich allerdings auf einer Liste nachlesen kann, was ich übernehmen könnte, ist es einfacher, sich einzubringen. Setzt voraus, dass das Kind sinnerfassend lesen kann (PISA lässt grüßen) oder du alternativ mit entsprechendem Zeichentalent gesegnet bist. 😉
Strategie 5: die Haltung!
“Wir sind eine Familie, ein Team! Wir leben hier zusammen und jeder trägt seinen Teil dazu bei, dass es hier angenehm ist. Kannst du bitte ……. übernehmen!”
Es braucht die Überzeugung, dass die Arbeit im Haushalt eben nicht natürlicher Weise den Frauen überlassen wird und diese wie Kellnerinnen und Dienstmädchen den ganzen Tag durch die Bude hetzen. Es braucht eine WohnGemeinschafts-Mentalität – jeder wohnt hier, also trägt auch jeder etwas dazu bei. In einer WG werden auch Tätigkeiten verteilt, Verhandlungen geführt und einer darf sich auf den anderen verlassen – auch da geht’s oft nicht reibungslos und das muss auch gar nicht so sein.
Es braucht nicht immer lustig sein – das ist es uns auch nicht. Dennoch ist es zumutbar und möglich. Niemand – auch nicht die Kinder – haben was von überlasteten und überstrapazierten Eltern, die sich zu sehr aufopfern, wo es nicht mehr notwendig wäre.
Der Wille, Aufgaben auszuhandeln und die Kinder auch in die Verantwortung zu nehmen kann ein Gewinn für alle Beteiligten sein, auch wenn es zunächst mühsam erscheint.
Wir leben dadurch auch Ebenbürtigkeit, Partnerschaftlichkeit und Respekt, wenn wir darauf achten, wie wir uns als Gemeinschaft organisieren. Daran sollten wir uns in zähen Verhandlungsrunden immer bewusst sein.
Welche Idee möchtest du umsetzen oder hast du schon umgesetzt? Berichte!!!! Ich bin neugierig, wie es anderen Familien dabei geht …
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- #1Monica (Freitag, 06 Dezember 2019 12:16)Liebe Kerstin,
damit trifft du wiedermal den Nagel auf den Kopf!
Ja, ich habe mich und auch meinen Mann in so manche deiner Beschreibungen wiedergefunden.
Ja, wir hätten auch gerne mehr Zeit miteinander und weniger “durch die Bude hetzen”.
Ja, wir haben schon öfter versucht, die Kinder mit einzubeziehen. Mit mehr oder (viel öfter) weniger Erfolg.
Ja, wir werden es weiterhin machen (nicht nur versuchen), denn die Ansprüche (auch die der Kinder) werden nicht kleiner.
Ja, ich bedanke mich herzlich bei dir für die Tipps.
Ja, es hilft (auch wenn nicht logisch), einen Einblick zu bekommen, wie es in andere Familien klappt oder auch nicht �. Denn wir sind nur Menschen, und es tut gut sich bewusst zu werden oder zu lesen, dass man nicht perfekt sein muss und dass es anderen auch so geht.
Liebe Kerstin, ich wünsche dir viel Erfolg bei der Umsetzung vom WG-Plan und auch viel Humor, denn ohne ist man verloren�.
Ganz liebe Grüße,
Monica - #2Kerstin (Dienstag, 10 Dezember 2019 12:29)Liebe Monika, danke für deine Gedanken! DU hast so recht: OHNE HUMOR geht’s einfach gar nicht … oder zumindest ist er oft die Rettung in der Not! Liebe Grüße, Kerstin
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