Overload – wegen so einer Kleinigkeit?

25. Juni 2020

Ist das jetzt ein Problem, dass du Brot einkaufst? Das ist doch bitte kein Aufwand! Das Kind vom Bahnhof abholen? Sind doch nur 15 Minuten! Wäsche waschen? Macht doch eh die Maschine. Stimmt genau. 

Warum sich viele Frauen – ja, das ist leider die Realität – dennoch überlastet fühlen, wenn es um diese kleinen Alltagsdinge geht, wie es im Kopf einer Mutter aussehen kann und zwei kleine Lösungsansätze für dieses Problem.

Vielleicht wird uns diese Tatsache jetzt gerade wieder deutlicher bewusst, weil wir das “Leben hochfahren” und sich Terminkalender langsam wieder dichter füllen. Sicher ist jedoch für mich: das ist nichts Neues, das kenn ich schon, dass mir an manchen Tagen fast der Kopf platzt vor lauter To-Dos und die Hände nicht zur Ruhe kommen wegen tausend kleiner Tätigkeiten.

Es ist doch so. Grundsätzlich sind wir Menschen Lebewesen, die gerne etwas schaffen, die sich von Natur aus (wenn nicht zuviel drein gepfuscht wurde) gern betätigen und sinnvolle Beschäftigung suchen.

Das kann aus den verschiedensten Gründen passieren: 

(Putzen) …weil es persönliches Bedürfnis ist, in einer sauberen Wohnung zu leben
(Vorlesen) … weil es ungeteilte Aufmerksamkeit für mein Kind bedeutet
(Einkaufen) … weil wir Lebensmittel brauchen, um zu überleben
(Arbeiten) … weil wir mit Geld unser Leben finanzieren und es in unserem Wirtschaftssystem relevant ist.
(Abholdienste) … weil die Sicherheit unserer Kinder wichtig ist oder Termindichte das erfordert.
(Planen) … weil wir effizient sein möchten und wir uns Orientierung wünschen.

Liste an dieser Stelle bitte beliebig fortsetzen.

Das Problem ist und war nie eine einzelne Tätigkeit. Mir geht es zumindest so. 

  • Es ist kein Problem einmal die Waschmaschine zu starten (… meine piepst übrigens grad, weil sie fertig ist: sie schreit “Wäsche aufhängen! Jetzt, sonst verknittert sie!”). 
  • Es ist kein Problem, mal schnell das Kind irgendwo hinzubringen, weil vielleicht grad kein Bus oder Zug fährt (… was ja im ländlichen Raum DURCHAUS mal der Fall sein könnte – oder die Bushaltestelle ist so weit weg, dass es schon Wurscht ist, ob der Bus fährt oder nicht #dieletztemeile )
  • Es ist kein Problem, neue Schuhe für das Kind zu besorgen (… obwohl: gehe mal mit Teenagern einkaufen, und diese Aussage ist schnell relativiert – da bekommt jede Verkäuferin Wallungen).
  • Es ist kein Problem, noch schnell ein paar Erdbeeren zu pflücken, weil die Kinder sie sooooo lieben (doch, wer verarbeitet dann eigentlich die 16 Kilo, die es unabsichtlich geworden sind?).
  • Es ist kein Problem, eine Anfrage für den Familienurlaub an ein Hotel zu schicken.
  • Oder den Müll im Altstoffsammelzentrum zu entsorgen.
  • Oder die Katze zu füttern.

Die Dosis macht das Gift

Einzeln betrachtet, sind viele dieser beschriebenen Tätigkeiten in wenigen Minuten erledigt. Wenn man mich dann anspricht darauf, warum ich eine solche Aufregung darum herum veranstalte, frag ich mich selbst manchmal, was eigentlich mit mir los ist?! Das kann doch nicht so schwer sein. Einfach die Katze füttern. 

Das schlechte Gewissen und das Gefühl wohl einfach unzureichend zu sein, stellt sich prompt ein, was der ganzen Situation natürlich überhaupt nicht förderlich ist, weil es meine Motivation zu tun eher hemmt als fördert. Bei genauer Betrachtung kommt jede von uns aber schnell selbst darauf: es ist nicht “DIE EINE” Sache, die Dosis macht das Gift. Und besonders alle Gedanken, die vorher und nachher um so eine Tätigkeit kreisen. Denn das dran-denken ist auch ein To-DO!

Kopfkino gefällig

Wenn man in den Kopf einer Familienmanagerin hineinblicken könnte und jeder Gedanke darin auf zwei Beinen herumlaufen würde, dann wär das eine Menschenansammlung, bei der von Mindestabstand keine Rede mehr sein kann.

Noch ein Geburtstagsgeschenk für den Freund kaufen, die bestellten Sachen vom Dorfladen abholen, Essen für’s Wochenende vorchecken, die berufliche Anfrage beantworten, die Kinder zum Tennis bringen, den kaputten Fahrradschlauch bestellen, Milch kaufen, die ist schon wieder alle, die Familie zum Teeniegeburtstag einladen, den Kieferorthopädin-Termin verschieben, die Kinder vom Smartphone trennen, die sitzen dort schon wieder zu lange, kochen anfangen, es ist schon so spät, die fällige Rechnung überweisen, das Volksbegehren unterschreiben gehen, die lang nicht gehörte Freundin anrufen, Ribisel pflücken, Schreibtisch aufräumen, beim Online Yoga dabei sein, die Schneckenbremse beim Hochbeet erneuern.

Sichtbarkeit bringt Wertschätzung

Was viele dieser Dinge auszeichnet, ist: es fällt kaum auf, wenn sie erledigt wurden. Doch wenn man darauf vergisst, wird es sehr wohl bemerkt. Von mir oder den anderen. Deshalb schreibe ich immer wieder gern negative To-Do Listen, ich nenne sie : “DID IT!” Listen, wo ich aufschreibe (für mich und alle, die es sonst so interessiert), was ich alles gemacht habe. Ich schreibe einzelne Arbeitsschritte auf, die erledigt sind und nicht bloß “Wäsche gemacht”. (Dazu gehört auch dass ich Wäsche einsammle, sortiere, einschalte, aufhänge, falte und verräume – ein Lieblingsbeispiel von mir!)

Wenn man abends manchmal das Gefühl hat – was besonders mit kleinen Kindern häufig der Fall ist – nichts geschafft zu haben, dann tut so eine Liste gut. Weil dann auch drauf steht: 

  • 3 Bilderbücher vorgelesen. 
  • 4 mal Kind getröstet. 
  • Zerbrochenes Marmeladeglas beseitigt und Boden gewischt.
  • Kind geduldig beim Zähneputzen begleitet.
  • 2 Stunden das Lieblingskuscheltier gesucht

Oder so.

Über das Sichtbar-machen bekommen die Dinge mehr Wertschätzung. So siehst du selbst und auch andere, wie viel du (an unbezahlter Arbeit) leistest. Für bezahlte Arbeit gibt’s am Ende des Monats eine Buchungszeile auf dem Bankkonto, die die Wertschätzung in Zahlen gießt – das ist wesentlich einfacher.

Reduzieren statt aufhalsen

Nicht immer ist allerdings Wertschätzung die ultimative Lösung. Manchmal ist es dennoch einfach zu viel und da braucht es unser “Nein”, eine bewusste Unterbrechung, ein Ausstieg aus einer Dynamik, eine neue Aufgabenverteilung.
Wenn die Zumutbarkeitsgrenze erreicht ist, ist es wichtig, gut (oder wieder besser) auf sich zu schauen und durch ein “Nein” zu einer Tätigkeit oder Person ein “Ja” zu sich selbst zu erlauben. (Weil man sonst nicht mal mehr die angenehmen Dinge im Tagesablauf genießen kann.)
Das erfordert als erstes Bewusstsein, dann Mut und dann Durchhaltevermögen
Ich wünsche dir alle drei Eigenschaften, falls sich das nächste Mal bei dir ein “Overload” ankündigt oder eintritt.
Jedenfalls hab ich auf meiner Website eine “Did it!” Liste als Download für dich bereit gestellt, falls dir diese Idee gefällt. Viel Freude damit!

Schreib mir gern in die Kommentare, wie es dir mit deiner Belastungsgrenze geht!
Und ob du schon Lösungen dafür entwickelt hast …. 😉

Kerstin Bamminger

Hallo, ich bin Kerstin Bamminger und ich unterstütze Menschen dabei, lebendige Beziehungen zu gestalten. Tiefgründig, bedeutungsvoll und auf Augenhöhe. Hol dir hier am Blog gern Tipps und Tricks, wie das gelingen kann und lass mir gern einen Kommentar da, wenn dir etwas gefallen hat! Viel Freude beim Lesen!

25. Juni 2020

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