FEMINISMUS: 10 Fragen & Antworten

FEMINISMUS: 10 Fragen & Antworten

Im Februar diesen Jahres hat mich eine Schülerin der Abschlussklasse der Fachschule Kleinraming gebeten, sie bei ihrer Facharbeit zum Thema Feminismus und Frauenrechte zu unterstützen und Fragen zu beantworten. Ich war natürlich gleich “on fire” – erstens, weil ich gerne junge Frauen unterstütze (wie auch immer) und zweitens, weil mich das Thema begeistert. 

Lena hat mir die Fragen geschickt und mit ihrer Erlaubnis teile ich hier und heute meine Antworten mit meiner Leserschaft.

Liebe Lena, ich wünsch dir übrigens alles Gute für dein Ausbildungsfinale und

dass deine Arbeit bei deiner Lehrerin Fr. König-Felleitner, die mich empfohlen hat,

gut ankommt. Ich drück dir die Daumen! Du wirst das rocken!!!


“If you stand for equality, you’re a feminist. That’s it.” (Emma Watson)


1. Bezeichnen Sie sich als Feministin, wenn ja – warum?

Ja, ich bezeichne mich (mittlerweile) gern als Feministin. Beim Feminismus geht es um Gleichberechtigung, Menschenwürde und Selbstbestimmung aller Menschen und nicht etwa (wie manche Menschen glauben) um Männerfeindlichkeit oder Frauenbevorzugung. Insofern sehe ich keinen Grund mich nicht als Feministin zu bezeichnen, denn die oben genannten Werte sind Grundpfeiler einer gesunden Persönlichkeit. Früher war es für mich auch eher ein “Schimpfwort”.

2. Warum brauchen wir im Jahr 2020 Feminismus?



Eben weil es immer noch geschlechtsspezifische Unterschiede gibt, wie ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen, weil Frauen in vielen Bereichen des Lebens unterrepräsentiert sind (nicht nur in den Führungsetagen des Landes) und besonders, weil so viel hochwertige Arbeit, die überwiegend von Frauen geleistet wird, die sogenannte Care-Arbeit, unbezahlt und daher auch zu wenig wertgeschätzt und gewürdigt wird – von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. 

3. Wo herrscht zwischen Frauen und Männer noch am wenigsten Gleichberechtigung?

In der Bezahlung von Arbeit. Und hier meine ich eben nicht nur Erwerbsarbeit, sondern auch und besonders Care-Arbeit. Leider sind zudem sogenannte typische Frauenberufe generell schlechter bezahlt als sogenannte typische Männerberufe, was weitreichende Auswirkungen hat in Bezug auf bezeichnende Lebensentscheidungen – besonders was Familien und die Aufteilung von Arbeit dort betrifft.


Auch sprachlich gehöre ich zu denen, die penibel darauf achten, korrekt zu sprechen. Ich sag bewusst nicht “gendern”, weil das so einen negativen Touch hat!

Wenn meine Ärztin eine Frau ist, sage ich niemals “zum Doktor gehen”. Es ist schlicht und einfach falsch und hemmt uns im gleichwürdigen Denken! Sprache ist Macht und diese Macht darf genützt werden!
Ich könnte jetzt noch schreiben über weibliche Hauptrollen, wieviel Text Frauen in Hollywood Blockbustern bekommen, welche Rollen Mädchen schon in der Kinder- und Jugendliteratur einnehmen oder über die von Social Media und Co salonfähig gemachten Posen sprechen, die Mädchen einnehmen sollen, damit sie “für Jungs süß” rüberkommen. An dieser Stelle würde die Antwort wahrscheinlich in eine Doktorarbeit münden und mein Nervenkostüm überstrapazieren.

4. Finden Sie dass Feminismus männerfeindlich ist?

Was kann an Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und Gleichwürdigkeit von beiden Geschlechtern männerfeindlich sein? Ich weiß schon, dass man Feminismus gerne in diese Ecke rückt – und offen gestanden gibt es auch Persönlichkeiten, die sich männerfeindlich verhalten, doch das hat nichts mehr mit Feminismus zu tun!
 Es braucht die Erkenntnis, dass Männer Stärken haben und Frauen Stärken haben, die GEMEINSAM dazu beitragen können, diese Welt zu einem besseren Ort zu machen. Natürlich fühlen sich manche Männer nun bedroht, weil sie eine recht bequeme Position – die des bestimmenden Patriarchen – aufgeben sollen. Echte Männer – nämlich welche, die keine Minderwertigkeitskomplexe haben – kommen mit starken Frauen wunderbar klar.

5. Welche/r Politiker/in wäre für Sie in der Lage wirkliche Veränderungen für Frauen und Mädchen weltweit zu bewirken? Wer sollte mehr Einsatz zeigen?


Das ist eine schwierige Frage, da wir hier in Mitteleuropa diesbezüglich in einer vergleichsweise heilen Welt leben. Ich glaube, dass beispielsweise Michelle Obama sich sehr für Bildung und Chancen von Mädchen weltweit einsetzt und da ist sie bestimmt nicht die Einzige.

Ich schätze unseren Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen, der bei erster Gelegenheit eine Frau als Kanzlerin und ein geschlechtermäßig ausgewogenes Kabinett installiert hat, wenn auch nur als Übergangslösung. Und ich vermute, dass es noch viele andere Personen in politischen Ämtern gibt, die sich ähnlich bemühen – mir aber hier und jetzt nicht einfallen oder bekannt sind. Ich finde immer schade, wenn sich Frauen in Führungspositionen oder aus dem öffentlichen Leben angewöhnt haben wie Männer zu funktionieren anstatt sich auf ihre eigenen Talente zu besinnen. Und wenn solche Frauen dann auch noch ihre enorme Präsenz in den Medien nutzen um andere Frauen zu diskreditieren, bekomme ich alle Zustände vor lauter Enttäuschung.

6. Was verändern Sie als Feministin in unserer Welt?


Ich bemühe mich, jegliche gelernten oder unbewusst überlieferten Bilder von Geschlechtlichkeit bei meinen Kindern zu vermeiden. Keine Mädchenfarben, keine Jungs-Spielsachen oder Ähnliches – jede und jeder darf alles und kann alles machen, was er oder sie gut findet. Ich traue allen Kindern alles zu und versuche nicht etwa Mädchen vor technisch oder körperlich schweren Aufgaben zu schützen oder Jungs vor der Hausarbeit zu schonen. Das ist täglich ein Stück gelebte Gleichberechtigung und Gleichwürdigkeit.


Ich nütze meine Arbeit, um Frauen zu bestärken und ihnen zu echter Selbstbestimmung und Unabhängigkeit zu verhelfen. Ich verdeutliche ihnen den Wert ihrer Arbeit, ermutige sie zu individuellen Entscheidungen, denke aber dabei immer daran, dass wir alle uns in sogenannten Systemen bewegen, in die wir auch hineinpassen möchten und wo wir dazugehören wollen. 
Als jemand, der viele Frauen erreicht, habe ich Einfluss – wenn auch in kleinerem Rahmen als echte Promis. Diesen Einfluss nütze ich so oft wie möglich um uns Frauen zu verbünden, uns gegenseitig zu unterstützen und stark zu machen und zusammen mit Männern eine gute Zukunft zu gestalten. Das könnte man dann *SINNfluencen* nennen. 

7. Hatten Sie schon negative Erfahrung als Feministin?

Mich kränken natürlich abschätzige Kommentare ein wenig mit, wenn man sich anhört, was beispielsweise eine Sigrid Maurer oder die neue Justizministerin Sadic sich anhören oder lesen müssen. Selbst wenn ich weiß, dass diese Meldungen von definitiv unterentwickelten und schwächlichen Männern kommen, lässt es mich nicht völlig kalt.
 Persönlich bekomme ich sehr wenig ab – ich denke, es wird eher hinter meinem Rücken geredet, dass ich eine “Emanze” bin oder wie wir auf gut oberösterreichisch sagen: “a Schoarfe”. Das bringt mich dann wohl eher zum Lachen. 


Mein Mann kriegt da eher manchmal etwas ab, weil Männer ihn sehr wohl konfrontieren mit seiner Frau, die so unangenehme Sachen ausspricht und eine von denen ist, die “scheinbar den Hals nicht vollkriegen”.  So nach dem Motto:  “… was wollen sie denn noch alles, die Frauen?” Womit wir wieder bei Frage 2 wären.

8. Gab es schon Situationen wo Sie es bereut haben, sich als Feministin einzusetzen?

Nein, ich habe noch nichts bereut – im Gegenteil. Ich wünsche mir manchmal, ich hätte früher schon in manchen Situationen deutlichere Worte gefunden.

Obwohl ich sehr schlagfertig bin, war ich oft perplex angesichts einer frauenfeindlichen Meldung mir oder einer anderen Frau gegenüber. 
Dass das aber auch gefährlich sein kann, ist mir bewusst und dieses Gefühl hatte ich sehr wohl schon. Wenn du einem Mann klar sagst, er soll die Hand von deinem Hintern nehmen und er das beinhart und provokant ignoriert, du dich dann mit deinem Stiletto Absatz auf seinem Vorfuß verteidigst … dann kann das schon mal fast ins Auge gehen. 


Selbstverteidigungskurse sind super und hilfreich, letztlich darf man sich aber auch selbst schützen, indem man eine Situation verlässt und nicht “bis zum bitteren Ende” ausharrt. Kluge Frauen treffen eben kluge Entscheidungen.

9. Finden Sie es gut, dass es auch männliche Feministen gibt?

Ich finde es nicht nur gut, ich finde es hervorragend!!

Wie gesagt: es geht um Gleichberechtigung, Gleichwürdigkeit, Selbstbestimmung – all das geht nur, wenn wir uns mit den Männern verbünden, sie als ebenbürtig ansehen und uns nicht überhöhen. Dafür brauchen wir sie mit im Boot und es ist zu einem großen und guten Teil auch an einem Mann – nämlich meinem Papa – gelegen, dass ich zu der Frau geworden bin. 


Väter können wesentlich dazu beitragen, ihre Töchter zu stärken, sie gleichwürdig und gleichwertig behandeln und nicht wegen ihres Geschlechts Spezialbehandlungen anwenden. Sie leisten 50% der Arbeit, also: JA, wir brauchen sie! Dringend! Und mehr von ihnen!!

10. Glauben Sie, dass Frauen einmal dieselben Rechte wie Männer bekommen könnten?


Das glaube ich nicht, das weiß ich. Es muss so kommen!

Die Frage ist nur, wie lange es noch dauern wird. Das Patriarchat war bis 1976 in Österreich gesetzlich verankert – und die gesellschaftlichen Mühlen mahlen oft langsam – besonders, was Rollenbilder betrifft. Also brauchen wir vermutlich noch etwas Geduld. Leider. 
Ich glaube, dass das die Rettung der Welt bedeuten könnte. 
Frauen führen anders, Frauen denken anders, Frauen handeln anders.

Und die aktuelle Situation (Klima, Kapitalismus, Kriege) sind meiner Meinung nach eindeutig auf männliche Entscheidungen zurückzuführen. Frauen waren ja nirgendwo an der Macht!


Das würde sich schlagartig ändern und das wird sich schlagartig ändern, wenn mehr Frauen vorne stehen (wie mein Opa liebevoll sagen würde).

Das ist ein Bild voller Hoffnung!

Ich bin außerdem voll Zuversicht, wenn ich mir viele junge Frauen anschaue, die das Thema schon viel früher und viel bewusster aufnehmen. So wie Sie!
Die Zukunft wird weiblicher und das ist dringend nötig. Wenn wir mehr Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft mittragen können, wird das spürbar sein für Frauen in unserem Land. Gemeinsam mit Männern kann es gelingen.

Ein friedliches, konstruktives und gegenseitig bereicherndes Miteinander.

So stell ich mir das vor. Und Gedanken schaffen Realität.
Also tragen wir die Gedanken hinaus in die Welt!

Kommentar schreibenKommentare: 2

  • #1Andrea Holzer-Breid (Freitag, 06 März 2020 13:12)Liebe Kerstin! Vielen Dank für deinen wunderbaren Beitrag zum Thema Feminismus! Der Film „Die Dohnal“, der gerade in den Ö-Kinos gespielt wird, passt super zu deinen Impulsen.
  • #2Kerstin Bamminger (Montag, 09 März 2020 14:01)Liebe Andrea, danke für deine Rückmeldung! Ich möchte mir den Film voll gern ansehen und hoffe echt, ich find ein Zeitfenster ;-)!! Lg, Kerstin