von Kerstin Bamminger | März 12, 2021 | Allgemein, Elternbeziehung, Hilfreich, Paarbeziehung
Die meisten von uns Menschen sind auf verschiedenen Ebenen mit Hierarchien aufgewachsen und leben damit. Lehrer, Pfarrer, Doktor, das waren vor zwei Generationen fix noch Obrigkeiten, die man einfach nicht in Frage gestellt hat. Ebenso wie Eltern.
Kinder leiden unter streng hierarchischen Eltern genauso wie unter führungslosen, die ständig auf einer Ebene mit dem Kind sind. Wer soll in Familien also der Boss sein? Braucht es das überhaupt? Ein Blick darauf, wie Autorität und Respekt heute gelebt werden kann, ohne dass Kinderseelen zu Schaden kommen.
KUSCHEN UND BASTA.
Die Kinder brauchen eine starke Hand. Es braucht einen starken Mann, der die Zügel in die Hand nimmt und die Dinge in Ordnung bringt oder zumindest eine harte Mutter. Wer auch ab und zu mal alte Filme anschaut – oder sich womöglich selbst noch erinnern kann – weiß: es gab sogar Zeiten, in denen die eigenen Kinder ihre Eltern mit “Sie” angesprochen haben. Man wollte wohl damit erreichen, eine Respektsperson zu sein, sich ihre Achtung verdienen, den Kindern, der verdorbenen jungen Brut, mussten schließlich Manieren beigebracht werden, die mussten ordentlich erzogen sein und der Nachwuchs sollte bitte schon ganz früh lernen, dass man eben zu kuschen hat, wenn da jemand Höherrangiger was sagt. Basti. Ähm, Basta.
Doch: “starke Männer” haben’s noch nie für uns gerichtet. Eher im Gegenteil, wenn man die Geschichte so betrachtet.
DAS ABENTEUERLICHSTE KINDERMÄDCHEN
Wer den genialen Klassiker von Walt Disney “Mary Poppins” kennt, der im Jahr 1910 spielt, braucht bloß an die Anfangsszene zu denken, wie das nächste passende Kindermädchen gesucht wird und welche Kriterien da die Eltern anlegen – streng muss sie sein und unnachgiebig und bitte ja nicht zu freundlich zu den Kindern, sonst hören die ja niemals auf im Park davon zu rennen. Die Kinder schreiben daraufhin ihre eigene Stellenausschreibung, in dem deutlich wird, dass SIE ganz andere Bedürfnisse und Ansprüche an eine betreuende Person haben, als die Eltern. Und sie haben Glück, denn auf wundersame Weise fliegt ihre Notiz durch den Kamin und ruft das jedenfalls abenteuerlichste Kindermädchen auf den Plan. Mary Poppins. Mit Magie und Humor wickelt sie die Kinder (und Eltern) um den Finger.
SEELENRETTUNG BEI KINDERN
Kinder und Eltern haben verschiedene Ansprüche, Wünsche und Bedürfnisse, worüber ich schon öfter geschrieben hab, Stichwort Bedürfniskarussell. Das Bild vom Kind hat sich in den letzten Jahrzehnten krass verändert. Vom Menschen geringeren Werts, dessen Willen gebrochen, der zu einem strammen Staatsbürger herangezogen und gefügig gemacht werden sollte hin zu einem bedürfnisorientierten, beziehungsstärkenden und feinfühligen Umgang mit diesen sensiblen Geschöpfen. Es ist unglaublich, wie viel achtsamer, menschlicher und kindgerechter wir heute unserem Nachwuchs begegnen können (wenn wir wollen), weil wir um die Bedeutung von Nähe, Zuwendung, Bindung, Sicherheit, Beziehung, Autonomie und Zugehörigkeit in der Begegnung und Begleitung von Kindern wissen. Der Segen dieser Erkenntnisse der Bindungs- und Entwicklungsforschung kann gar nicht hoch genug bewertet werden. Sie retten und schützen Kinderseelen im großen Stil.
DAS PASST DOCH NICHT ZUSAMMEN!
Nun wirft das halt dieses alte Bild von der autoritären Erziehungsperson komplett über den Haufen. Und das neue Bild wird so oft missverstanden.
- Ja, wir orientieren uns am Kind. Und Eltern sind dennoch Führungskräfte in der Familie.
- Ja, wir orientieren uns an Bedürfnissen. Und Eltern haben auch Bedürfnisse, die wichtig sin.
- Ja, wir setzen auf Bindung. Und Eltern sind nicht die einzigen Bindungspersonen, die zumutbar sind.
- Ja, wir stärken Beziehung. Und Eltern sind nicht die “best friends forever” ihrer Kinder.
- Ja, wir begegnen uns auf Augenhöhe. Und Eltern haben dennoch die Autorität zu entscheiden.
- Ja, wir leben Empathie. Und Eltern müssen nicht alles umsetzen, was Kinder fordern.
“Wie soll denn das jetzt gehen, bitte? Da ist doch ein Widerspruch in jedem Satz, Kerstin!!???”
Gut, dann versuch ich mal, das aufzudröseln.
ORIENTIERUNG AM KIND & SEINEN BEDÜRFNISSEN
Anfangs ist das noch völlig klar: ein Neugeborenes ist schutzbedürftig, braucht uns und wir reagieren instinktiv prompt. So schnell kann man aber oft als Eltern nicht schauen, wird einem eingeredet:
- “Ha, der weiß schon, dass du springst, wenn er weint!”
- “Na, die hat dich ja ganz schön unter Kontrolle!”
- “Gratuliere, wenn die mal in der Pubertät sind, hast du endgültig verloren!”
Als hätte plötzlich der Teufel die Seele des Kindes gekapert. Und als Elternteil musst du jetzt Hölle Staub drauf achten, dass das Kind nicht die Macht über dich erhält.
Was für eine Sch#*%e. Kinder sind und bleiben bedürftig – wie wir Erwachsene, übrigens. Sie wollen (überlebens-)wichtige Bedürfnisse gestillt haben und haben dafür entweder gar keine Möglichkeit allein (Babys) oder einfach keine oder schlechte Strategien (Kinder von 1 bis 99), zumindest dann, wenn es dabei Konflikte gibt. Konflikte, bei denen sie an Bedürfnisse von anderen Menschen schrammen, vorzugsweise an die von (überlegenen) Erwachsenen.
SIEBZEHNHUNDERT MILLIONEN MAL
Was Kinder da brauchen ist keine Unterstellung von Böswilligkeit, sondern Erwachsene, die da durch begleiten mit viel innerer Klarheit und einem feinen Führungsinstinkt, die das Kind sehen und anerkennen, wie es ist und dann eine passende Entscheidung treffen, was zu tun ist. Es ist ein ständiges Abwiegen von Bedürfnissen aller betreffenden Personen und es gibt kein eindeutiges Richtig oder Falsch. Eine Grundregel gilt jedoch: je jünger das Kind, desto wichtiger ist es , SEIN Bedürfnis zu priorisieren. Und generell: je mehr Autorität notwendig ist umso mehr Empahtie braucht es für das Kind im selben Atemzug. Ein Säugling kann nicht eine Nacht lang vertröstet werden, weil Papa heute mal in Ruhe schlafen will. Ein Kindergartenkind kann sehr wohl einen Nachmittag mit Mama wo verbringen, wo es ihm nicht 100%ig gut gefällt.
So stellen wir uns als Mütter wohl siebzehnhundert Millionen mal die Frage im Trubel des Alltags: Was ist jetzt wichtig? Was ist jetzt dringender? Wer kommt jetzt / als erste zum Zug?
BEZIEHUNG & BINDUNG IM FOKUS
In Walt Disney’s Klassiker hatten die Kinder sehr distanzierte Verhältnisse zu ihren Eltern – wofür Mary Poppins ja angerückt kam. Das bis Anfang der 80er Jahre noch ein gängiges Bild: “Lass die Kindern nicht zu nahe kommen, da werden sie so verwöhnt.” Das hat meine Mama noch so gehört und glücklicherweise früh anders gemacht.
Und so verkehrt sich das auch damals schon für Mütter angefühlt hat, so verkehrt war es auch. Wir brauchen Nähe, um Beziehung zu erleben. Wir brauchen Bindung, um Sicherheit zu spüren. Und wir Eltern haben die wichtige Aufgabe, diese Basis mit unseren Kindern zu bauen.
Wenn das Kind aber auch nach mehreren Jahren keine andere Bindungsperson zulässt und stur darauf beharrt, dass “nur” Mama oder Papa in Frage kommen, obwohl es auch Omas, Tanten oder sonstige Bezugspersonen gibt, dann darf man auch über die Zumutbarkeit nachdenken. Ja, wir Eltern sind meist die wichtigsten Bindungspersonen für unsere Kinder. Und wir tun ihnen keinen Gefallen, wenn wir keine anderen Menschen zulassen, auch ihre Beziehung zu ihnen auf zu bauen. Kinder brauchen, von Anfang an und vor allem ab dem Kindergartenalter andere Bezugspersonen, um ihren Platz in der Gesellschaft finden zu können und das ist oft mühsam und gefühlsbetont, und gut. Als Eltern ist es gut, sich der eigenen Besonderheit im Klaren zu sein und dann ist es gut, zu wissen:
- Eltern sein ist kein Beliebtheitswettbewerb.
- Eltern brauchen nicht die besten Freundinnen der eigenen Kinder sein.
- Eltern können viele Rollen einnehmen, aber niemals alle (Lehrerin, Trainer, sonstwas). Sorry, not sorry.
AUF AUGENHÖHE & EMPHATISCH
Von oben herab, desinteressiert und unterdrückend ist man lange Zeit mit Kindern umgegangen. “Das hat uns ja auch nicht geschadet!” oder “Aus uns ist auch was geworden!” hört man dann oft, wenn es darum geht, warum das ungünstig für Kinder ist.
Man kann antworten: “Woher willst du das wissen, dass es dir nicht geschadet hat?” oder “Und wie wäre es erst gewesen, wenn jemand auch noch an dich geglaubt hätte!” Es stimmt: viele Menschen sind faszinierend resilient, stecken widrigste Umstände erstaunlich gut weg und sind kaum beeinträchtigt von kindischem, kontrollierendem oder unterdrückendem Verhalten der eigenen Eltern. Ich bin immer wieder erstaunt darüber, was der Mensch aushält.
Es ist meine tiefste Überzeugung, dass es immer gut tut, wenn mir jemand auf Augenhöhe begegnet und umgekehrt. Wenn mir jemand meine Realität zugesteht und umgekehrt. Wenn mich jemand so sein lassen kann, wie ich bin und umgekehrt.
Autorität und Respekt geht ohne autoritär oder unterdrückend zu sein. Es geht auch auf Augenhöhe. So mit Kindern zu leben heißt: ihnen menschlich ebenbürtig zu sein, ihren Bedürfnissen gleich viel Bedeutung zu schenken wie den eigenen und sie empatisch zu begleiten, mit ihnen zu fühlen und sie anzuerkennen, wie sie sind. Autorität und Respekt beginnen mit innerer Klarheit, Ruhe und Selbstvertrauen – was ich wohl kaum erlerne, wenn mich dauernd jemand klein macht.
Gleichzeitig dürfen und sollen Eltern die Verantwortung übernehmen, Entscheidungen zu treffen. Und bedürfnisorientiert heißt bitte nicht, dass immer die Bedürfnisse des Kindes sofort umgesetzt werden müssen. Es heißt, diese zu erkennen, benennen und dann abzuwägen, was JETZT zu tun ist. Es geht nicht darum alle Wünsche möglichst schnell zu erfüllen, sondern darum, sie zu hören, zu sehen und zu benennen und dann nach passenden Lösungen zu suchen und Strategien zu entwickeln.
Um sich selbst zu helfen.
Dem Kind zu helfen.
Dem Kind zu helfen, sich selbst zu helfen.
Und dabei als Erwachsene Person stets das Steuer in der Hand zu haben.
WER IST HIER DER BOSS?
Kinder brauchen Sicherheit und Orientierung. Sie brauchen Zuwendung, Anerkennung, Nähe und Zugehörigkeit, gleichzeitig Autonomie und elterliches Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Auf diesen großen Familientankern sind wir die Steuerfrauen und Steuermänner, wir haben die Übersicht, die Lebenserfahrung, die Verantwortung und die Entscheidungsfähigkeit und sorgen dafür, dass es der Crew an Bord gut geht, dass sie mitreden und mitwirken dürfen, dass diese Bootsfahrt eine halbwegs angenehme Reise wird.
Als Eltern dürfen und sollen wir IMMER auf der Seite unserer Kinder sein, sie stärken und motivieren, sie auch anleiten und führen und ganz, ganz viel begleiten, wenn sie sich nach und nach vom elterlichen Frachtschiff entfernen und auf eigene Faust die Weltmeere besegeln (oder auch nur den ersten kleinen Teich). Und solange wir alle zusammen auf diesem Schiff sind, sind wir Erwachsenen der Boss. Wir sind Kapitäninnen und Kapitäne. Und haben das Steuer fest in der Hand.
Und auch wenn wir selbst mal die Orientierung verlieren, ein Notfall an Bord auftritt und wir nicht mehr weiter wissen, sind wir ZUSTÄNDIG und VERANTWORTLICH.
Und Magie und Humor sind wie schon bei Mary Poppins nicht nur wichtig sondern auch hilfreich.
von Kerstin Bamminger | März 5, 2021 | Allgemein, Elternbeziehung, Hilfreich, Leben, Paarbeziehung
Eine Ladung Gedanken.
An die Musikstunde des Kindes denken. Noch Brot holen, das ist schon wieder aus. Schauen, ob das Kind auch halbwegs die Schulsachen beisammen hat. Die Englisch Vokabel bei der Mittleren prüfen. Sieben Euro für den Werkunterricht bereitlegen. Die Große zur Freundin chauffieren. Waschpulver kaufen und – hab ich schon die Zahnarzttermine vereinbart?
Gedanken, die sich vor allem Mütter machen, die Schaltzentralen in Familien. Was das Schwierige daran ist und welche drei kleinen Lösungsgedanken ich für dich hab.
EINE LADUNG GEDANKEN
Im Kopf einer Mutter ist es kaum einmal still, das Rattern der Gedanken fängt oft beim ersten Augenaufschlag an und geht weiter, bis abends die Lider wieder runterklappen. Es ist kein Full-Time-Job, sondern weit mehr als das. Und selbst wenn die Hände mal ruhen, gehen die Gedanken immer noch im Kreis, weil sich zu viele To-Dos oben tummeln und die Kommandozentrale einer Familie so gut wie nie geschlossen hat. Das ist gemeint, wenn man von Mental Load spricht, der mentalen Last, der Ladung Gedanken, die Frauen täglich tragen und die einen beizeiten fertig machen kann.
WO DIE FÄDEN ZUSAMMENLAUFEN
Auch, wenn ich Familienmitglieder hab, die mittlerweile wissen, dass wir kein Hotel sind, sondern eine Wohngemeinschaft und auch wenn sie relativ bereitwillig ihre Tätigkeiten übernehmen, ist es immer noch zu gefühlten 95% so, dass die Aufgabe vorher in meinem Kopf schwirrt und ich sie jemandem delegiere, bevor ich innerlich ein Hakerl machen kann. Es geht also weniger darum, alles oder so vieles selbst zu machen, es geht darum, dass bei den Frauen oft (nicht zuletzt wegen der einfacheren Verfügbarkeit) alle Fäden zusammenlaufen und dieser Wollknäuel allein schon aufs Gemüt drücken kann, bevor man irgendeine Tätigkeit auch wirklich angeht.
VON SELBST GEHT GAR NIX
Ich nenne gern noch ein Beispiel, um das zu untermalen. Wenn Männer (oder Kinder) den Einkauf übernehmen, dann gibt es eine Liste und mit ziemlicher Sicherheit kommt kein Ding mehr (oder weniger) mit nach Hause als da drauf steht. Wenn ich selbst durch die Regale flitze, sehe ich das Mehl und denke – “Oh, da haben wir nur noch ein Kilo” und im Vorbeigehen nehm ich noch Salz mit und eine Flasche Spülmittel, das wird auch schön langsam alle. Das ist kein Vorwurf sondern eine schlichte Tatsache und es ist eine kniffelige Aufgabe, hier für mehr Gerechtigkeit und Ebenbürtigkeit zu sorgen. Selbst, wenn die (minderjährigen) Mitbewohner gewillt sind – von selbst geht meistens gar nix.
3 HOFFENTLICH HILFREICHE GEDANKEN
“Als Mann teilt man mit. Als Frau suchst du an”, sagt meine Freundin Verena gern durchaus genervt, wenn es um die Betreuungsübernahme der Kinder für den bevorstehenden Mädelsabend oder Stammtisch geht. So weit, so ungerecht.
Wie rückt man diesem Thema nun zu Leibe? Da ich nicht mehr darüber rede, ob das wirklich so anstrengend ist, das Alltagsmanagement einer Familie über zu haben (weil das einfach Fakt ist), bin ich auf der Suche nach Lösungen, wie man sich im Strudel der familiären Arbeitsfelder mehr Leichtigkeit schaffen kann.
3 hoffentlich hilfreiche Gedanken dazu:
#1: ANSPRECHEN UND AUSSPRECHEN STATT ANNEHMEN
Ja, zunächst ist es wichtig, das aus zu sprechen. Viele Menschen wissen überhaupt nicht, was man damit meint, wenn man von Mental Load spricht. Es ist das Gefühl (oder die Tatsache) sich um alles kümmern zu müssen und auch wenn es sich dabei um Kleinigkeiten handelt, macht eben die Dosis das Gift. Während der Arbeit an die Mathezetteln des Kindes zu denken. Während dem Frühstück sich Gedanken ums Mittagessen zu machen. Während dem Taxifahren geschickte Arbeitsabläufe im Kopf zu erstellen. Es braucht ein größeres Bewusstsein für diese gedankliche Arbeit, wir dürfen aussprechen und ansprechen, was sich alles an Aufgaben anhäuft und dann geht es an den wirklich kniffligen Teil: sich ebenbürtig an diese To-Dos herantasten. Was das Einkaufen betrifft, gibt es hier seit etwa einem Jahr eine App (“Bring!”), in die alle Familienmitglieder eintragen können, was sie als “fehlend” bemerken. Somit hat sich zumindest das Einkaufen auf Zuruf “Mama, die Milch ist aus!” drastisch reduziert. Wer das gewünschte Lebensmittel nicht aufschreibt bzw. eintippt, hat kaum Chancen, dass es nach Haus kommt. Die Verantwortung liegt nicht mehr bei mir allein. Dafür laufen wir wie die Irren im Supermarkt alle mit Handy rum und aktualisieren die Liste.
#2: KEINE AUSREDEN MEHR
Das scheitert ganz oft nicht am guten Willen der beteiligten Erwachsenen, sondern auch an der Tatsache, dass Frauen noch immer so viel mehr von der unbezahlten Care-Arbeit leisten, weil es schlichtweg eine wirtschaftliche Entscheidung ist, und sich die Frage: “Wer sorgt für die Erwerbsarbeit?” einfach nicht stellt, wenn der Mann eineinhalb mal so viel verdient im Job. So rutschen Frauen in diese Kümmerrolle und haben dann die Not in Dosen. Spätestens, wenn sie selbst wieder erwerbstätig (auch mit “nur” so wenig Stunden) sind und die anderen Dinge wie Carearbeit und Haushalt weiterlaufen wie gewohnt.
Das Mühsame ist: niemand außer uns wird Interesse daran haben, an diesem Umstand etwas zu ändern (weil, bequem ist es ja für die anderen) und so bleibt auch das Aufdecken, Anstupsen und Anregen wieder bei uns hängen. Also:
- es ist gut und wichtig, darüber zu reden.
- Es ist gut und wichtig, dafür Bewusstsein zu schaffen.
- Und es ist gut und wichtig, für gerechtere Verteilung zu sorgen.
Weil alles, wofür man keine primären Geschlechtsteile braucht, genau so gut von einem Mann erledigt werden kann wie von einer Frau. Oder von einem Kind, wenn es eine altersgerechte Tätigkeit ist. Es gibt also keine Ausreden mehr von geschlechtswegen, etwas nicht tun zu können, das ist einfach Blödsinn. Das gehört deutlich gesagt. Tut mir Leid, liebe Männer – ich weiß, die Nachricht ist bitter.
#3: ÜBERNEHMEN STATT HELFEN
Ich achte seit vielen Monaten darauf, wie oft mir das Wort “helfen” über die Lippen kommt, wenn es um Tätigkeiten geht. Immer öfter gelingt es mir, “helfen” einzutauschen und stattdessen das Wort “übernehmen” zu verwenden, weil “helfen” impliziert, dass es eigentlich meine Aufgabe ist und mir jemand dabei was abnimmt. Wenn ich von übernehmen spreche, ist für mich gefühlt klarer, dass die Aufgabe zu erledigen ist und sie im Ursprung überhaupt nie zugeteilt war. Das ermöglicht, dass wir uns durch Sprache weniger Verantwortung auftürmen, als wir ohnehin tragen. Weil, du ahnst es schon: Sprache Realität schafft und es einfach einen Unterschied macht, was wir wie sagen. Auch Kinder können und dürfen früh eingebunden werden in den Bereich der Hausarbeit, nur so kann es irgendwann selbstverständlich werden, den eigenen Teil zum Gelingen einer Familie beizutragen und unsere mentale Last zu erleichtern.
DAS HABEN WIR DAVON!
Was haben wir und vor allem die Anderen davon, sich in diesen Belangen eine neue Umgangsweise zuzulegen? Nun, unsere Vorteile liegen auf der Hand.
Doch auch unsere (minderjährigen) Mitbewohner können davon profitieren und lernen, nämlich dass …
… es miteinander leichter geht.
… es gemeinsam oder nebeneinander lustiger ist.
… jeder Verantwortung für das Gelingen des großen Ganzen trägt.
… jeder wichtig ist und ein wertvoller Teil der Familie.
… alle gehört werden und sich einbringen dürfen.
… uns Zuschreibungen und Rollenklischees immer einengen, egal welches Geschlecht.
… wir die Freiheit haben, Aufgaben so zu verteilen, wie wir es individuell für gut befinden.
… demokratische Prozesse anstrengend sein können, aber wichtig sind.
… die Stimmung sich deutlich verbessert, wenn man auf Augenhöhe agiert.
Am Montag begehen wir den internationalen Frauentag. Es wäre schön, sagen zu können: “Das brauchen wir doch nicht mehr!”, doch es ist nicht so. Immer noch gibt es zu viele haarsträubende Ungerechtigkeiten, immer noch gibt es zu viele fixe und klischeehafte Rollenbilder und immer noch ist die Aufteilung von Arbeit (geschweige denn, deren Bezahlung) ungerecht verteilt.
Also wiederhole ich gern einen Absatz aus einem Instagram-Beitrag vom letzen Jahr: nehmt diesen Tag und FEIERT:
Jede Pionierin,
jede Mutter,
jede Rebellin,
jede Mentorin,
jede Unterstützen,
jede Legende,
jede Heldin,
jede Kämpferin,
jede Schwester,
jede Freundin,
jede Feministin
und denkt daran, DANKE zu sagen, wenn ihr schon mal ihre Unterstützung von ihr erfahren habt!
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von Kerstin Bamminger | Feb. 26, 2021 | Allgemein, Elternbeziehung, Geschwister, Gute Worte, Hilfreich
Das Kind ist zu aufmüpfig. Das Kind ist zu zurückgezogen. Es ist zu impulsiv. Es ist zu passiv. Das Kind kann sich nicht benehmen. Es manipuliert dich doch!
Welcher Elternteil hat nicht schon irgendwann mal so einen (oder ähnlichen) Satz gehört oder gedacht und wurde vom heimlichen Gefühl beschlichen: „…mit dem Kind stimmt was nicht!“
Was so ein Denkansatz mit Eltern und Kindern macht und was Eltern wissen dürfen, wenn ihnen so ein “Befund” aufs Auge gedrückt wird, darum geht‘s in diesem Beitrag.
AM RANDE DES WAHNSINNS
So oft erlebe ich Coachings, in denen Elternteile fast verzweifelt anrufen oder kommen und mit den verschiedensten Verhaltensweisen des eigenen Nachwuchs nicht (mehr) umgehen können. Weil das Kind Trotzanfälle allererster Sahne am laufenden Band serviert, weil es in der Schule mit der Lehrkraft auf unschöne Weise aneckt, weil es die Geschwister bis zur Weißglut ärgert, im Spiel die eigenen Freundinnen terrorisiert oder die Eltern mit geschwindelten Aussagen an den Rand des Wahnsinns treibt.
DAS ENDE DER WELT
Die ersten Beanstandungen am Verhalten (junger) Kinder kommen meist vom Außen. Die Schwägerin, der Nachbar, die Lehrerin, der Trainer, die Freundin, der Schwiegervater … wer auch immer es ist, sieht die Dinge meistens „klar“ und knallt so eine Einschätzung den oft bemühten Eltern ganz einfach vor den Latz: „Du solltest mit dem mal wo hin gehen, mit dem stimmt was nicht!“ Eine sehr viel schlimmere Botschaft kann man Eltern kaum überbringen, solche Worte empfinden Mütter und Väter fast als das Ende der Welt.
HANDELN FÜR SICH – NICHT GEGEN DICH
Vor lauter Schock beginnt man sich dann zu rechtfertigen, Dinge zu verharmlosen oder das Kind zu beschimpfen, bestrafen oder bedrohen. Oder noch besser: alles zusammen. Anstatt einfach mal stehen zu bleiben, tief zu atmen und sich einen Moment Zeit nehmen zum Wahrnehmen. Denn es gibt fast immer einen guten Grund, warum Kinder so handeln, wie sie handeln. Auch wenn ihnen das selbst natürlich nicht dauernd bewusst ist. Sie handeln immer für sich. Und nicht gegen dich oder jemand anderen.
GEGEN DIE EVOLUTION
Die Schwierigkeit ist, dass wir das allzu oft vergessen und dem Kind Vorsetzlichkeit unterstellen. Oft hört man schon bei Säuglingen von manch „klugen“ Menschen: „…. ah, die hat dich schon in der Hand. Die weiß schon, dass du springst, wenn sie ein bisschen weint!“ Dabei wäre es absolut gegen die Überlebensfähigkeit der Menschheit, wenn Säuglinge schon bewusst ihr Verhalten steuern oder gegen die Eltern richten könnten. Es würde sie davon abhalten, teils überlebensnotwendige Bedürfnisse einzufordern, vor lauter Bemühen, den Eltern „gefallen zu wollen“, sie nachts nicht oft aufzuwecken oder Ähnliches. Solche Dinge bewusst steuern zu können, wäre schlicht hinderlich für die Evolution.
BEDÜRFTIGER MENSCH TRIFFT AUF BEDÜRFTIGEN MENSCHEN
Das zweite Problem ist, dass Bedürfnisse – so ungeeignet sie auch geäußert werden mögen – immer auch auf Menschen treffen (wie uns als Eltern), die ebenfalls bedürftig sind. Meist bräuchten sie genau das Gegenteil von dem, was das Kind braucht.
- Ein Säugling braucht in der Nacht oft Sicherheit und Nahrung. Eltern Ruhe und Erholung.
- Kindergartenkinder brauchen Kreativität und Chaos und Matsch. Eltern Ordnung, Regeln und Sauberkeit.
- Schulkinder brauchen vielleicht nachmittags Bewegung, Lernbegleitung und wildes Spiel. Eltern brauchen vielleicht Entspannung, Frieden und Stille.
- Pubertierende brauchen Freiheit, Unabhängigkeit und Vertrauen. Eltern wollen oft Kontrolle, Vorschriften und Sicherheit.
BEDÜRFNIS OKAY – STRATEGIE UNGÜNSTIG
Wenn dann ein Kind nachts lang nicht durchschläft, ein Kindergartenkind nie aufräumen will, ein Schulkind sich schwer an Regeln hält und Pubertierende den Eltern den Rücken kehren, dann kann man innerlich leise runter zählen, bis jemand sagt: mit dem Kind stimmt was nicht. Du hast du Kontrolle verloren. Das Kind hat irgend was.
JA, das Kind hat was:
- vielleicht ein Umfeld, das seine Erwartungen zu hoch geschraubt hat.
- Sicher ein Bedürfnis, das es nicht selbst erfüllen kann und
- Womöglich eine schlechte Strategie, das zu zeigen.
ALARMGLOCKEN SCHRILLEN
Wenn Kinder also in irgendeiner Form „auffällig werden“ – und wir reden hier meist über das laute, nach außen gewandte Kind, doch dieses auffällig sein kann auch ganz still und nach innen gerichtet sein – dann schrillen die Alarmglocken bei den begleitenden Erwachsenen.
Das können sie auch, doch nicht im Sinn von: „Mit dem Kind ist was verkehrt, das muss repariert werden!“ sondern im Sinn von: „Es gibt hier was, dass das Kind nicht allein schafft – vielleicht übersehen wir hier grad ein Bedürfnis.“ Und alle Anstrengungen von Erwachsenen sollten dann in diese Richtung gehen: „Lass uns schauen, was du und was wir dafür tun können, dass du das besser schaffst.“
IN BEZIEHUNG GEHEN
Wann immer wir wahrnehmen oder vom Außen behutsam oder stümperhaft aufmerksam gemacht werden, dass mit dem Kind „was nicht stimmt“, ist der erste und wichtigste Schritt in Beziehung zu gehen. Auf das Kind schauen, hinhören, wahrnehmen und versuchen, herauszufinden, was ihm gerade fehlt. Ist es unterfordert, überfordert, gelangweilt, frustriert, enttäuscht, unsicher, will es Aufmerksamkeit, Zuwendung, Ruhe, Empathie oder sich einfach zu einer Gruppe zugehörig fühlen? Die Bedürfnispalette ist bunt und breit und die richtige „Farbe“ zu entdecken, ist oft sogar für Eltern eine Herausforderung.
DAS KIND ABHOLEN
Wenn man allerdings weiß, was das Kind in Wutanfälle treibt, warum es im Unterricht laut dauernd Fäkalsprache verwendet, dem Nachbarskind die Schaufel um die Ohren haut, zubeißt oder dauernd im stillen Kämmerlein hockt und traurig ist, dann geht es darum, kurz Empathie zu zeigen. Sag:
- „Hey, du musst ja ganz schön verzweifelt sein, wenn du zubeißt, um dich zu verteidigen.“
- „Es ist sehr frustrierend für dich, dass du das nicht selbst bestimmen kannst, stimmt‘s?“
- „Du hast dir so viel Mühe gegeben und das wird nicht beachtet, das macht dich traurig?!“
- „Ist es so, dass du so gern beliebt sein möchtest und deshalb so versuchst, einen Platz in der Gruppe zu haben?“
- „Kann es sein, dass dein Nein überhört wurde und du dir nicht mehr anders zu helfen wusstest?“
- „Ist dir vielleicht einfach gerade langweilig, weil du solche Sachen machst?“
Wichtig dabei ist: WIR müssen nicht zwangsweise VERSTEHEN, was das Kind zu so einem Verhalten bewegt, aber es ist notwendig, es DORT abzuholen, bei seinem Handeln, bei seinem Gefühl. Und das geht niemals, in dem man ihm oder ihr sagt: du bist ja komplett verkehrt, ändere dich bitte ganz schnell!
RESSOURCEN AKTIVIEREN & LÖSUNGEN FINDEN
Viel mehr geht es darum, nach einer Runde Empathie und Einfühlungsvermögen eine passende Lösung zu finden. Hier geht man, wie schön öfter hier beschrieben, so vor:
Was kannst du tun, damit diese Situation für dich und andere besser läuft?
Kann ich etwas tun, damit diese Situation für uns alle besser läuft?
VERHALTEN IM KONTEXT
Natürlich ist es wichtig, dass ein Kind lernt, wann welches Verhalten okay ist und welches nicht.
Zum Beispiel,…
… dass es Fäkalsprache gern verwenden kann – am Klo oder in eine Dose schreien. Nicht im Unterricht.
… dass es gern nackt herumlaufen kann – zuhause, im Garten, bei Oma. Nicht im Kindergarten.
… dass es ruhig seine Wut zeigen und ausleben darf – beim Boxsack oder mit Tränen. Und sie nicht gegen andere Menschen richten.
HÖFLICHKEIT & andere GESELLSCHAFTLICHE NORMEN
Ja, auch das sind gesellschaftlich geformte Erwartungen und es macht Sinn, diese als Orientierung zu nehmen, doch sehr, sehr viele Bilder und Ideen, die uns die Gesellschaft entgegenbringt sind mehr als überprüfenswert.
Nicht nur für unsere Kinder, sondern für uns alle. Im Übrigen halte ich Höflichkeit für absolut erfreulich und wünschenswert und gleichzeitig weiß ich: wir können nicht viel mehr tun, als es konsequent vorzuleben. Jeder, der schon mal versucht hat, ein Kind zum „brav grüßen“ zu bewegen, wenn es nicht will, weiß, dass man auch Höflichkeit nicht erzwingen kann.
ENTWICKLUNG & ERWARTUNGEN
Was ich oft erlebe ist, dass Kinder oft überschätzt werden, weil Eltern zu wenig über ihre Entwicklungsphasen wissen.
- Was das zeitliches Vorstellungsvermögen eines Sechsjährigen betrifft.
- Die Orientierungsfähigkeit eines Kleinkindes.
- Die Aufnahmekapazität eines Volksschulkindes.
- Die Anpassungsfähigkeit eines Unterstufenschülers.
Immer wieder kommt es vor, dass Kindern Böswilligkeit unterstellt wird, dabei können sie die Erwartung, die an sie gestellt wird gar nicht erfüllen, weil sie kognitiv, sozial, emotional, geistig oder körperlich dazu schlicht und einfach noch nicht in der Lage sind.
GEWERKSCHAFT, INTERESSENSVERTRETUNG & LOBBY
Wir brauchen also eine feine Klinge im Umgang mit Kindern und mein Ansatz, wenn ich mit „in Not geratenen“ Familien arbeite ist immer, darauf zu schauen, welche Bedürfnisse zu welchem Verhalten führen und dann zu schauen, das Vertrauen der Eltern in das eigene Kind (wieder) zu stärken. Überlegt mal: Kinder haben praktisch NIEMANDEN, der sich für sie einsetzt, wenn wir Eltern das nicht tun. Wir sind ihre Gewerkschaft, ihre Interessensvertretung und ihre Lobby. Nehmen wir bitte diese Aufgabe ernst. Auch wenn es besonders schwer ist, weil diese Tätigkeit sich manchmal auch gegen unsere eigenen Bedürfnisse, Wünsche, Erwartungen und Gefühle richtet.
Hattest du schon mal das Gefühl, mit dem Kind stimmt was nicht?
Weißt du mittlerweile, warum das Kind sich so verhalten hat und was es eigentlich gebraucht hätte? Kommentiere gern und lass uns voneinander lernen ….
Wenn du Unterstützung brauchst: DAS herauszufinden ist meine Spezialität.
Und Profi im Eltern-den-Rücken-stärken bin ich ebenfalls.
von Kerstin Bamminger | Feb. 13, 2021 | Allgemein, Elternbeziehung, Leben, Paarbeziehung
Du willst zum Valentinstag keinen Konsumrausch oder Kitsch und Kommerz? Du bist außerdem spät dran und hast keine Idee, wie du sonst deinen Lieben zeigen kannst, dass sie wertvoll für dich sind?! Dann bist du hier richtig.
Heute hab ich hier für dich 11 LAST MINUTE Valentinstags-Ideen, die nix kosten und noch in allerletzter Minute umsetzbar sind, wenn du den Tag der Liebenden trotzdem irgendwie besonders feiern möchtest.
Wenn du hier schon länger mitliest, weißt du ja bereits, dass ich mit “auf Kommando gekaufte Blumen” keine große Freude hab und dem ganzen Konsumzwang rund um sämtliche Feiertage grundsätzlich skeptisch gegenüber stehe. Das heißt aber noch lange nicht, dass man Feste und feierliche Anlässe gänzlich ignorieren muss, ganz im Gegenteil. Es gibt immer Lösungen und Alternativen, wenn man etwas Anders machen möchte. Wenn man nicht das tut, was von Außen vorgegaukelt wird, sondern sich etwas Persönliches überlegt. Gegen den Strom halt, quasi.
- DIE SCHATZSUCHE
Allzu oft sehen wir beim Partner die Dinge, die uns ärgern, die er nicht macht, die uns fehlen. Macht euch heute auf die Suche und schreibt 3 Dinge auf einen kleinen Zettel, die ihr aneinander schätzt und schenkt euch diesen (oder versteckt ihn wo, wo er bald gefunden wird)!
- DIE HANDMASSAGE
Mal ehrlich: wie oft sind wir liebevoll zu unseren Händen? Und zu denen der Partnerin? Gönnt euch mal den Luxus, die Hände, diese wertvollen Wunderwerke, hochleben zu lassen und massiert sie euch gegenseitig. Ihr entscheidet, ob mit Handcreme oder einem duftenden Öl – so, wie es für euch passt. Und nehmt achtsam wahr, wie wunderbar sie geschaffen sind und was sie schon alles geleistet haben.
- DIE TOP TEN LISTE
Schreibt euch gegenseitig eine Liste mit den absoluten Highlights eurer Beziehung. Macht das jeder für sich und tauscht im Nachhinein die Zettel, um sie vorzulesen. Spannend ist oft, welche Übereinstimmungen und Unterschiede es gibt. Jedenfalls ist garantiert: ein Schwelgen in feinen Erinnerungen – viel Spaß dabei!
- IM SEELENSPIEGEL VERSINKEN
Augen sind der Spiegel der Seele, sagt man oft. Wie oft schauen wir uns bewusst und lang tief in die Augen, wenn wir schon jahrelang zusammen sind? Dieser Tipp ist eine Einladung, genau das zu tun: 3 Minuten Augenkontakt halten und das eigene Gefühl dabei beobachten. Was spüre ich und wie geht es mir bei diesem intensiven Kontakt? Viel Freude und Mut beim Versinken in den Augen des Anderen!
- LACHEN ALS LÖSUNG
Okay, vielleicht nicht, was du im ersten Moment denkst, denn hier darf es lustig werden: gesteht euch gegenseitig eure peinlichsten Momente ever. Oft kann man mit etwas zeitlichem Abstand dann herrlich darüber lachen, was damals passierte und das darf auch das Ziel sein. Was ist euch schon (gemeinsam) Peinliches passiert, worüber ihr sonst nie redet?
- KOPF ÜBER HERZ
Dazu ist es gut, sich kurz ein bisschen körperlich zu betätigen: also tanzt, hüpft, springt ein paar mal und dann legt euch auf eine gemütliche Unterlage. Einer beginnt und legt den Kopf auf den Brustkorb des Anderen und lauscht dem Herzschlag des Liebsten. Dann wechselt ihr und der Zweite lauscht! Es ist gut, wenn der Raum sonst ruhig ist und du hörst mehr, wenn dein Herz kräftig schlägt: daher vorher die Bewegung! Viel Freude mit diesem speziellen Drummer-Solo!
- STILLES SCHREIB-GESPRÄCH
Setzt euch gegenüber hin, nehmt einen leeren A4 Zettel und einer schreibt als erstes den Satz auf: “Unsere Beziehung ist lebenswert, weil ….. “ und beendet den Satz mit ein paar Wörtern. Dann kommt der Andere dran und schreibt weiter: wieder einen Satz. Dann wieder wechseln. Das kann man so lang machen, bis der Zettel voll ist und ihn dann nocheinmal in einem vorlesen. Das Ganze darf ohne Sprechen gehen und ist dann ein “stilles Schreib-Gespräch!”
- Welcher Mensch inspiriert mich?
- Was bringt mich zum Lachen?
- Wenn ich ein Tier wäre, wär ich ….!
- Wo bin ich besonders kitzlig?
Und dann sei gespannt, ob du doch noch etwas Neues von ihm / ihr erfährst, wenn ihr in den Austausch geht! Viel Vergnügen!
- PREMIEREN-FRAGE
Jeder von euch darf dem Anderen eine Frage stellen, die er / sie noch nie zuvor gestellt hat. Was würdest du gerne von deinem Partner wissen? Wozu wüsstest du gern ihre Meinung? Was hast du dich noch nie zu fragen getraut? Der Fokus darf darauf liegen, Neues und Unbekanntes vom Anderen zu erfahren und zu sehen: das gibt’s immer noch Facetten, die ich bisher nicht gesehen hab – spannend, nicht wahr?!
- SPIDER MAN KISS
Okay, du musst dich nicht von irgendeinem Haus runter hängen, aber es geht auch im Liegen: Legt euch so hin, dass die Köpfe ganz nah beisammen sind und die Beine genau in die entgegengesetzte Richtung schauen. Ihr seht euch quasi “auf dem Kopf” stehend. Versucht, euch so zu küssen und entdeckt, wie anders und besonders sich so ein “verkehrter” Kuss anfühlen kann. Lachen ist übrigens erlaubt ;-)!
- WUNSCH-ERFÜLLER
Das ist ein Valentinstag-Extended Idee: ihr braucht je drei unterschiedlich farbige Notizzettel (z.B. drei blaue, drei grüne Zettel)- jede Person bekommt die Zettel einer Farbe. Nun schreibt jeder einzeln auf, womit ihm der Partner eine Freude machen könnte und wirft das in ein leeres Konservenglas (das man auch noch nach Wunsch verzieren könnte).
Wenn du das nächste Mal Lust hast, deinem Partner / der Partnerin was Gutes zu tun, schnapp dir einfach einen seiner / ihrer Zettel und erfülle diesen Wunsch. Vorteil: du brauchst nicht lang zu überlegen, WAS du tun magst und kannst sicher sein, damit ins Schwarze zu treffen – immerhin hat er / sie ja selbst aufgeschrieben, dass dies ein Wunsch wäre. BEST PRACTICE: Dinge, die es nicht zu kaufen gibt ;-)!
Als abschließende Idee – und falls du dich einfach nicht entscheiden kannst, welchen dieser elf Tipps du umsetzen magst, schreib doch die Überschriften auf Zettel und lass deinen Partner / die Partnerin einfach ziehen. Sie sind übrigens großteils “wiederverwendbar” ;-).
Die übrigen Ideen können ja für später aufgehoben werden und auch irgendwann zum Zug kommen, denn ….
… die Liebe feiern tut ja öfters gut – nicht nur am 14. Februar.
So lasst es euch gut gehen und feiert eure Beziehung!Nichts ist selbstverständlich und alles ist Besonders!Habt einen schönen Valentinstag, ihr Lieben!
von Kerstin Bamminger | Feb. 5, 2021 | Allgemein, Geschwister, Gute Worte, Hilfreich, Leben, Selbstfürsorge
Ganz schön viel, das alles. Immer wieder im Leben gelangen wir an unsere Grenzen, stehen an, sind verzweifelt, wissen nicht weiter und sind mit heftigen Emotionen konfrontiert. Besonders anspruchsvoll ist es, dann als erwachsene Person, Kinder dabei zu begleiten. Warum wir von Selbstkontrolle weg zu Selbstregulation hin dürfen und wie das machbar wird, darum geht es heute und hier.
ÜBERLEBENSNOTWENDIG
Wenn wir über Gefühle nachdenken oder darüber sprechen, verwende ich gern zwei Bilder zum besseren Vorstellungsvermögen. Erstens sind Gefühle wie Luft: sie sind unsichtbar, man kann sie nicht angreifen oder vermessen und dennoch sind sie da, existieren und sind pure Lebensenergie. Wir brauchen sie, wie die Luft zum Atmen. Wer keine Gefühle hat, ist tot – zumindest emotional gestorben. Also sind Gefühle nicht nur unbestreitbar ein Teil des Lebens sondern sogar ÜBERlebensnotwendig.
VON OBERFLÄCHLICHKEITEN UND WESENTLICHEM
Das zweite Bild hat mit der Kommunikation ÜBER Gefühle zu tun und beschreibt sie wie einen Schlüssel. Gefühle – beziehungsweise das Sprechen über Gefühle – sind wie Schlüssel zum Tor der Welt des anderen. Wenn wir darüber reden, wie es uns geht, was wir fühlen, was uns berührt und bewegt, kommen wir ganz schnell weg von Oberflächlichkeiten hin zum Wesentlichen, zu den Themen, die uns selbst oder unser Gegenüber gerade ausmachen. Dazu braucht es natürlich eine gute Portion Vertrauen und einen sicheren Rahmen, besonders, wenn wir über Gefühle bei unerfüllten Bedürfnissen sprechen.
LAUTSTARKER AUSDRUCK
Wenn Kinder oder wir selbst Freude, Begeisterung, Leichtigkeit, Dankbarkeit, Zufriedenheit, Enthusiasmus, Inspiration, Erfüllung, Sicherheit, Liebe oder ähnliches empfinden, ist es meist leicht, das zu begleiten oder auszuhalten – weil wir diesen Zustand nicht verändern wollen und alles gut ist. Doch wenn wir andere Farben der Gefühlspalette spüren oder begleiten, sind wir oft recht schnell am Ende unserer elterlichen Weisheit angelangt. Umso mehr, wenn das Kind Emotionen wie Trauer, Wut, Frust, Enttäuschung, Demütigung, Unsicherheit, Angst, Zorn, Langeweile, Sehnsucht oder Hass auch noch deutlich lautstark auszudrücken vermag.
- Schrei doch nicht so rum!
- Jetzt beruhig dich doch!
- Stell dich Bitteschön nicht so an!
- Was hast du denn nun schon wieder?
- Du bist echt ein Wahnsinn, so eine Katastrophe!
Solche oder ähnliche Sätze (ergänze gern aus deinem persönlichen Repertoire) kommen uns allen (inklusive mir) gelegentlich über die Lippen, dabei bringen sie uns selbst UND dem Kind genau gar nichts. Sie sind auch keine Hilfe für das geplagte Menschlein, sondern lediglich Ausdruck unseres eigenen Zustands, in dem wir uns befinden: zu müde, zu genervt, zu frustriert, zu enttäuscht, zu gestresst, zu schlecht gelaunt, zu sonst was – um angemessener reagieren zu können. Wir wollen einfach, dass es aufhört, dass wir (oder das Kind) endlich wieder kontrollieren, was abgeht.
Kontrolle heißt in dem Fall oft: Unterdrücken, Wegdrücken, Abschalten. Doch es braucht einen anderen Umgang.
Solltest du einfach NICHT WISSEN, wie man besser auf heftige Gefühle reagiert, hab ich hier drei Schritte für dich auf dem Weg von der Unterdrückung hin zur Regulation. Ich beschreibe sie im Folgenden aus der Sicht eines Elternteils zum Kind, doch merke dir: auch mit Erwachsenen verhält es sich so und du kannst diese Schritte jederzeit auf Erwachsenenbeziehungen ummünzen.
SCHRITT 1: GEFÜHLE ERKENNEN & BENENNEN
Wenn dein Kind sich in einem emotionalen Sturm befindet (oder auch nur einer Verstimmung) ist es wichtig, es dort abzuholen, wo es gerade steht. Je jünger das Kind ist und je geringer die sprachliche Ausdrucksfähigkeit und Entwicklung fortgeschritten ist, desto mehr braucht es eine erwachsene Bezugsperson, die dieses Versprachlichen für das junge Kind übernimmt. Natürlich können wir auch manchmal falsch liegen, aber der Versuch, das Kind in seinem Gefühl zu erfassen, ist enorm wichtig. Sag also:
- Ich merke, du bist wütend – stimmt das?
- Du ärgerst dich aber grad richtig – erzähl doch!
- Das ist richtig frustrierend für dich, hab ich recht?
- Du weinst ja, bist du grad richtig traurig, was?
- Du bist verletzt, weil du ausgeschlossen wirst, stimmt’s?
So oder so ähnlich geben wir dem Kind zu verstehen: ich sehe dich in deinem Gefühl. Ich lasse dir dein Gefühl und sag dir durch meine Worte: du bist richtig und gut und darfst dich so fühlen. Auch wenn wir es auf unserer erwachsenen Verstandesebene vielleicht überhaupt nicht kapieren. Das ist in dem Moment egal. Es geht um das Kind und darum, dass es gesehen werden will.
Und darum, dass wir unseren Lösungsimpuls: “Geh, ist doch nicht so schlimm!” erstmal unterdrücken, weil es vorher noch etwas anderes braucht.
SCHRITT 2: BEDÜRFNIS SEHEN
Vor jedem Gefühl steht ein Gedanke, und hinter jeder Emotion steht ein Bedürfnis, das gerade erfüllt ist (wenn es uns “gut” geht) oder eben nicht erfüllt ist (wenn es uns “schlecht” geht). Ich plädiere gern dafür, auch positive Gefühlslagen sprachlich auszudrücken, weil es auch dafür Worte braucht, um eine gute emotionale Bildung zu fördern. Doch das Beschreiben von Bedürfnissen hinter belastenden Gefühlen ist NOT-wendig. Es ist der erste Schritt in Richtung Lösung, wenn wir solche kleinen oder großen Krisen bewältigen und absolut wichtig, weil wir uns in diesem Schritt damit befassen: welches meiner Bedürfnisse ist grad nicht ausreichend erfüllt?
Dieser Schritt wirft uns zurück auf uns selbst, weil jeder Mensch unterschiedlich auf Situationen reagiert und jede Person individuelle Belastungsgrenzen hat. Bedürfnisse selbst sind allerdings immer universell, das heißt: JEDER Mensch hat sie, wenn auch in verschiedenem Ausmaß.
- Du möchtest wieder mit deiner Mannschaft Fußball spielen können, nicht?
(Bedürfnisse dahinter z.B.: körperliche Bewegung, Spaß, Spiel, Gemeinschaft, Selbstausdruck…) - Du möchtest auch mitspielen mit deinem Bruder, hab ich recht?
Bedürfnisse dahinter z.B.: Dazugehörigkeit, Akzeptanz, Frieden, Harmonie, Integration, Liebe, Verbindung, Anerkennung…) - Du vermisst deine Freundinnen schon heftig, und würdest die gern wieder umarmen?!
(Bedürfnis dahinter z.B.: Berührung, Leichtigkeit, Wohlgefühl, Wahlfreiheit, Wärme,…)
Je jünger Kinder sind, desto eher braucht es eine “Übersetzung” in eine kind- und altersgerechte Sprache. Ein Zweijähriger hat nämlich sehr wohl ein Bedürfnis nach Integrität, kann aber mit dem Wort nix anfangen. Das erfordert schon allerhand sprachliches und emphatisches elterliches Geschick.
SCHRITT 3: AUSDRUCK VERLEIHEN
Wenn jemand erfreut ist, würden wir nie sagen: hör doch auf zu Lächeln. Bei Emotionen, die wir als “negativ” bewerten, verlangen wir das aber öfter von uns oder den Kindern. Dabei dürfen und sollen Gefühle “raus” – es kommt nur auf ein gutes “WIE” an.
Wut an anderen Kindern auslassen: ungünstig. In den Boxsack kicken, weinen, stampfen: gut möglich. Rausgehen, sich körperlich betätigen, Musik hören, ablenken: vielleicht auch. Es kommt immer auf individuelle Lösungen an, weil für jeden Menschen etwas anderes gut ist.
Wichtig ist einfach: Emotionen unterdrücken führt dazu, dass sie sich einerseits aufstauen im Innen und andererseits zu einer Unterdrückung, die langfristig nicht nur zur Folge hat, dass negative Regungen dann irgendwann ausbleiben sondern leider auch positive. Dann gibt’s nur mehr minimale Höhen und Tiefen und ganz viel “plattes Land”, wie Nora Umlau das in ihrem Buch (“So viel Freude, so viel Wut”) beschreibt. Und das will ich ja bitte überhaupt nicht, dass wir bei unseren Emotionen, unserer Lebensenergie am Bremspedal stehen!
Also braucht es ein Ventil, noch besser mehrere verschiedene, eine passende Ausdrucksmöglichkeit und die Botschaft an das Kind:
- DU bist okay, wie du bist.
- Du hast starke Gefühle und die kannst du auch ausdrücken.
- Ich begleite dich dabei, dass das in Akzeptanz deines Umfeldes passieren kann.
In diesem Feld gehen wir also mit (intensiven) Gefühlen um. Das ist emotionale und menschliche Schwerstarbeit und daher sei gesagt: kein Elternteil dieser Welt schafft das in 100% der Situationen, weil es dazu braucht, dass wir selbst eine halbwegs gut versorgte Bedürfnislage brauchen, um diese sensible Arbeit mit den Kindern (oder anderen Menschen) erfüllen zu können.
Fehler (=Erfahrungen) sind erlaubt und auch okay, sie zeigen dir einfach: DU SELBST hast auch gerade ein Bedürfnis nicht erfüllt ;-). Eine Einladung zur Selbstfürsorge, sozusagen.
BEGEGNUNGEN IM VERHÄLTNIS 5:1
Es gibt Untersuchungen, die zeigen: wenn auf fünf positive Begegnungen eine negative folgt, ist das immer noch eine gute / glückliche / zufriedene Beziehung. Also im Zweifelsfall und in intensiven Zeiten dann jedenfalls darauf achten, genügend positive Beziehungsangebote zu setzen, die dieses Verhältnis herstellen können.
- Eine Umarmung.
- Ein liebevoller Blick.
- Ein wertschätzendes Wort.
- Eine kleine Gefälligkeit.
- Das Lieblingsessen kochen.
- Ein gemeinsamer Spaziergang. Es kann was ganz, ganz Kleines sein.
Die Einschränkungen und Veränderungen im Leben der Kinder in den letzten Monaten machen was mit ihnen. Und mit uns.
Seien wir die Lobby unserer Kinder. Setzen wir uns für ihre Bedürfnisse ein. Geben wir ihren Gefühlen Raum und Gewicht und begleiten sie da durch.
Wenn “Freunde einladen” der neue zivile Ungehorsam ist, dann – JA – ist das ein Aufruf, sich weniger an Regeln zu halten als an menschliche Bedürfnisse. Das sehe ich als meine elterliche Verantwortung.
Was in diesem Beitrag war neu für dich und was willst du dir mitnehmen in deinen Alltag?
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FREE for YOU:
Du kannst dir hier auf der Website “zwei Gefühlspaletten” herunterladen, die dir als Elternteil helfen, den Gefühlen deines Kindes besseren Ausdruck zu verleihen bzw. sie genauer zu beschreiben.
Für mehr Farbe auf deiner emotionalen Landkarte:
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