“Muss”. Ein mächtiges kleines Wort, das wir in unserem Alltag häufiger verwenden, als uns wahrscheinlich lieb ist. Bei der Verwendung erklären wir uns selbst, dass wir scheinbar unfrei sind, gezwungen zu Irgendwas, fremdbestimmt.
Dass lang nicht jedes “muss” ein Muss ist und wie du mehr ins “Dürfen” kommen kannst, damit du dich frei, selbstbestimmt und handlungsfähig erlebst, erfährst du in diesem Blog Beitrag.
Beobachte dich mal einen Tag selbst – oder schau in Gedanken auf deine Sprache und wie oft du dieses kleine Wort “MUSS” aussprichst. Es ist erschreckend, wie häufig es über unsere Lippen kommt.
“Ich muss aufstehen.
Ich muss die Kinder wo hin bringen / abholen.
Ich muss einkaufen.
Ich muss ein Projekt fertig machen.
Ich muss kochen.
Ich muss Wäsche waschen.
Ich muss die Mails beantworten.
Ich muss arbeiten.”
(Bitte hier beliebig fortsetzen.)
Die Verwendung dieses Wortes gibt uns den Eindruck, fremdbestimmt zu sein, in unserer Handlungsfähigkeit eingeschränkt und außerdem kommt bei den meisten “muss” auch ein deprimierendes Gefühl dazu – denn: wer lässt sich schon gern zu etwas zwingen (von wem auch immer)? Also macht es uns niedergeschlagen, es erhöht unbewusst den Druck auf uns und wir machen uns das Leben dadurch schwerer, als es in Wirklichkeit ist. Wir meinen, dadurch unseren Selbstwert zu erhöhen – oh, wie bin ich wichtig, was ICH alles “muss” – stattdessen passiert genau das Gegenteil.
Wir nehmen unserem Tun die wahre Bedeutung, machen uns klein und abhängig.
Nun hör ich schon manche schreien: “…aber ich muss doch aufstehen und Essen kochen! Ich muss die Kinder bringen, und die Wäsche muss auch gewaschen werden, glaub mir – und das ist wirklich nicht lustig.”
Stimmt. Fast.
In meinem Workshop “Positive Sprache” sag ich dann meist: denk mal den Gedanken fertig.
- Was passiert, wenn du nicht aufstehst? (Du bleibst liegen und der Tag geht vorbei.)
- Wenn du die Kinder nicht bringst oder abholst. (Die Kinder sind daheim oder sich selbst überlassen oder warten vergeblich.)
- Wenn du nicht einkaufen gehst. (Es ist nichts zu essen daheim).
- Nicht kochst und Wäsche wäscht. (Es gibt keine ordentliche Mahlzeit und dreckige Wäsche.)
- Nicht arbeitest. (Vermutlich verlierst du irgendwann deinen Job.)
Willst du das?
Wenn die Antwort an dieser Stelle ja ist, dann weiß ich nicht, was dich davon abhalten sollte, genau das zu tun: aufhören mit dem Müssen.
Und wenn die Antwort NEIN ist – kannst du das Wort ganz einfach tauschen.
In ein “DARF”. Wenn du nämlich diese Dinge durch eine Brille der Dankbarkeit betrachtest, wirst du ganz schnell bemerken, dass viele deiner Verpflichtungen eine freiwillige Entscheidung sind. Möglichkeiten, die wir haben. Chancen und Handlungsräume.
“Ich muss aufstehen!”
Nein, du darfst aufstehen und du kannst aufstehen. Wie viele Menschen mit Verletzungen oder Beeinträchtigungen würden sich zwei gesunde Beine wünschen, mit denen man einfach aus dem Schlafzimmer spazieren kann? Du darfst aufstehen, deinen Tag nützen und etwas Gutes daraus machen.
“Ich muss die Kinder wo hin bringen / abholen!”
Nein, du musst es nicht tun. Wenn sie nicht selbst wohin gehen oder Öffi fahren, dann überleg, warum du die bringen willst? Weil dir ihre Sicherheit wichtig ist? Weil es einfacher ist? Weil die Zeit zu knapp ist? Weil du sie nicht in der Dunkelheit stundenlang in der Stadt warten lassen willst? Dann freu dich, dass du die Möglichkeit hast und dein Kind bringen oder abholen darfst.
“Ich muss einkaufen!”
Ist es nicht eher so, dass die meisten von uns in der glücklichen Lage sind, einkaufen gehen zu können? Weil Geschäfte in unmittelbarere Nähe sind, wir Möglichkeiten haben, Waren zu bekommen und sie heim zu bringen, weil wir das Geld haben um dafür zu bezahlen. Wir können es uns leisten, einkaufen zu gehen. Das ist längst keine Selbstverständlichkeit. In Teilen dieser Welt sind unsere Supermärkte Luxusgeschäfte. WIr dürfen und können einkaufen, glücklicherweise.
“Ich muss kochen!”
Oh nein. Ein Klassiker. Zunächst mal: nein, man kann auch auswärts essen, sich etwas holen, fasten oder kalt essen. Warum also kochen? In meinem Fall ist es, weil mir gesunde Ernährung wichtig ist, eine gemeinsame Mahlzeit einen hohen Stellenwert hat, weil mir tägliches “take-out” Essen zum Hals raus hängen würde und es zudem günstig und ressourcenschonend ist. Außerdem: ich muss nicht erst Feuer machen, sondern starte per Knopfdruck in einer wunderbar ausgestatteten Küche und ich bestimme (meistens), was auf den Tisch kommt.
“Ich muss Wäsche waschen!”
Interessant wäre es ja – wie lange kommt man ohne Waschen aus? Wann wird man tatsächlich eine Belastung für das Umfeld und stinkt sich vielleicht sogar selbst an? Schon mal ausprobiert? Ich nicht, weil ich im Zweifelsfall wieder dankbar bin, eine Waschmaschine zu haben und nicht (so sehr ich Bullerbü liebe – wie dort) im kalten Bach die Wäsche sauber zu bekommen versuche. Wenn du Gewand hast, das du waschen kannst, hast du schon mehr als viele andere Menschen in ärmeren Ländern. Sie waschen und auf sie zu achten ist Dankbarkeit.
“Ich muss arbeiten!”
Das (für manche) Schwierigste kommt zum Schluss. Und dennoch: nirgendwo steht geschrieben, dass wir arbeiten müssen. Doch die Meisten von uns wollen es. Zumindest, weil wir dadurch Geld verdienen, das uns ein freieres Leben ermöglicht. Arbeiten zu können, ist eine Chance – wertvoll zu sein, einen Beitrag zu leisten, Talente und Fähigkeiten zu beweisen. Leider stecken viele Menschen in Jobs, die weit weg sind von Erfüllung, Selbstverwirklichung und gerechter Bezahlung. Dennoch: Arbeit ist ein wichtiges Element für ein erfülltes Leben. Also freu dich, wenn du arbeiten kannst.
Zwischen müssen und dürfen versteckt sich also die DANKBARKEIT. Jedes “MUSS” ist eine Einladung an dich, zu überprüfen, ob es wirklich ein Zwang ist, oder du einfach vergessen hast, warum du manche Dinge tust.
Wenn du Dankbarkeit finden kannst: wunderbar.
Wenn du sie nicht entdeckst: dann hast du meiner Meinung nach zwei Möglichkeiten: entweder dieses “MUSS” nicht mehr weiter zu tun. Oder, wenn dir das “darf” so gar nicht behagt, lass wenigstens das “muss” weg und sag:
“Ich koche. Ich hole die Kinder. Ich wasche die Wäsche.”
Damit erlaubst du dir wieder, selbstbestimmt zu handeln und freier zu entscheiden, bewusster durch den Tag zu gehen und die Leichtigkeit damit mehr einkehren zu lassen.
Du willst noch mehr dazu wissen? Dann komm gern in den Workshop “Positive Sprache” (TERMINE)– da geht’s dann außerdem noch darum, dass wir die meisten “MUSS” zusätzlich “nur noch schnell” erledigen …! Na Bravo!
Jetzt interessiert mich natürlich: musst du noch oder darfst du schon?!
Welches “muss” fällt dir besonders schwer? Einfach in die Kommentare schreiben …!
Kommentar schreibenKommentare: 2
- #1Monika Schubert (Montag, 27 Januar 2020 13:50)Lese gerne deine Beiträge. Hab jetzt schmunzeln müssen, weil spätestens dann wenn man Oma ist, darf man auf Kinder (Enkelkinder) aufpassen , darf sie abholen, darf mit ihnen lernen, darf für die Familie kochen, darf im Betrieb mithelfen, darf, darf ………………. Man muss es nur nicht übertreiben!
- #2Kerstin Bamminger (Dienstag, 28 Januar 2020 09:34)Stimmt, liebe Monika! Die Freude, Achtsamkeit und Gelassenheit, die man vielen Omas anmerkt, würden wir im Alltag oft gut brauchen können. Schön, wenn du die Zeit mit den Enkeln und Kindern als wertvoll empfindest und danke für dein Feedback!
Dann also … nur nicht übertreiben 😛 (außer im Fasching vielleicht)! 😉 Kerstin
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