Was uns bei Fehlern fehlt

Was uns bei Fehlern fehlt

“Ich will keinen Fehler machen!” sagte einmal eine besorgte Mutter zu mir. Komisch, dachte ich mir. Eltern sein lernt man doch erst, wenn man Kinder bekommt, es ist noch keine Mutter vom Himmel gefallen. Wir versuchen täglich Dinge – manche funktionieren, andere nicht. 

Wie will man denn lernen, wenn man keine Fehler machen möchte? 
Gehen lernen ohne Hinfallen?
Skifahren ohne Stürzen?
Sprechen ohne ein falsches Wort?
Schule ohne einen Fehler?
Obwohl ich ihre Sorge wahrnehmen konnte sagte ich ihr, dass “keinen Fehler zu machen auch heißt, sich nicht weiterentwickeln zu wollen.”

Es ist die Bewertung, die wir Fehlern geben, die sie wirklich problematisch machen. 

Fehler sind schlecht. 
Fehler werden rot angestrichen. 
Fehler werden verheimlicht. 
Fehler sind eine Schwäche.
Fehler werden geschreddert. 
Fehler werden vertuscht. 
Fehler sind etwas Peinliches.

“Aus Fehlern wird man klug” lautet ein altes Sprichwort, dessen Bedeutung wir in unserer Gesellschaft teilweise vergessen. Wir streben nach dem Vollkommenen, dem Perfekten, dem Optimalen und Idealen und loben uns gegenseitig ausgiebig, wenn wir diese Dinge (fast) erreichen. Es ist beinahe Kult, sich selbst, die eigenen Kinder, den Partner, die Wohnung, den Garten, den Beruf, die Freundschaften, Freizeitaktivitäten, Urlaube und Zukunftspläne einem richtigen Optimierungswahn zu unterwerfen. Alles soll makellos sein und dabei merken wir irgendwie: das geht sich alles nicht aus.

Fehler sind Erfahrungen

Leider sehen wir Fehler als etwas Falsches und Schwaches an, wir würden sie am liebsten ungeschehen machen. So schade. Denn Fehler sind nichts anderes als Erfahrungen. Genau gesagt: eine Erfahrung, die uns gefehlt hat. Ja, manchmal schmerzhaft und meistens nicht sonderlich angenehm, doch: sie bringen uns voran! Sie bieten uns die Chance, uns zu entwickeln und neue Möglichkeiten zu probieren. Jeder Fehler ist eine Gelegenheit zu lernen. 

Manche guten Pädagogen setzen das schon in der Schule um und schreiben unter ein Diktat: 20 Wörter richtig und 5 Chancen, dich zu verbessern! Das ist ein völlig anderer Blick auf die Dinge als “5 Fehler”. (Falls die Lehrperson deines Kindes das -noch- nicht macht, sag deinem Kind daheim selbst diesen Satz dazu, wenn du es dir ansiehst!”).

Es braucht Ehrlichkeit

Zwischen Müttern entsteht leider oft großer Druck, weil wir uns ständig miteinander vergleichen und dann bewerten, obwohl wir alle in verschiedenen und individuellen Lebenssituationen sind. Manche Mütter bekommen viel Unterstützung vom Umfeld, andere sind völlig auf sich gestellt oder wollen alles allein schaffen. Es gibt Mütter, die in vielen Bereichen sehr hohe Ansprüche haben (sinnvolle Beschäftigung, gesunde, selbstgekochte Nahrung, aufmerksame Pflege, reflektierter Umgang mit den Kindern) und andere, die recht sorglos ihre Elternschaft leben. Die Unterschiedlichkeit der Kinder mit ihren jeweiligen Temperamenten spielt hier auch eine große Rolle und beeinflusst unseren Alltag. 

Durch diesen Dschungel kommen wir nicht, ohne Fehler zu machen, eine falsche Abzweigung zu erwischen, gegen eine Wand zu laufen, verletzt zu werden oder die Orientierung zu verlieren. 

Es ist nicht die immer aufregende Safari mit stets neuen und schönen Entdeckungen und berauschenden Eindrücken, die uns fasziniert das Wunder des Lebens bestaunen lässt. Statt diese Reise des Elternseins immer schön zu reden sollten wir eine freundlichere Fehlerkultur entwickeln.

Ja, ich hab meine Kinder angeschrien.
Ja, ich hab ihnen Tiefkühlpizza gemacht.
Ja, ich hab sie mit einem Eis erpresst.
Ja, ich hab ihn eine Stunde vor dem Bildschirm geparkt.
Ja, ich hab heut gedroht, das Spielzeug wegzunehmen, wenn es nicht aufgeräumt wird.

Eltern sein ist schwierig, besonders, wenn man von sich selbst so viel erwartet. Wir spüren, wie mühsam es ist, Säuglinge zu begleiten, monatelang nicht durchzuschlafen, wie viel Energie die Beziehungsarbeit fordert und wie anstrengend es ist, so viele Bedürfnisse zu balancieren. Wir haben unsere Zweifel, ob wir auch gut genug sind, wir schaffen es nicht allein, wir brauchen Hilfe und Unterstützung von Partnern, Familie und Gesellschaft. Es ist ein vielseitiger Job, der unendlich viele Qualitäten erfordert und besonders beim ersten Kind machen wir das zum ersten Mal.

Wir alle machen Fehler. Wir alle scheitern. Mit dem Scheitern werden wir ge-scheiter, genau so wie Fehler uns wachsen lassen und reifen. Sie bieten die Möglichkeit, Erfahrungen zu machen und uns zu entwickeln. Auch wenn sie manchmal schmerzhaft sind und Narben hinterlassen sollen und dürfen wir dennoch dankbar sein dafür. Wenn wir uns dann auch noch gegenseitig von unseren größten Fehlern, ääähm, Erfahrungen offen erzählen können, können wir miteinander wachsen. Machen wir uns menschlich.

Und für alles, wo wir wirklich das Gefühl haben, etwas verbockt zu haben, gibt es die Möglichkeit sich zu entschuldigen, zu sagen: 

Es tut mir Leid. 
Ich nehme mir die Erfahrung mit. 
Ich lerne daraus und entwickle mich weiter.
Für dich und für mich. Und für diese Gesellschaft.


Wenn ich mein Leben noch einmal Leben könnte, würde ich die gleichen Fehler machen.
Aber ein bisschen früher, damit ich mehr davon habe.

Marlene Dietrich


Welchen Fehler hast du gemacht, aus dem du viel gelernt hast? Lasst uns anfangen, ehrlich zu sein!

Kommentar schreibenKommentare: 1

  • #1Elke Gruber Franthall (Freitag, 06 September 2019 14:35)Toller Beitrag Kerstin!!�! Wie war wie war!!! Ich oute mich��
    Bei deinem Vortrag in Roitham im November wär das auch super zu erwähnen (falls du es nicht ohnehin machst �) Glg und einen schönen Schulstart, Elke
  • #2
Aller Anfang ….. braucht Beziehung!

Aller Anfang ….. braucht Beziehung!

Wenn in diesen Tagen wieder Krippe, Kindergarten und Schule starten, ist es für viele Kinder ein Schritt in eine neue Lebensetappe. Manchen gelingt so eine Umstellung reibungslos, bei anderen braucht es viel Begleitung um diese Phasen des Übergangs, der Veränderung und des Loslassen gut zu meistern.

Nach den mehr oder weniger langen Ferien, der freien Tagesgestaltung mit reichlich Zeit und Gelegenheit um Pausen und Erholungsphasen zu genießen, folgt nun wieder eine Phase mit deutlich mehr Struktur. Fixe Aufstehzeiten, Routinen, Zeitpläne und Termine geben wochentags wieder den Ton an. 

ÜBERGÄNGE

Besonders Übergänge sind in Familien sensible Phasen, die bewusst begleitet sein wollen. Der Übergang von den Ferien zur Kindergarten-/ Schulzeit, der Übergang von daheim in die Außer-Haus-Betreuung und auch das Heimkommen von Kindergarten, Schule und Co ist meist eher angespannt, eher konfliktbehaftet, eher emotionsgeladen. 

Was wir Erwachsene schon mit unserer Routine bewältigen, fällt den Kindern oft unbewusst sehr schwer: die Umstellung von einem System auf das nächste. Überall sind andere Personen, mit denen man zusammentrifft, andere Regeln, andere Räumlichkeiten, andere Gerüche, Eindrücke und Anforderungen, die es zu verarbeiten gibt. Das kann ganz schön anstrengend sein, besonders wenn das Kind zum ersten Mal auf diese “neue Welt” trifft. 

DIE RICHTIGEN FRAGEN

In der Vorbereitung ist es gut, das Kind in Gesprächen darauf einzustellen – und dabei jede Wertung (“Der Ernst des Lebens” oder “Da weht ein anderer Wind” oder “Da ist es so lustig für Kinder”) zu vermeiden. Statt “Freust du dich auf die Schule?” lieber fragen: “Was geht dir im Kopf um, wenn du an die Schule denkst?” Oder: “Was meinst du, wie das wird, wenn du da hingehst?” 
So vermitteln wir den Kindern weder, dass es “normal” ist, sich auf die Schule / KG zu freuen, oder der Zeit eher ängstlich entgegen zu blicken. 

Ein positives Einstimmen ist okay, so lange das Kind nicht den Eindruck bekommt, sich freuen zu müssen und unsichere Äußerungen nicht gleich abgewendet werden.
Offene, neutrale Fragen erlauben dem Kind, seine Gefühle auszudrücken, wie sie eben sind und nicht mit der Antwort der vermeintlichen Einschätzung der Erwachsenen zu entsprechen! 

BEZIEHUNGSORIENTIERTES HANDELN

Egal, wie das Kind auf solche Fragen antwortet: es braucht das angenommen sein in diesem Gefühl. 
”Ach, so ist das also für dich.” Wenn ein ängstliches Kind hört: “Geh, da brauchst du doch keine Angst haben!” und wenn ein  vorfreudiges Kind hört “Na, da werden sie dir dann andere Saiten aufziehen!” bekommen sie jedenfalls das Gefühl: mit mir stimmt scheinbar was nicht, denn ich sollte mich anders fühlen. Das kann sehr belastend sein für Kinder. 
Die Gefühlswelt des Kindes annehmen, sich einfühlen und reflektieren ist ein wichtiger Baustein für  starke Beziehungen. Danach geht es darum, ob und was wir als Eltern tun können um das Kind in solchen Übergangsphasen zu unterstützen. 

Ein schön verzierter Stein als “Mutstein” in die Hosentasche packen (vorher gut mit Mama-Papa-Energie aufgeladen), ein Tuch von Mama mitnehmen, ein vertrauter Gegenstand, der Trost spenden kann, die extra-lange Umarmung, ein geheimes Zeichen, ein kurzes Abschieds-Ritual – es gibt unzählige Möglichkeiten, die Eltern und Kindern zur Verfügung stehen um diese Zeiten gut zu gestalten. Dabei können uns sollen Kinder – je nach Alter – aktiv eingebunden werden. Sie haben oft die tollsten Ideen!

NEUE WELT

Wenn Kinder zum ersten Mal in ein neues Umfeld (Kindergarten, Schule,…) kommen, ist es natürlich, wenn dies mit Vorsicht passiert. Alles ist fremd und das Vertrauen muss erst aufgebaut werden. So etwas schafft man nur mit genügend Zeit und der Sicherheit, dass man geborgen und gehalten ist mit allen Facetten seiner Persönlichkeit. 

Bei jüngeren Kindern (Krippe und Kindergarten) kommt dazu, dass sie kein zeitliches Vorstellungsvermögen haben und ihnen jeder Abschied ein wenig wie “für immer” vorkommt. Bis sie die Erfahrung gemacht haben: ich kann mich verlassen, dass mich die Eltern wieder abholen. Statt: “Geh, brauchst doch nicht weinen, ich komm ja eh bald wieder! Hier ist doch alles so schön” braucht es ein: “Du bist mutig, dass du hier bleibst, bis ich dich abholen komme, obwohl hier alles neu für dich ist.” Danach kann sich das Kind einlassen auf erste Annäherungen zu den dortigen Bezugspersonen, auf erste Spiele mit neuen Materialien, auf erste Interaktionen mit den Gleichaltrigen. Es braucht das Gefühl verstanden zu sein, ernst genommen zu sein und in Ordnung zu sein.

IN ORDNUNG statt PERFEKT

All dies geschieht trotz unserer Bemühungen meist unter großer Anstrengung aller Beteiligten. Loslassen, Heimkommen, den Arbeitstag hinter sich lassen, hungrige und übermüdete Kinder versorgen und die vielen Eindrücke des Tages zu verarbeiten schafft meist alles andere als Harmonie bei Erwachsenen wie bei Kindern.

Es ist in Ordnung, wenn diese Phasen sich turbulent anfühlen. 
Es ist in Ordnung, wenn über Weinen und Schreien Stress abgebaut wird, solange Kinder dabei begleitet werden. 
Es ist in Ordnung, wenn wir Eltern dabei keine hocherfreute Miene machen können. 
Es ist in Ordnung, gut genug zu sein.

Auch hier ist es förderlich, Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken und ehrlich zu sein. Wenn man sehr erschöpft ist, kann man das sagen. Wenn man sehr frustriert ist, kann man das sagen. Und Kinder brauchen oft unsere Hilfe um ihre Gemütszustände in Worte fassen zu können. Das gelingt manchmal besser, wenn man gemeinsam etwas tut wie Tisch decken, Essen vorbereiten, abräumen. Bei sich bleiben, ein paar tiefe Atemzüge, an das denken, was jetzt im Moment wichtig ist. Kleiner Tipp: es ist meist nicht die Wäsche oder die Staubwolken am Boden.

BEZIEHUNG im FOKUS

Es braucht folgendes: 

Auf die Kinder schauen und sehen, wie sie sich bemühen. 
Anerkennen, wenn etwas anstrengend ist und unrund läuft, obwohl wir uns so sehr bemühen. 
Hilfe annehmen, wenn ihr als Familie am Ende der Weisheit angekommen seid. 

Und immer wissen: egal, was alles schief läuft – wenn Kinder bedingungslos geliebt sind, dürfen wir als Eltern auch ganz schön viele Fehler (=Erfahrungen) machen und es ist trotzdem alles gut. 

Sie wissen und erleben nämlich:
jemand hört mir zu,
jemand nimmt mich ernst,
jemand interessiert sich für mich,
jemand sieht mich und nimmt mich an.
So wie ich bin. 

Das ist beziehungsfördernd, beziehungsstärkend und beziehungsorientiert. Und gute, tragfähige und sichere Beziehungen lassen uns einfacher die Herausforderungen und Veränderungen des Lebens bewältigen. 

Wie erlebst du als Elternteil diese Phasen des Übergangs? Hast du einen Tipp?

Familienidylle … (Urlaub, Teil 2)

Familienidylle … (Urlaub, Teil 2)

Vor der UNKRAUTphilosophie ging’s ja hier um das Thema Urlaub. Weiter gedacht um das Thema Familienzeit und wie man die gut und gemeinsam planen und gestalten kann.
Nicht nur (aber auch) durch den sub-optimalen Urlaub auf Sardinien haben wir gelernt. Und die Erfahrungen bis hier und heute zeigen relativ sicher, was man berücksichtigen sollte, wenn man gemeinsame Zeit gestalten möchte.

BEDÜRFNISSE BESPRECHEN

Geht es um freie Zeit als Familie, ist es sinnvoll, sich vorab darüber Gedanken zu machen, was man braucht und was man möchte in diesen oft so kostbaren Stunden, Tagen oder Wochen. Je mehr Personen in einem Haushalt leben, je älter die Kinder werden und je größer der Altersunterschied zwischen den Jüngsten und Älteren besteht, desto weiter klaffen oft Interessen, Wünsche und Bedürfnisse auseinander. 

Es ist sehr oft ein echter Drahtseilakt diese Ansprüche zu balancieren und gleich vorweg: oft genug können nicht alle Bedürfnisse befriedigt werden. 

Zunächst mal braucht es aber Gelegenheit und Raum, wo alle Beteiligten äußern können, was sie sich von der Familienzeit (egal ob Wochenende, Urlaub oder nur ein gemeinsamer Nachmittag) erwarten, welche Wünsche sie haben und welche Ideen. Und es geht um die Kinder und die Eltern! Somit zeigen wir ihnen: menschlich sind wir ebenbürtig und ebenwürdig, wir sind alle gleich wichtig.

STEUER ÜBERNEHMEN

Dann kommt der Teil, vor dem sich (in meiner Beobachtung) oftmals Eltern drücken oder den Kindern unbewusst zu viel Verantwortung übertragen. Die Entscheidung, was passiert.

Eltern sind diejenigen, die sozusagen die Kapitäne des Schiffs sind. Sie steuern und lenken das “Familienschiff” und wissen über Möglichkeiten, Risiken und Gefahren des Gewässers bescheid. Die Kinder sind Passagiere, die mitreden und argumentieren dürfen und sollen. Was aber dann wie, wann und wo umgesetzt wird, braucht die Elterninstanz. Auch, weil man sich dadurch nicht bei allen “Passagieren” gleichermaßen beliebt macht.
Besonders, wenn (wie oben gesagt) die Wünsche weit auseinander liegen. Wenn zwischen Ruhe und Aktivität, Neuem und Bekanntem, Einfachem und Aufwändigem entschieden werden soll, dann geht sich meistens nicht alles aus. 

GLEICHWÜRDIGKEIT HERSTELLEN

Elterliche Weitsicht, Achtsamkeit, Abwägung und Rücksichtnahme gehören dazu, wenn es um langfristige Balance und Gerechtigkeit in Punkto Bedürfnisse geht. UND: GANZ WICHTIG! Die Möglichkeit bzw. das Recht der Kinder, eine Idee der Eltern nicht gut zu finden (weil diesmal das eigene Bedürfnis oder der Wunsch zu kurz kommt). UND: das Recht der Eltern, auch mal “falsche Entscheidungen” zu treffen (wir lernen und lernen und lernen dazu). 

Wenn nicht alle Wünsche erfüllt werden können, ist das beziehungsorientierte Minimum: “Ja, ich sehe/höre, dass du dich ärgerst oder frustriert bist. Du hättest lieber etwas anderes gemacht. Es ist okay, wenn du sauer bist.”  … und nicht: “… wir haben das aber so entschieden und jetzt freu dich doch bitte einfach mit uns!”
Oder: “Ja, das war verkehrt, wie wir das entschieden haben. Wir nehmen die Erfahrung und versuchen, es ein anderes Mal besser zu machen.”

Ich weiß.

Das so zu schreiben ist hundertmal einfacher als ein bockendes Kind auf einer Wanderung mit zu zerren.
Oder den griesgrämigen Partner im Wohnwagen auszuhalten.

Nicht alle in der Familie können und müssen immer alles gut finden. Wir Eltern nicht, dass wir das Steuer übernehmen und in der Verantwortung stehen und die Kinder nicht, dass manchmal auch Entscheidungen gegen ihr Bedürfnis / ihren Willen getroffen werden.
Als Gemeinschaft braucht es (manchmal Minimal-)Kompromisse, das Aufeinander-zugehen und auch das sich-gegenseitig-aushalten. Das klingt schöner als es ist. In der Realität sind das finstere Gesichter, trübe Mienen, stampfende Füße und auch öfter widerwilliges Geschrei. 

Das alles ist Ausdruck dafür, dass Kinder an den Rand ihrer Kooperationsbereitschaft gekommen sind.
Wenn es uns gelingt, LANGFRISTIG eine Balance zu schaffen, lernen Kinder nicht nur, dass Bedürfnisse gehört und gesehen werden sondern dazu auch: so etwas wie Frustrationstoleranz, Rücksichtnahme und Teamfähigkeit. 

Und diese Fähigkeiten brauchen wir neben vielen, vielen anderen für ein gelingendes Miteinadner.
Egal ob in Familie, Beruf, Kindergarten, Schule, in der Nachbarschaft … oder: im Urlaub.
Also dann! Wie geht ihr mit Urlaubswünschen um? Was versucht ihr zu berücksichtigen?

Lasst uns voneinander lernen! 

Unkrautphilosophie

Unkrautphilosophie

Beim Unkraut-zupfen hat man allerhand Zeit zum Nachdenken. Was hat Unkraut mit dem Leben zu tun? Nun, so einiges – wie mir bei dieser philosophischen Tätigkeit aufgefallen ist. 

Unkraut. Gibt’s ja eigentlich in der Botanik (und laut meiner Tochter) nicht. Es ist eine Begleiterscheinung der Pflanzenwelt, kann aber als “störend”empfunden werden. 
Das ist wie mit dem Menschen (=Nutzpflanze) und den Problemen (=Unkraut) im Leben.

Man kann auf “Unkraut” reagieren oder nicht. In jedem Fall hat es eine Auswirkung. (Oh hallo, du liebes systemisches Weltbild!). Macht man wegen jedem kleinen störendem Kraut ein mords Aufsehen, fokussiert man vielleicht zu sehr auf das Negative statt das Schöne zu sehen und zu genießen. Lässt man es ewig vor sich hin “wachsen und wuchern” wird es irgendwann tatsächlich schwierig für die Nutzpflanze (“den Menschen”), sich weiter gut zu entwickeln, gesund zu bleiben und ausreichend Nährstoffe zu bekommen.

Nun kann der Mensch wie gesagt unterschiedlich reagieren. Beim Unkraut, wie bei Problemen im menschlichen Leben.


Nun kann der Mensch wie gesagt unterschiedlich reagieren.
Beim Unkraut, wie bei Problemen im menschlichen Leben.


Es gibt Unkrautvernichter (Pulverchen, Tabletten, Psychopharmaka…) die man pauschal dürberstreuen kann. Sie töten rundherum aber oft auch noch sehr viel “Gesundes” mit ab. Man kann mit Problemen umgehen wie ein Rasenmäher mit Unkraut. Immer nur das gröbste “Sichtbare” abreißen, doch man erwischt nie die Wurzel des Übels.

Deshalb ist es manchmal klug, sich Unterstützung zu holen und eine fachkundige Meinung. Im Falle des Unkrauts: beim Gärtner, im Falle des Menschen: bei der Beraterin des Vertrauens. 🙂

Gemeinsam erarbeitet man eine Strategie und einen Plan, wie man mit dem “Unkraut” umgehen möchte, wo es verwurzelt ist und wie man es am besten beseitigt (und wo es ruhig wachsen darf). Man erforscht die Pflanze und die Probleme, die sich dadurch ergeben, schaut hin, wo der Ursprung ist, betrachtet die Dinge ohne Wertung und versucht eine individuell passende und praktische Lösung zu finden.

Es braucht keine Gewalt, sondern vor allem Technik und Genauigkeit, das Hinschauen auf die Pflanze, das Erkennen der Auswüchse und das richtige Werkzeug zur Befreiung (wenn man dies wünscht). Das geht nicht schnell, schnell – sondern braucht Zeit. Es ist meist anstrengend und mühsam und ist oft nicht an einem Tag erledigt. 



Wenn das Unkraut (= das “Problem”) zu groß werden, hat man oft das Gefühl vor einer Unlösbaren Aufgabe zu stehen. Deshalb zahlt es sich aus, schon bei kleineren und vereinzelt vorkommenden “Störungen” zu reagieren. Dann dauert es nicht so lang, ist meist weniger mühsam  und ist auch mit geringerem zeitlichen und energetischem Aufwand wieder erledigt. 

Das ist dann so wie mit “Problemen” im zwischenmenschlichen Leben. Sie sind auch Begleiterscheinungen des Zusammenseins, der Entwicklung und von Übergängen / Krisen, und werden – je nach dem – schnell oder lang nicht als “störend” empfunden. Schon wie bei der Definition der Unkräuter, wird’s bei Problemen ähnlich interessant, was dazu zählt und was nicht.

Die ökologische Landwirtschaft bevorzugt eine differenzierte Sichtweise auf die “Unkräuter” und bezeichnet sie nicht ausschließlich als Schadpflanze, denn: Dieselben Pflanzen, die teilweise als Unkräuter bezeichnet werden, gelten auch als Nutzpflanzen, Heilkraut oder Zeigerpflanze. So wie manche schwierige Lebenssituation auch nützlich oder heilsam oder wegweisend sein kann.

So sehe ich das auch. Würden wir nicht hin und wieder einen Stein oder ein Hindernis überwinden oder angehen, wüssten wir die harmonischen und idyllischen Phasen im Leben gar nicht so sehr zu schätzen.

Was man beim Unkraut jäten so alles über’s Leben lernt. 

Tschuldigung. Nicht Unkraut, sondern Beikraut (dieses Wort kennt die Rechtschreibkorrektur nicht mal ;-)!).
Was geht dir bei der Gartenarbeit so durch den Kopf?
Bitte sag, ich bin nicht allein mit diesen lustigen (wenn auch philosophischen) Gedanken!
Wir sehen uns auf der Wiese!

Lebendige Grüße, deine Kerstin

Urlaub … und andere Katastrophen

Urlaub … und andere Katastrophen

Hach, wie haben wir uns das ganze Jahr gefreut. Schon in den Wintermonaten wurde ein passendes Ziel ausgewählt, im Süden – wir sehnten uns ja grad schon wieder nach etwas mehr Wärme und Sonnenstunden – wo es was zu sehen gibt, Möglichkeit zum Ausspannen, gutes Essen, eine komfortable Unterkunft, mit Blick auf’s Meer aber möglichst ein wenig abgeschieden – man mag es ja nicht zu touristisch. Und voller Vorfreude harrt man dann der verbleibenden Monate bis es endlich soweit ist, und man sich auf Reisen begibt. 

So weit, so normal.

Dass Urlaube fast immer an hohe Erwartungen geknüpft sind, ist verständlich. Es sind wenige Wochen oder Tage im Jahr, für die man häufig viel Geld bezahlt, auf die man sich lange vorher schon freut und die mit vielen – leider oft unausgesprochenen – Hoffnungen und Wünschen gespickt sind. Dass und wie diese Haltung in unserem Fall schon mal richtig in die Hose ging, liest du jetzt und hier.

Eine Mittelmeerinsel (Sardinien?) sollte es sein, die europäische Karibik. Von den Stränden der oberen Adria schon ein wenig müde, wollten wir die so bezaubernd beschriebenen weißen Sandstrände, viele verschiedene Buchten erkunden, glasklares Wasser in den verschiedensten Türkistönen und dazu das von uns geliebte italienische Dolce Vita. 

Da man – so wird’s kommuniziert – auf Sardinien empfehlenswerterweise ein Auto braucht, um die Schönheit der Insel auch richtig erfassen zu können, düsten wir mit den drei Kids Freitag Nachmittag praktisch non-stop neun Stunden nach Livorno, wo wir über Nacht mit der Fähre nach Olbia transportiert werden sollten. Die Autofahrt ohne Probleme, die Kids bester und fast ausgelassener Laune. Die ganze positive Energie der Youngsters gefangen im Faradayischen Käfig, alles war (noch) bestens. Wir laufen aus, verbringen noch unsere ersten faszinierten Stunden auf einer Fähre, bevor wir uns in die gebuchte Kabine zum Schlafen legen. Gemütlich ist was anderes, aber: es war ja nur für eine Nacht.

Etwas unsanft über zu laut eingestellte Lautsprecher um 6.00 Uhr morgens geweckt, laufen wir in Olbia ein und machen uns mit dem Auto auf dem Weg zu unserer Ferienwohnung, erste Reihe mit kleinem Privatstrand. So stand’s geschrieben.
Was nun folgte, war eine Aneinanderreihung kleiner Missgeschicke und Katastrophen, die unser Entspannungslevel innerhalb kurzer Zeit praktisch gegen Null schraubte.

Die auf den Fotos herrlich aussehende Wohnung empfängt uns mit einem murkeligen Geruch, der mich fast rückwärts wieder raus befördert. Auch das dauerhafte Öffnen aller Fenster und Türen (willkommen, ihr Gelsen!) ändert die ganze Woche lang daran nichts. Der Geruch ist an jedem Polster, Gegenstand und am gesamten Geschirr. Prost, Mahlzeit. Von den Schimmelpilzen und anderen Getieren, die sich das Apartment noch mit uns teilen, will ich gar nicht erst anfangen.

Die Abgeschiedenheit entwickelt sich bald zum Kriterium … für jede Kleinigkeit müssen wir ins Auto steigen, und die engen, schlaglöchrigen und kurvigen Straßen bezwingen.

Weil wir trotzdem was zu Essen brauchen, fährt der Mann gleich zu Beginn (bewaffnet mit einer stabilen, großen Klappkiste – für die essfreudige Großfamilie ein unverzichtbares Einkaufsutensil) Richtung Supermarkt. Als der gefunden ist, passt die Kiste natürlich nicht in das kleine italienische Einkaufswagerl, also steht sie quer drüber. Bei der Kassa werden ihm die (aus Liebe zu mir) gekauften, nicht abgewogenen Oliven beim Hantieren zum Verhängnis, die Kiste fällt und zwei Flaschen Bier verteilen sich mit Flüssigkeit und Scherben über den Großeinkauf.

Schweißgebadet und entnervt kam er noch nie vom Einkauf zurück. Für’s Protokoll: die Oliven waren derart grauslich, dass wir sie Ende der Woche der sardischen Müllabfuhr überließen.

Die Kinder wollen – oh nein, wir möchten doch am liebsten die ganze Insel sehen – ganz im Gegensatz zu uns am liebsten immer zum selben Strand. Erst recht, als der Jüngste am dritten Tag beim Strandfußball von einer Welle erfasst wird und mit vollem Karacho auf einen Seeigel springt. Dank des Wellengang haben wir nicht nur ein um-sein-Leben-brüllendes Kind, sondern auch einen neu gekauften Ball weniger. Viel Spaß damit, liebes Meer.

Dr. Google sagt, das Kind schwebt in potenzieller Lebensgefahr, also steuern wir die nächste Apotheke an um uns mit Händen und Füßen-erklärend irgendetwas zu besorgen, was ihn von seinen Qualen erlöst. Eine Zugsalbe von dem umaufgeregtesten Apotheker ever (er hat uns scheinbar tatsächlich nicht verstanden) später, zurück zur Erstversorgung des Patienten. Der Schmerz ist schon halb gebannt und es tritt langsam allgemeine Beruhigung ein. 

Außerdem findet er heraus, dass er zum Fortbewegen eh nur ein Bein braucht, er viel mehr Tablet schauen darf, weil er ja so arm ist, und es viele lustige Hüpfspiele gibt. Die Kinder haben unterdessen längst beschlossen, dass wir die (immer noch stinkende) Wohnung nicht mehr verlassen würden. Was leichte Panik bei mir erzeugt. 

Das beruhigende Rauschen des Meeres wandelt sich an Tag 3 in ein ohrenbetäubendes Getöse, das uns 24 Stunden täglich (dank der offenen Fenster) reizüberflutet. Zum ersten Mal wünsche ich, Ohropax dabei zu haben. An Baden oder lustigen Wassersport ist im Übrigen an den meisten Stränden auch nicht mehr zu denken. Der Seegang ist so heftig, dass sogar die Fähren einen Tag lang nicht mehr bis Korsika fahren. “Mistral” ist tatsächlich nicht nur eine Bekleidungsmarke im SportScheck Katalog. Die schlechte Stimmung hängt aber über uns, so gibt es reichlich Zoff, zwischen allen Beteiligten. Urlaubsharmonie, wo bist du?

Am Ende der Woche angelangt freuen wir uns trotz ein paar positiven Badeerlebnissen – nachdem wir Eltern das Meer jeweils ausgiebig und genau auf Seeigel untersucht hatten, bevor die Kinder auch nur den großen Zeh rein hielten – auf die Heimreise.

Zum Glück dieser Woche passend, ereilt uns am Hafen von Olbia die Nachricht, dass unsere Fähre zur Heimreise kurzerhand storniert wurde. Wie wir die Nacht verbringen und zurück aufs Festland wollen, scheint der Fährgesellschaft herzlich egal zu sein. Kurzerhand umgebucht verbringen wir die Nacht am Boden im Gang der auf 17°C temperierten und grell beleuchteten Fähre, auf 2×2 Metern, zu fünft. Da helfen auch die megagroßen Aufdrucke der Looney Tunes an der Außenseite der Fähre nichts mehr. Kinderkreuzfahrtschiff. Pffff.

Nach einer letzten Nacht am Gardasee, wo wir ein Quartier (zur Auswahl reserviert) zu stornieren vergessen haben, steuern wir heimwärts. Im Gepäck: stolze 31 Stunden Fahrzeit innerhalb dieser einen Woche und reichlich feinsten, sardischen Sand in allen Ritzen des nagelneuen Autos. 

Heimkommen war noch nie schöner als damals. Über viele Dinge können wir heute lachen. Auch die Bilder vom Urlaub sind teilweise traumhaft (Geruch lässt sich ja – noch nicht – ablichten). Sardinien ist eine wunderschöne Insel – nur dieser Urlaub geht für uns definitiv nicht in die Besten-liste ein. Was wir gelernt haben und was mir sonst noch so zu Familienurlauben einfällt, liest du im nächsten Blog.

Hattest du schon mal eine Urlaubs-Panne? Was hast du daraus gelernt?
Worauf freust du dich am meisten daheim nach einem Urlaub?

Schreib gern in die Kommentare! 

Kommentar schreibenKommentare: 2

  • #1Monika Schubert (Montag, 12 August 2019 12:44)”Köstlich” Manchmal hat man als Mutter bzw. Großmutter nur zwei Möglichkeiten :
    entweder Humor oder Wahnsinn !!!
  • #2Kerstin (Montag, 12 August 2019 12:47)Liebe Monika – das glaube ich dir AUFS WORT! Was für ein Glück, dass du mit so viel Humor ausgestattet bist! Lg, Kerstin