von Kerstin Bamminger | Mai 8, 2020 | Allgemein, Gute Worte, Hilfreich, Leben, Selbstfürsorge
„Vielleicht sollten wir es jetzt mit Liebe versuchen, weil die Angst die letzten zehntausend Jahre wohl keinen Erfolg gebracht hat.“ Gerald Hüther
Über dieses Zitat hab ich die letzten Tage viel nachgedacht. Ganz grundsätzlich, aber auch in bezug auf die aktuellen gesellschaftlichen Vorgänge. Wie Angst nützlich sein kann und warum wir sie dennoch auf ein Minimum reduzieren sollten. Darum geht es hier und heute.
Angst und Liebe. Zwei Gefühle, die vermutlich jeder Mensch kennt. Sie können der Motor für verschiedenste Handlungen sein: verbindende und trennende, verletzende und heilende, intuitive und berechnende.
Wir gehen Beziehungen ein, wählen Freundinnen aus, treffen Entscheidungen in Bezug auf Gesundheit, Beruf, Familie usw. – manchmal motiviert durch Angst und hoffentlich oft motiviert durch die Liebe.
Nicht immer ist auf den ersten Blick erkennbar, was hinter solchen Handlungen, Aussagen oder Empfehlungen steckt, nicht immer ist der handelenden Person bewusst, wodurch er oder sie gesteuert wird.
Drum zahlt es sich aus, einen genaueren Blick darauf zu werfen.
Was ist Angst?
Das Wort „Angst“ stammt vom griechischen Verb „agchein“ und dem lateinischen „angere“ ab. Beides heißt übersetzt „würgen“, „die Kehle zuschnüren“. Das beschreibt ganz gut, wie es uns in den letzten Wochen geht, jedenfalls bildlich gesprochen.
Angst äußert sich körperlich etwa wenn das Herz zu rasen beginnt, die Pupillen sich weiten, unsere Knie schlottern, der Körper Adrenalin ausschüttet und das Blut bindet mehr Sauerstoff. So bereiten wir uns auf kritische Situationen vor, auf Flucht oder Kampf und diese Vorkehrung der Natur kann lebensrettend sein, weil wir auch übernatürliche Kräfte entwickeln. Jedenfalls war das in der Evolution sehr hilfreich.
Doch wie viel Angst ist heute noch „notwendig“?
Wieviel Angst braucht der Mensch?
Leider überkommt die meisten Menschen das unbestimmte Gefühl der Angst (im Gegensatz zu Furcht, die immer auf etwas Bestimmtes gerichtet ist) unfreiwillig und unkontrolliert. Und überwiegender Weise ist es wohl so, dass die Angst uns lähmt anstatt zu mobilisieren.
In den letzten Wochen wurde hierzulande und auch anderswo bewusst auf diese Emotion gesetzt um ein bestimmtes Verhalten der Menschen zu erreichen. Das hat, finde ich, ganz gut geklappt und war angesichts der Tatsachen, die so am Tisch lagen, möglicherweise auch in Ordnung.
Wir haben uns bedroht gefühlt in unserer Gesundheit. Wie real und groß die Gefahr wirklich war und ist, lässt sich leider angesichts der fehlenden seriösen Daten kaum sagen – zumindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt. (Wir wissen, dass wir nichts wissen.)
Abstand halten, Hygiene Vorschriften befolgen, in Armbeugen niesen, wenn krank daheimbleiben – all diese Dinge lassen sich ja in gewissem Rahmen einhalten oder waren für Viele sowieso selbstverständlich. Das könnte auch freundlich, gelassen und ruhig geschehen.
Menschlichkeit wäre angesagt
Was mir aber Sorgen bereitet, ist, zu beobachten wie auch die Menschlichkeit, unser Einfühlungsvermögen, unsere Kommunikation, das Miteinander hierbei leidet. Auch wenn wir nicht gleich tot umfallen, weil wir uns kaum noch anlächeln können, werden wir doch recht schnell bemerken, dass uns eines erst recht krank macht: ANGST.
Erst recht, wenn unter diesem Titel versucht wird, unsere Grundrechte zu beschneiden.
Wenn wir uns nicht mehr versammeln dürfen.
Wenn über unseren Privatraum bestimmt wird.
Wenn körperliche Unversehrtheit nicht mehr geschützt wird.
Wenn die Demokratie unter die Räder kommt.
Angst ist ein probates Mittel, um uns Dinge schmackhaft zu machen oder unterzujubeln, die uns letztlich sehr viel Leid bringen und gefährlich sind, aber als „sinnvoll“ und „notwendig“ verkauft werden, weil es jemandes Interessen bedient, die wir nicht so genau kennen.
Zeit für ein neues Konzept: Liebe statt Angst
- Dann wird es Zeit, sich auf etwas zu besinnen, was uns heilt.
- Dann wird es Zeit, sich auf etwas zu besinnen, was stärkt.
- Dann wird es Zeit, sich auf etwas zu besinnen, was verbindet.
- Dann wird es Zeit, sich auf etwas zu besinnen, was uns lebendig macht.
- Dann wird es Zeit, sich auf etwas zu besinnen, was uns mutig macht.
In den meisten Fällen ist Angst durch individuelle Prozesse und Erfahrungen erlernt – und die gute Nachricht ist: sie kann auch wieder verlernt, sprich: abgebaut werden.
Das darf auch ein wenig dauern, also brauchen wir vielleicht ein klein wenig Geduld.
Doch es zahlt sich aus, auf Vertrauen zu setzen. Und auf Liebe.
Liebe ist eine Bezeichnung für stärkste Zuneigung und Wertschätzung – das sagt zumindest Wikipedia, wenn man danach fragt. Und es stimmt! Mehr als je zuvor ist es jetzt wichtig, Wertschätzung füreinander aufzubringen. Dass wir sehen, dass wir trotzdem umgeben sind von Liebe, von Menschen, die wertvoll sind und für die wir dankbar sein dürfen.
Zum Beispiel …
… für unsere Kinder, die mit vielleicht fürchterlichem Verhalten nur ausdrücken möchten, dass sie mit der Situation überfordert sind und sich nicht helfen können.
Sag: „Ich sehe dich. Du bist in Ordnung. Das Rundherum ist grad schwierig.“
… für unsere Familien, die möglicherweise mehr Reibung, Nähe und Widerspenstigkeiten aushalten müssen, als sonst.
Sag: „Ich merke, dass wir grad viel streiten. Trotzdem gut, dass wir uns haben.“
… für unsere Partner*in, die den Druck und Stress, unsere Anspannung abbekommen obwohl sie nicht der Grund dafür sind.
Sag: „Ich halt mich gerade selbst nicht aus. Danke, dass du da bist.“
… für unsere Freundin, die sich das Gejammer ausdauernd anhört und noch so kontroverse Diskussionen mit dir austrägt, weil verschiedene Meinungen sein dürfen.
Sag: „Ich schätze dich, auch wenn du anderer Meinung bist. Danke für die offenen Gespräche.“
Wir brauchen die Liebe und auch Vertrauen, damit wir unsere nähere und fernere Zukunft gut bewältigen können (im Übrigen auch die Vergangenheit und unsere Gegenwart).
Wir brauchen sie viel dringender und in viel größerem Ausmaß als die Angst.
Die Liebe, unsere gegenseitige Wertschätzung und Zuneigung wird uns mutig und lebendig machen, sie wird uns als Gesellschaft verbinden und stärken und heilen, was über lange, lange Zeit hinweg von der Angst kaputt gemacht worden ist.
Wir werden sie brauchen, wenn wir die aktuellen Fragen um den Datenschutz, um Impffreiwilligkeit und demokratische Grundrechte verteidigen zu können, weil wir vereint vorgehen werden müssen, wenn wir etwas erreichen möchten.
Ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingt, weil ich in meinem Umfeld so Viele habe, die ähnlich ticken und ich daher weiß: WIR SIND VIELE.
Liebe ist stärker als Angst, Hass und Panikmache.
(Und wenn schon Liebe nicht geht, dann zumindest Respekt. Das wär schon mal ein Anfang.)
Lasst uns verbinden, lasst uns zusammen stehen und lasst uns die Liebe nicht verlieren.
Vor allem nicht die Liebe zum Leben und zu unserer Einzigartigkeit.
von Kerstin Bamminger | Apr. 30, 2020 | Allgemein, Geschwister, Leben
Geschwister zu haben ist eins der größten Geschenke, die ich habe. In meinem Fall reden wir ja von vier Schwestern. Diese Beziehungen beeinflussen uns auf vielfältige Weise und längst weiß auch die Wissenschaft:
Geschwister prägen mindestens so sehr wie Eltern.
Was man mit Geschwistern alles so erlebt und lernt, hab ich heute mal hier beschrieben. Ein Stückerl Lebensrealität aus knapp vier Jahrzehnten gefiltert.
55 Dinge, die man mit Geschwistern lernt …
- das Gewand teilen oder die wertvollsten Stücke vor den Schwestern verstecken
- sich des nächtens beim Einschlafen erschrecken, indem man sich lautlos aus dem Bett schleicht (gut Übung übrigens für eventuelle spätere Elternschaft)
- sich gegenseitig die Osternester leerfuttern
- unterm Küchentisch die (wahlweise) eigenen oder schwesterlichen Haare / Stirnfransen mit der Bastelschere auf 2 cm kürzen (Partienweise auch das Haupthaar; Judith: immer schon die Styling Queen).
- der jüngeren Schwester das Radfahren beibringen
- gemeinsam bis zum Umfallen Flöte üben und dabei Ohrenschmerzen bekommen
- bis aufs Blut streiten und sich dabei die Haare ausreißen (da war ja abschneiden noch besser)
- den anderen Schwestern (wahlweise) die Schuld zuschieben – für was auch immer – und selbst das Unschuldslamm geben
- füreinander einstehen – zum Beispiel wenn der Freund der Schwester sie schlecht behandelt
- vor Rührung beim Schulabschluss der Schwester heulen wie ein Schlosshund
- 10-Groschen-Münzen auf den Bahngleisen nebst dem elterlichen Haus vom Güterzug platt pressen lassen (was haben wir eigentlich damit gemacht??)
- Lianen in der „Leid’n“ schneiden, mit Gras füllen und rauchen (nein, kein Filter und im VS Alter)
- als Teenager mit 20 m Abstand morgens zum Bus gehen, weil man sich noch nicht ausstehen kann um halb 7 in der Früh (das war damals schon Social Distancing)
- Doktorspiele im Kindergartenalter im begehbaren Schrank verheimlichen
- die Firmvorbereitungsgruppe der jüngeren Schwester leiten (Lisa, du Arme hattest mich sicher ZU viel am Hals)
- beim gemeinsamen Umdichten von Liedern für runde Geburtstage verzweifeln
- die goldene Popcornregel („Eins und eins“) beim Anschauen von Liselotte Pulver Filmen lernen
- auf jüngere Geschwister aufpassen, während die Eltern am Ball beim Wirt im Ort waren (und nein, sie hatten kein Handy dabei. Im Notfall hätten wir den Wirt am Festnetz angerufen, doch so weit ist es nie gekommen. Heißt: wir haben gelernt mit aller Art Schwierigkeiten umzugehen, ohne beim ersten Problem die Eltern zu rufen)
- jeden Tag denselben Mann zwei Mal zu küssen (Den Paps ;-).)
- sich gegenseitig um Haare, Klamotten, Freunde, Schulnoten, Spielsachen,… beneiden und sich dennoch (meist) nicht an die Gurgel zu gehen
- Patentante oder besser gesagt Godi für die eigenen Kinder werden
- kapitale Fahrradstürze ansehen und sich danach gegenseitig verarzten (wer braucht schon einen Doktor?)
- als Kinder artig Gedichte bei runden Geburtstage aufsagen und dann heimlich Geld zugesteckt bekommen von allerhand (uns unbekannten) weitschichtigen Verwandten
- schnell „gscheit schauen“ wenn Familienfotos gemacht werden, was sonst eine elend lange Prozedur wird
- unerklärliche Spiele erfinden und mit Begeisterung spielen (Stichwort: Arschtreten)
- vertrocknete Haustiere im Garten zusammen bestatten
- geheime Parties schmeißen, wenn die Eltern zum Wandern übers Wochenende weg sind
- die ältere Schwester sofort dafür verpfeifen, sobald die Eltern bei der Tür herein treten (und betrübt feststellen, dass die ganze „Spurenbeseitigung“ für die Katz war – soviel zu „geheimer Party“)
- betrunken die Aufsicht für jüngere Geschwister beim Ortsskitag übernehmen
- sich gegenseitig für derartiges Fehlverhalten NICHT verpfeifen
- immer wieder vergleichen, was die anderen tun, haben und dürfen und grundsätzlich (was auch immer) beim anderen besser finden und dafür die Eltern nerven
- im elterlichen Garten im Hochsommer ausschließlich Bikini-OBERteile tragen, denn die waren wesentlich schicker als die Bikinihosen. (Plus: stolz damit für ein Foto posieren)
- eine Vespa halbwegs intakt an die jeweils jüngere Schwester vererben und der Letzten dann das Verschrotten überlassen (Lena, da hattest du Glück, und: schad … dieses Moped könnte Geschichten erzählen!)
- von den besten Freundinnen verwechselt werden, weil die Haarfarbe grad ähnlich ist
- sich siebzehnhundert mal anhören, wie arm doch unser Papa ist mit fünf Mädels (wobei ich immer gesagt hab: das ist der glücklichste Mensch der Welt, wird jeden Morgen von sechs Frauen geküsst – darauf hin war meistens Ruh.)
- die Lieblings-Stofftiere der anderen verstecken und so tun, als wisse man nicht, wo sie sind
- durch dick und dünn miteinander gehen (und das ist hier auch wörtlich gemeint)
- zusammen (gefühlt) alle Haarfarben des Spektrums abdecken (so, auf’s Leben gesehen. Danke, Katrin – du trägst hier den Löwenanteil!)
- streiten, argumentieren, seinen Standpunkt verteidigen, nicht aufgeben, dranbleiben, sich erkämpfen, was überlebensnotwendig ist (z.B. Jausenbrote)
- heimlich Gewand oder Schuhe der Schwester ausleihen und dann am Fußballplatz damit von ihr entdeckt werden (unschöne Szenen)
- sich Spielmännchen in die Nase stecken (liebe Grüße an alle, die so mit uns Mensch-ärgere-dich-nicht gespielt haben – Hygiene wurde damals anders bewertet) und dann damit Fangen spielen oder Dick & Doof Masken drüber tragen
- gemeinsam beim Dachbodenausbau Ziegel schleppen
- dass eine Schaukel auch für 3-4 Kinder reicht
- eine kompletten Schwäche für Disney Filme entwickeln und dem dann bei der Hochzeit einer Schwester frönen
- im Pyjama Weihnachten feiern (das war wenigstens gemütlich!)
- stundenlang in Musikschulen sitzen, auf die Schwestern wartend (damit nicht so oft Taxi gefahren werden musste)
- zahllose Vortragsabende von Instrumentalklassen von den Geschwistern überleben
- gemeinsamen Familien-Wellness-Urlaub im Teenageralter als Horrortrip empfinden
- mehr Nähe aushlaten, als manchmal gesund ist
- in die selben Jungs verknallt sein und sie geschwisterlich (wenn auch zeitlich versetzt) teilen
- Dekorationskämpfe die Kinderzimmer betreffend austragen
- sich beim Rauchen vor den Eltern verstecken und sich gegenseitig decken
- der Schwester Jause ins Internat liefern um das Überleben zu sichern
- zusammen blödeln, bis man vor lauter Lachen Bauchweh hat
- mindestens 5 ICE Nummern (In Case of Emergency) im Telefon eingepeichert haben und wissen, dass man sich todsicher auf sie verlassen kann.
Katrin, Judith, Lisa und Lena – ihr seid mit die wertvollsten Menschen in meinem Leben und ich wünsche mir, dass wir dieses Band, das uns zusammen hält auf immer gut schützen und es pflegen – auch wenn man nie weiß, was das Leben bringt…
Und – hast DU auch Geschwister?
Was hast du von oder mit oder wegen deinen Geschwistern schon für’s Leben gelernt?
Ich bin schon sehr gespannt, was ihr kommentiert …
Du interessierst dich für GESCHWISTERbeziehungen?
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von Kerstin Bamminger | Apr. 23, 2020 | Allgemein, Geschwister, Leben
Heute ist hier ein Feiertag. Während ich diese Zeilen schreibe, ist es ziemlich genau 10 Jahre her, dass ich mit dem Jüngsten Kind hier nach der ambulanten Geburt daheim angekommen bin und wir seither drei wunderbare Kinder in unserer Familie zählen dürfen.
Nicht ALLER guten Dinge sind 3 – immerhin stamme ich aus einer 5-köpfigen Schwesternschar, also können aller guten Dinge auch manchmal 5 sein! – doch heute feiere ich hier mal unsere Kids und Geschwisterbeziehungen ganz generell.
(Und oh mein Gott, ich verbringe grad zuviel Zeit mit den Teenagern, verfalle schon in Jugendsprache. Nebenbei höre ich übrigens Spanisch-Unterricht via Video-Unterricht durch die Kinderzimmertür).
Als Älteste von fünf Schwestern hab ich mir auch immer mehrere Kinder gewünscht. Ich wusste zwar, dass ich eher nicht fünf möchte – dafür war mir der Tumult in meinen Jugendjahren dann doch etwas too much zuhause – doch mehr als eins sollte es, bitte, schon sein. (Als hätte man diese Entscheidung immer ganz allein in der Hand).
Mit der dementsprechenden Selbstverständlichkeit gingen wir, als es für uns passte, an das Thema Familiengründung heran und bekamen innerhalb von 6 Jahren drei wundervolle Kinder geschenkt.
Ja, geschenkt.
Wir haben uns, ja, dafür entschieden – und doch sind sie ein Geschenk, wie mir im Nachhinein jeden Tag mehr bewusst wird, wenn ich so manches Paar erlebe, das lang mit unerfülltem Kinderwunsch leben muss.
Drei. So unterschiedliche Menschen. So verschiedene Persönlichkeiten. So individuelle Talente. Aus dem gleichen Genpool entstanden, halt unterschiedlich proportioniert. Manchmal wie Hund und Katz und dann wieder wie Pech und Schwefel.
Geschwisterbeziehungen haben in meinem Leben eine große Bedeutung. Nicht nur, dass ich meine eigenen Schwestern als großen Schatz empfinde und mich das Aufwachsen in einer Großfamilie natürlich maßgeblich geprägt hat – auch die Beziehung unserer eigenen Kinder liegt mir von Beginn an am Herzen.
Ich gebe täglich mein Bestes, sie in diesen manchmal schwierigen Beziehungskonstrukten zu begleiten, was mir immer wieder gut gelingt. Manchmal versage auch ich kläglich und frage mich, warum ich es nicht besser hinbringe, obwohl ich so viel über diese Beziehungen weiß.
Und dann gibt es Momente, wo ich sie beobachte, wie sie miteinander umgehen beim gemeinsamen Spiel, wenn ich höre, wie sie noch lange vor dem Einschlafen plaudern über die lustigsten Dinge der Welt, wenn sie sich liebevolle Karten schreiben zum Geburtstag, oder zu Weihnachten, wie sie sich gegenseitig unterstützen beim Anziehen, Lernen, Frisieren, …. wie sie sich Mut zusprechen, sich trösten, wie sie stolz aufeinander sind, sich mitfreuen und mitlachen.
Und dann lehne ich mich kurz zurück und genieße.
Geschwisterbeziehungen sind anders.
Sie sind meist intensiver als die meisten anderen Beziehungen im Leben, weil wir zu so viel Nähe verdammt sind.
Sie sind meist hierarchischer, weil die Geburtsreihe eine Rangordnung vorgibt.
Sie sind meist heftiger, weil wir so unterschiedlich sind und uns doch – ob wir nun wollen oder nicht – gegenseitig aushalten dürfen und dabei einfach öfter Konflikte entstehen.
Das macht diese besonderen Beziehungen manchmal ganz schön schwierig – insbesondere, wenn die Nähe noch mehr zunimmt, in Zeiten wie diesen. Wir kennen die Stärken und Schwächen unserer Geschwister in- und auswendig, wir wissen ganz genau, wie wir sie am meisten verletzen können und diese Tatsachen machen diese Beziehung auch zerbrechlich.
Also achte ich als Mama von drei so wunderbaren Wesen genau darauf, wie sie miteinander umgehen. Ich vermeide zwar, zu sagen: „… das kannst du doch nicht sagen, ihr seid doch Geschwister!“ – und doch ist mir ein feinfühliger Umgang heilig.
Feinfühlig heißt aber: alles darf sein. Ich darf meine Geschwister lieben und hassen, ich darf sie verstehen und mich über sie empören, ich darf sie an meinem Leben teilhaben lassen und mir auch mal Privatsphäre wünschen. So lange die körperliche und seelische Integrität gewahrt bleibt und sie sich respektieren und akzeptieren, so wie sie sind. Weil das nicht nur für die Geschwisterbeziehung wichtig ist, sondern für JEDE andere zwischenmenschliche Verbindung. Also ist die Familie eins der wertvollsten Übungsfelder für Menschlichkeit, Toleranz und Wertschätzung.
Nein, hier ist nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen. Hier geht es sehr lebendig zu und sehr menschlich. Wie in jeder Familie streiten sich die Kinder mal mehr, mal weniger und sie gehen unterschiedliche Allianzen ein.
(Drum hat meine Mama immer gemeint, 3 ist eine blöde Zahl, da ist immer 1 übrig. Darum sind wir jetzt in meiner Herkunftsfamilie auch 5. Naja, das ist eine andere Geschichte und hat mit Störchen im Burgenland zu tun!)
Sie finden sich oft ganz furchtbar ätzend: wenn der Jüngste mal wieder den Stand-up-Comedian macht, die Älteste sich im Zimmer verbarrikadiert oder die Mittlere das gemeinsame Zimmer zu mädelshaft dekoriert.
Und immer wieder, ja, finden sie sich auch gegenseitig ganz toll, genießen gemeinsame Interessen wie Skifahren, haben Freude beim Musik hören oder machen und tanzen dazu oder frönen mit Popcorn diversen Walt-Disney Filmen, was wohl eine erbliche Vorbelastung mütterlicherseits ist.
Der Punkt ist: diese Beziehungen sind vielfältig, gegensätzlich und oft auch nicht zu verstehen. Es schmerzt heftig, wenn hier was dauerhaft in die Brüche geht und es gibt kaum ein schöneres Gefühl, als so einen oder mehrere Menschen als langfristige Lebensbegleiter zu haben.
Doch auch, wenn ich noch so sehr ins Schwärmen komme über meine Schwestern oder unsere eigenen Kinder, sei der wunderbare Reinhard Mey zitiert:
„Meine Frau lächelt mir zu, na überleg es dir,
vielleicht sind aller guten Dinge ja auch …. ?
Ich breche zusammen, nein es bleibt dabei:
aller guten Dinge sind drei!“
Reinhard MEY in „Aller guten Dinge sind drei!“
Schreib mir doch in die Kommentare, was Geschwister für dich bedeuten!
Ein Satz, ein Wort … was immer du magst.
Ich erlaub mir dann, die Meldungen zu verwenden für die Bewerbung meines Geschwister ONLINE Kurses, der demnächst gelauncht wird! Infos folgen…
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von Kerstin Bamminger | Apr. 17, 2020 | Allgemein, Geschwister
Die meisten Eltern wünschen sich für ihre Kinder vor allem eins: dass sie glücklich sind.
Was braucht es aber dazu, welche Kompetenzen benötigen sie und wie können wir Eltern sie – eventuell sogar in Krisenzeiten – dabei unterstützen?Darüber hab ich mir so meine Gedanken gemacht und schreibe im aktuellen Blog Beitrag, was mir dazu eingefallen ist.
Wahrscheinlich haben sich schon eine Menge Leute Gedanken gemacht, was uns zu glücklichen Menschen werden lässt. Einer davon ist jedenfalls der wunderbare Gerald Hüther, von dem ich auch ein dazu passendes Buch besitze – wo es darum geht, welche 4 Kernkompetenzen es braucht, damit Kinder zu glücklichen Erwachsenen werden.
Ich will hier kurz zusammenfassen, welche Kompetenzen gemeint sind.
VERTRAUEN – an sich selbst und an das Leben glauben
Alles, was wir im Leben tun, ist von Gefühlen begleitet – die Koppelung von Gefühlen und Erkenntnissen geschieht permanent und unbewusst und wird beeinflusst durch Beziehungen (zu den Eltern, anderen Menschen, sich selbst).
Ob wir uns als vertrauensvolle, selbstbewusste, mutige Menschen erleben, die sich selbst etwas zutrauen und vor Schwierigkeiten nicht zurückschrecken, oder uns als ängstliche, vorsichtige, misstrauische Menschen erleben, die weniger offen sind, anderen nicht trauen und sich selbst wenig zutrauen, wird so gelernt.
Das passiert zwar langsam und bleibt ein Leben lang veränderbar, doch auch jetzt ist es wichtig, dass Kinder gesagt bekommen und somit wissen:
- ich bin jemand und ich kann etwas
- es wird mir etwas zugetraut
- ich erkenne meine Selbstwirksamkeit (Dinge in Bewegung setzen, Sinnvolles produzieren, Interesse zeigen)
- ich werde geliebt und kann mich selbst wahrnehmen und lieben
- ich kann Neues ausprobieren und Mutproben wagen
- ich kann Gefühle zeigen und verkraften, halte auch Frustrationen aus
- ich kann ruhige Momente genießen
BEGEISTERUNG – die Welt entdecken
Es ist eine der wichtigsten Aufgaben, die Neugier, Experimentierfreude und Gestaltungslust, die jedem Kind angeboren sind, aufrecht zu erhalten und zu fördern. Ihr wichtigster Sensor dabei sind ihre Sinne, die Reize aufnehmen und nicht nur die Entwicklung des Gehirns sondern der gesamten Persönlichkeit fördern.
Kinder sollen und brauchen es, …
- offen auf die Welt zugehen zu können (Vorurteile überdenken, Ideen besprechen, diskutieren…)
- neugierig experimentieren zu können (Lernlust aufrecht halten, Neues ausprobieren,…)
- dass sich jemand ehrlich für sie begeistert (Interesse & Verständnis für sie aufbringen, sich mitfreuen…)
AKTIVITÄT – das Leben in die Hand nehmen
Selbstbestimmt das eigene Leben anzupacken, Herausforderungen annehmen und das Leben kreativ meistern statt als unmündige, abhängige und bequeme Konsumjunkies zu enden, das war schon vor der Krise ein Thema.
Was es allerdings speziell braucht, damit wir in dieses Gefühl kommen, Pilotin oder Pilot unseres Lebens zu sein:
- Lust am Gestalten (wo gestalte ich meinen Alltag/ die Welt mit, was ist mein Beitrag? …)
- Kreativität und Ideenreichtum (besonders, wenn Probleme gelöst werden,…)
- Denkgewohnheiten in Frage stellen (immer wieder nach dem Sinn der Sache zu fragen!!!!!)
- Fehler sind zum Lernen da (bitte kein übermäßiges Verwöhnen, keinen Mangel an Möglichkeiten, zu viele Vorschriften, Lohn und Strafe, zu hohe Erwartungen, Angst und Unsicherheit. Wenn etwas schief geht sagen „Ah, da lernst du gerade was dazu.“ „Beim nächsten Mal schaffst du es schon besser!“ „Was kannst du tun, damit dir das nicht mehr passiert?“
VERANTWORTUNG
Nur, wer sich auf Mitmenschen einlässt, kann intensive Gefühle und Glück erleben. Viel mehr als uns bewusst ist, brauchen wir soziale Erlebnisse, sogar unser Hirn ist ein soziales Organ! Verantwortung zu übernehmen und auch übernehmen zu dürfen, ist die Voraussetzung dafür, dass das Zusammenleben klappt. Und das Aufteilen von Verantwortung ist in vielen Familien ein Dauerbrenner (wer räumt den Müll weg, wer kocht, wer geht einkaufen, wer organisiert den Tag, wer füttert die Katze?). Dennoch ist das Einbinden von Anfang an wichtig, weil damit Orientierung und Sinngebung für das eigene Leben gegeben wird. Kinder wollen wichtig sein und ihren Beitrag leisten, zum Beispiel:
- Haushaltsaufgaben aller Art – altersgerecht portioniert vergeben
- Verantwortung für Tiere (füttern, ausführen, pflegen,….) übernehmen
- Alltagsstruktur mit gestalten (Wann wollen wir was machen? Was zusammen, was getrennt?)
- Arbeit (bei Schulkindern): welche Aufgaben hab ich – wie teile ich sie mir ein?
- Persönlichkeit (Was hilft mir, wenn ich frustriert, traurig, wütend bin? Wo hole ich mir Hilfe, wenn ich welche brauche?)
Ehrlich gesagt, fällt es mir schwer, diese Zeilen zu schreiben, weil es Kindern gerade in allen vier Bereichen schwer gemacht wird, ihr Glück in die Hand zu nehmen. Und somit uns Eltern gleich dazu.
Wir als Familien sind und waren schon immer hauptverantwortlich und haben auch großen Einfluss auf das Wohlbefinden und das Glück unserer Kinder. Eltern geben in den meisten Fällen ihr Bestes, gehen oft weit über ihre eigenen Belastbarkeitsgrenzen hinaus, machen das Unmögliche möglich. Aber: ALLES können wir nicht. Zumindest nicht allein.
Unterstützung vom Staat? Ich weiß nicht, ob ich so lange warten kann.
Da werde ich wohl vorher selbst wieder Verantwortung übernehmen und für Lösungen sorgen, damit wir weiter gut durch diese Krise kommen.
Tut mir Leid. Heute kein motivierendes Ende. Wenn Bogenschießen, Golfplätze und Baumärkte wichtiger sind als das Sozialleben unserer Kinder, kann ich keinen Optimismus versprühen.
Inzwischen hoffe ich auf eine angeregte, offene und sinnstiftende Diskussion über die weiteren Lockerungsmaßnahmen.
von Kerstin Bamminger | Apr. 10, 2020 | Allgemein, Leben
Wir leben in außergewöhnlichen Zeiten?
Noch nie war unser Leben so wie jetzt?
Die Krise ist einfach nur fürchterlich und soll möglichst schnell vorbeigehen?
Ja und nein. Warum ich finde, dass in vielen Bereichen alles wie immer ist und wie uns das in eine positive Zukunft leiten kann, gibt’s hier und heute zu lesen.
Nun leben wir bereits seit einem Monat in einer so genannten Ausnahmesituation. Wir erleben Einschränkungen, die jeden und jede von uns im täglichen Leben in irgendeinem Bereich betreffen und unseren Alltag scheinbar komplett auf den Kopf stellen.
Nachdem ich mich selbst oft auf den Kopf stelle (Kopfstand oder andere Umkehrhaltungen…) ist’s passiert. Ich hab bemerkt, dass Vieles gar nicht so sehr anders ist, als vor vier Wochen.
Zum Beispiel beim Thema….
… SCHULE:
Ja, die Schulen sind zugesperrt und der Unterricht wurde ins Wohnzimmer beordert, digitalisiert und an uns Familien ausgelagert, verbunden mit viel Druck.
Und doch ist es so, dass da vorher schon Druck war, und dass es meiner Beobachtung nach jetzt so ähnlich ist wie vorher. Die Lehrpersonen, denen die Schüler*innen am Herzen liegen, schaffen es auch jetzt, sie zu motivieren und die machen auch jetzt gute Arbeit. Die, die vorher schon mangelhaft waren, bringen auch jetzt keine empathische Zeile in einen Elternbrief oder einen Funken Verständnis für die Kinder auf (von uns Eltern gar nicht zu reden) und sorgen sich lediglich um die Abarbeitung von Lehrplänen, als wäre das WIE im Umgang miteinander irrelevant. Das System ist veraltet und braucht dringend Veränderung, Innovation und Pädagog*innen mit ganz viel Herz und Hirn, die meine Hoffnung für das System am Leben erhalten.
Also: Alles wie immer, eigentlich.
… MOBILITÄT:
Ja, die Reisefreiheit ist derzeit nicht gegeben und wir sollen unseren Aktionsradius möglichst klein halten – unnötige Fahrten vermeiden. Und ja, das ist auch traurig – denn vom „Welt anschauen“ bekommt man auch eine andere „Weltanschauung“, was wichtig ist für einen weiten Horizont.
Und doch ist es so, dass es vorher schon ungesund war, in welchem Ausmaß wir die Welt beflogen haben, für zweistündige Meetings vier Stunden im Flieger zu sitzen oder dass wir wegen jeder Kleinigkeit ins Auto einsteigen und CO2 in die Luft blasen. Es geht auch mit viel weniger, wie wir uns gerade selbst beweisen und das war auch schon vorher so.
Also: Alles wie immer, eigentlich.
… KONSUM:
Ja, die meisten Geschäfte sind zu, die großen Einkaufstempel leer und seit Wochen kaufen wir fast ausschließlich das, was wir tatsächlich zum Überleben in der westlichen Zivilisation brauchen und reduzieren uns somit drastisch.
Und doch ist es so, dass es vorher sowieso „too much“ war, dass wir sowieso reflektieren dürfen, was wirklich notwendig ist und vor allem: woher unsere Güter kommen. Dass Regionalität und vor allem Saisonalität bei Lebensmitteln wichtig sind, dass wir lokale Geschäfte dem Online Handel vorziehen sollten und dass wir auch mit viel, viel weniger überleben. (!)
Also: Alles wie immer, eigentlich.
… GESUNDHEIT:
Ja, ein weitgehend unbekanntes Virus bedroht die Gesundheit vieler Menschen und gefährdet die ohnehin Geschwächten in einem zunehmend überlasteten Gesundheitssystem.
Und doch ist es so, dass Gesundheit mehr ist, als die Abwesenheit von speziellen Krankheiten und Erregern. Gesundheit ist auch nicht nur körperlich, sondern umfasst den Menschen als Ganzes mit Körper, Geist und Seele. Und es war auch schon immer so, dass wir selbst Verantwortung für unsere Gesundheit übernehmen dürfen, auf uns selbst achten und bewusste Entscheidungen treffen sollten, anstatt die Macht darüber komplett und widerspruchslos in die Hand von Tabletten, Spritzen, Götter in Weiß oder Pharmakonzerne abzugeben. Gesundheit ist und war immer schon mehr als ein Wert, der sich in eine Tabelle einordnen lässt und vor allem: kostbar. Das wird uns halt derzeit wieder deutlich bewusst.
Also: Alles wie immer. Eigentlich.
… BEZIEHUNGEN:
Ja, wir dürfen derzeit viele unserer „Lieben“ nicht treffen, umarmen oder mit ihnen feiern. Digitale Kanäle werden genützt für virtuelle Stammtische, Mädelsabende, Yogaeinheiten oder Fitnesstrainings, Musikunterricht oder zum Singen als Chor – vor einigen Wochen teilweise noch unvorstellbar.
Und doch ist es so, dass es vorher schon diese Möglichkeiten gab und wir sie in vielen Bereichen nicht verwendet haben, weil eins jetzt so richtig klar wird: menschliche Begegnung, Echtzeit-Reaktion ohne Bildschirm dazwischen und körperliche Nähe können NIEMALS auf Dauer durch Videochats, Telefonanrufe oder Live-Streams ersetzt werden.
Kein Mädelsabend, kein Musikunterricht, kein Training und auch keine Yogastunde, mag sie auch noch so gut angeleitet sein. Wir merken gerade den haushohen Unterschied in der Qualität der Begegnung im echten Leben zur digitalen Version, auch wenn wir vielleicht froh sind, zumindest DAS momentan zu haben.
Also: Alles wie immer. Eigentlich.
… VERSTAND:
Ja, irgendwie wird uns das Denken und Entscheidungen treffen scheinbar kollektiv abgenommen, weil uns verkündet wird, wie wir uns wo und wie lange zu verhalten haben, was uns erlaubt ist, und was nicht.
Und doch ist es so, dass es jetzt, genau so wie vorher, wichtig ist, seinen Verstand weiterhin zu benützen, genau hinzuschauen und mit zu denken. Steckt vielleicht mehr hinter dem, was wir auf dem Tablett und offensichtlich serviert bekommen? Welche Situationen werden hier gesellschaftlich oder politisch wofür verwendet? Wie verhalten wir Menschen uns als Masse? Welche Dinge werden in den Medien kommuniziert und welche eventuell vermieden? Wie läuft die Kommunikation ab und welche Wörter fallen (häufig)? Es ist und war immer schon gut, einen Blick hinter das Offensichtliche zu wagen, eine eigene Meinung zu bilden, menschlich und mit Hausverstand zu handeln und auch nicht in kritischen Situationen zum Objekt degradieren zu lassen, sondern Subjekt zu bleiben. Und den Verstand zu benützen, wenn vorhanden.
Also: Alles wie immer, eigentlich.
… FAMILIE:
Ja, für Familien ist das derzeit ein Ausnahmezustand. (Also: gerade nicht sooo sehr, sind ja Osterferien ;-). ) Gesellschaftliche Erwartungen werden an die Familien gestellt, sie sollen umsetzen, erfüllen, funktionieren.
Keiner fragt, ob und wie das gehen kann. Sie setzen uns in den Kelomat.
Und doch ist es so, dass das ja vorher schon so war. Die Spielregeln wurden nur geändert.
Vorher hieß es: die Kinder müssen früh in Betreuung oder Schule, das ist gut und wichtig für sie.
Jetzt heißt es: macht das zuhause, aber bitte gut, denn: das ist wichtig für sie. Und wenn man es nicht „schafft“, ist es keine „Schande“, die Kinder tageweise auch zurück in die Betreuung zu bringen. (Überlegt euch mal die Wortwahl!! Wer fühlt sich gut, da die Kinder abzugeben, lieber Kommunikationsprofi??)
Jedenfalls mussten wir vorher schon umsetzen, erfüllen, funktionieren. Und vorher schon war es wichtig, den Raum „Familie“ zu schützen. Vor falschen und klischeehaften, idealisierten und unrealistischen Bildern, die da an uns herangetragen werden, vor überhöhten Vorstellungen von Außen, wie Erwerbsarbeit, Carearbeit und Haushalt unter einen Hut zu bringen sind.
Familie, das wird uns gerade wieder sehr bewusst, ist ein kostbarer Raum. Der intensive Pflege und Auseinandersetzung braucht, wo Gefühle und Bedürfnisse gelebt, aufgefangen und bearbeitet werden.
Unsere Insel, unser Fels in der Brandung. Was vorher schwierig war, ist es jetzt eventuell noch mehr. Und was gut und bereichernd war, ist es jetzt definitiv auch. Zumindest hier.
FAMILIE ist ein schützenswerter Raum, ein sensibles Gefüge, das leicht ins Wanken kommen kann.
Ein System, das uns beeinflusst und trägt, und eigene Dynamiken entwickelt und hoffentlich die Sicherheit bietet, die wir brauchen und die unsere Kinder brauchen.
In ruhigen und in krisenhaften Zeiten.
Also: ALLES wie IMMER.
von Kerstin Bamminger | Apr. 2, 2020 | Allgemein, Gute Worte, Hilfreich, Leben, Selbstfürsorge
Noch vor einigen Wochen:
„Hach, so viele Termine. Es ist einfach so stressig. Das ganze Arbeiten und Kinder nebenbei haben find ich schon super anstrengend. Uns bleibt kaum Zeit zum Durchatmen. Ein bisschen Zeit einfach mit der Familie wäre fein. Daheim bleibt einfach alles liegen, momentan komm ich zu gar nix! Das Lebenstempo ist einfach zu hoch, das hält man ja nicht aus ….!“
Jetzt, bei Vielen:
„Oh Mann, das viele daheim herumsitzen macht mich ganz wahnsinnig. Ich bräuchte wieder etwas Abwechslung, hier ist es einfach zu langweilig! Du hast es schön, du kannst zur Arbeit gehen! Was soll ich bloß die ganze Zeit tun? Die Kinder nerven schon die ganze Zeit, weil wir einfach zu viel hier gemeinsam rum hängen. Was würde ich geben, für ein paar ruhige Stunden im Büro. Diese Einöde die ganze Zeit, das hält man ja nicht aus ….!“
Hmmm. Kommt dir bekannt vor? Also manche dieser Sätze habe ich tatsächlich so gehört und andere stammen aus meinem eigenen Kopf. Wir sind schon lustige Wesen, nicht?! Warum neigen wir derartig dazu, unzufrieden zu sein mit dem, was wir haben? Sind wir wirklich so undankbar und können einfach nicht schätzen, was uns gegeben wird?
Warum ist das Gras immer woanders grüner?
Darüber hab ich mir in den letzten Tagen so meine Gedanken gemacht und versucht, Antworten zu finden. Weil die derzeitige Ausnahmesituation uns einige Dinge sehr genau vor Augen führt:
Nämlich: dass es erstens auf unsere Haltung ankommt. Und dass wir zweitens Unzufriedenheit und Stolpersteine brauchen, um uns zu entwickeln und weiter wachsen zu können.
Was meine ich mit Haltung? Mehr denn je wird uns gerade bewusst, dass wir uns oft unser „altes“ Leben zurück wünschen. Ich für meinen Teil würd liebend gern wieder meine erweiterte Familie in den Arm nehmen können, könnte wieder meiner geliebten Arbeit in der Ehevorbereitung oder bei Vorträgen, Workshops und Beratungen nachgehen, wir hätten noch Skifahren gehen können und jetzt das herrliche Wetter für Wanderungen nützen, ich könnte wieder die Montagsyoga-Routine genießen oder einen Mädelsabend verbringen.
Doch alle diese Dinge sind jetzt untersagt und machen etwas mit uns.
Wir werden trotzig und traurig, weil wir dies und jenes nicht „dürfen“.
Die erste Antwort, die ich also gefunden hab, lautet: sei dankbar für „dein grünes Gras“ und schätze, was dir im Moment gegeben ist. Denn das ist das Einzige, was dich glücklich machen kann.
Wirklich glücklich und auf Dauer.
Jetzt ist die Gelegenheit, Zeit mit der Familie zu verbringen.
Jetzt ist die Gelegenheit, durchzuatmen.
Jetzt ist die Gelegenheit, lange Aufgeschobenes zu erledigen.
Jetzt ist die Gelegenheit, sich auszuruhen.
Jetzt ist die Gelegenheit, es langsamer anzugehen.
Natürlich kann man nun sagen: ja, es würd schon so passen, wenn diese Einschränkungen nicht wären, wenn wir unsere Familien weiter einladen könnten und nicht so ein schmales Freizeitprogramm zur Auswahl hätten.
Ich sag jetzt mal frech: auch wenn es noch so angenehm wäre und alle zeitweiligen Begrenzungen aufgehoben wären – es würd uns bald wieder etwas nicht „passen“ und den inneren Nörgler auf den Plan rufen. Also gibt es vermutlich noch eine zweite Antwort auf die Frage, warum das Gras woanders immer grüner ist.
Wir sind nämlich nicht dazu geboren, um still zu stehen. Wir Menschen sind geboren, um zu wachsen, uns zu entwickeln und dazu zu lernen. Wenn die Dinge im Umfeld immer glatt laufen würden und wir nie eine Form der Unzufriedenheit spüren könnten, welchen Ansporn hätten wir, uns zu verändern und daran zu reifen?
Frei nach dem Motto: „Never change a running system!“
Also tun uns Veränderungen wohl doch gut, auch wenn sie sich noch so unangenehm anspüren.
Sie wecken die innere Gestalterin in uns, die sagt:
„Das bekommen wir hin!
Wir finden eine Lösung!
So könnten wir das erledigen!
Ich hab da eine Idee!
Lass uns was Neues ausprobieren!“
Manche dieser guten, neuen Ideen sind bereits jetzt, nach weniger als drei Wochen sichtbar geworden und manche werden sich womöglich erst später zeigen. Was immer wir auch als Einzelpersonen oder als Gesellschaft in dieser Phase lernen: wir werden definitiv nach dieser Krise ANDERS sein, weil wir einscheidende Veränderungen erleben.
Nicht alle Erlebnisse werden positiv sein, soviel steht fest. Es wird kranke und leidende Menschen geben. Es werden Tote zu beklagen sein. Es könnten Menschen traumatisiert zurückbleiben oder jedenfalls völlig ausgebrannt. Das ist womöglich unausweichlich.
Opfern wir also nicht diese wertvollen Leben ohne daraus etwas Gutes zu machen.
Es liegt an uns. Wir sind hier. Wir sind lebendig. Wir haben es in der Hand, die Dinge, die schon lange oder erst seit Kurzem schief gelaufen sind, zu verändern. Wir sind diejenigen, die die Zukunft in eine gute Richtung drehen können. Jeder und jede Einzelne von uns.
Also: nütze deinen Tag. Entweder um ehrlich dankbar zu sein, für was du hast.
Oder um eine vielleicht notwendige Veränderung auf den Weg zu bringen.
Und dazwischen: bleibt gesund! Haltet Abstand! Aber bitte nicht „soziale Distanz“, sondern „körperliche“!! 😉
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