Koffer für’s Leben

Koffer für’s Leben

Jeden Tag reisen unsere Jugendlichen dem Erwachsenensein ein Stück näher. Wann genau ist eigentlich der Übertritt? Es gibt natürlich nicht den EINEN Tag, das EINE Ereignis, den EINEN Zeitpunkt, wann es soweit ist. Es ist viel mehr ein Prozess, eine Reise … auf die wir sie in Wahrheit jahrelang vorbereiten und begleiten versuchen.

In anderen Kulturen gibt es feste Rituale, die den Kids eindeutig zeigen: „Nun gehörst du dazu, du bist jetzt erwachsen!“ Das fehlt in dieser Eindeutigkeit in der westlichen Welt. Es ist trotzdem schön und gut sich selbst einen guten Zeitpunkt zu suchen, wo man das quasi feiert. Bei uns war das am Wochenende anlässlich der Firmung (im christlichen Glauben ja das „Erwachsen-werden“) unserer Tochter.

Wir haben ihr einen „Koffer für’s Leben“ gepackt mit 15 Kleinigkeiten, die symbolisch für Dinge, Eigenschaften, Werte stehen, die wir wichtig finden. Und ihr (weiterhin) mitgeben möchten.

Die Überreichung war ein emotionaler Akt, bei dem nicht nur die unglaubliche Liebe spürbar war, die diese Beziehung trägt. Wir durften auch die Dankbarkeit zeigen, die wir empfinden für das Glück der Elternschaft.

Was wir ihr mitgegeben haben, darf ich mit dir teilen in diesem Blogbeitrag.

#kofferfürsleben #erwachsenwerden #loslassen #wurzelnundflügel #geduld #kritischergeist #lernbereitschaft #orientierung #fokus #openheart #openmind #feiern #liebeimfluss #love #flow #geborgenwachsen #bindungsorientiert #elternschaft 

  1. GEDULDSFADEN (Faden)
  2. KRITISCHEN GEIST (Duden)
  3. LERNBEREITSCHAFT (Nüsse)
  4. GLAUBEN AN WUNDER (Spritzkerzen)
  5. DIE SINNE BENÜTZEN (Duftlicht)
  6. DAS LEBEN FEIERN (Prosecco)
  7. AUSDAUER (Batterien)
  8. LIEBE IM ÜBERFLUSS (Magazin „flow“)
  9. NICHT ALLES ERNST NEHMEN (Party-Plopper)
  10. ORIENTIERUNG (Kamm)
  11. SICH SELBST FINDEN (Spiegel)
  12. FOKUS (Post-it gegen das Verzetteln)
  13. DIE RICHTIGEN WORTE (Buchstabensuppe)
  14. DICH GETRAGEN WISSEN (Tragetasche)
  15. OFFENES HERZ / OFFENER HORIZONT (Reisepasshülle)

GEDULDSFADEN.

Dass du geduldig sein kannst, wissen wir. Es werden auch Momente kommen, wo dir die Geduld fehlt, wenn sie dir abhanden kommt und wo du merkst: mir reißt bald der Faden. Egal ob es sich dabei um eine Situation mit dir selbst handelt, oder mit jemand anderem in deinem Leben: 
Wir wünschen dir einen langen Geduldsfaden.

KRITISCHER GEIST.

Diese Welt ist vielfältig, es existieren zu jedem Thema unzählige Meinungen, jede Person versucht sich die eigene Welt so zu erklären, dass es für sie/ihn angenehm und gut ist. Es möge dir gelingen, immer (wieder) kritisch zu hinterfragen, zu überprüfen, was hinter den Worten steht, wieviel Wahrheit in Aussagen steckt und vor allem, dich beim Denken auch aus deiner „Komfort-Zone“ heraus zu bewegen, viel zu fragen und manchmal unangenehmen Tatsachen ins Gesicht zu schauen.

LERNBEREITSCHAFT.

„Ich weiß, dass ich nichts weiß!“ ist ein berühmter philosophischer Satz von Sokrates, der ja schon 500 v.Chr. gelebt hat. Der Mensch weiß inzwischen viel mehr und doch ist es noch immer „NICHTS“ im Vergleich zu dem, was es zu wissen gibt. Du brauchst und sollst nicht alles wissen – weil es sowieso nicht geht.
Wir wünschen dir aber, dass du immer neugierig bleibst, dein Gehirn fütterst mit Wissen, dass du lernen als Geschenk annehmen kannst und immer wieder (große) Freude daran hast.

GLAUBE AN WUNDER.

„Alle sagten, das geht nicht. Da kam eine, die wusste das nicht und hat’s einfach gemacht.“ Wenn wir an Wunder glauben, werden Wunder geschehen. Deine größte Kraft ist deine Liebe, dein Geist, deine Hoffnung, deine Zuversicht. Egal was andere sagen: DENK immer daran: ALLES, was du dir wünscht, kann für dich möglich sein!

SINNE BENÜTZEN

Wir leben in einer sehr reizüberfluteten Welt und das wird zunehmend ärger. Wie unser Essen schmeckt, wir sich unser Körper anfühlt, welche Geräusche wir hören, alle bildlichen Eindrücke und welcher Duft in der Luft liegt … all das nehmen wir oft nur mehr am Rande wahr. Wir wünschen dir, dass du deine Sinne nützt um das Leben besser genießen zu können und auch, um im Hier und JETZT anzukommen. Und wenn dir mal das Leben stinkt, haben wir auch eine Idee.

DAS LEBEN FEIERN.

„Feiern“ ist derzeit ein häufig verwendetes Wort in der Jugendsprache. Und ein wesentliches Element, das den Alltag unterbricht, ein Ereignis hervorhebt, eine Leistung würdigt, in dem man Freude teilt und sich am eigenen Leben erfreut. Dadurch zeigt man auch, dass man dankbar ist für sein eigenes Leben und das ist auch sehr christlich – nicht umsonst ist auch der heutige Tag ein Fest.

AUSDAUER.

Oft werden wir als „Wegwerfgesellschaft“ bezeichnet, als schnelllebig mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne. Auch die Vielfältigkeit der Aufgaben, die zu tun sind – oder, die wir tun möchten, zehrt oft an unseren Energien, schafft uns, laugt uns aus, wir laufen im roten Bereich – Stromsparmodus, da geht nicht mehr viel. 
Dass du immer wieder deine Batterien aufladen kannst – und vor allem: dass du lernst, WAS deine Batterien wieder auflädt, das wünschen wir dir von Herzen.

LIEBE IM ÜBERFLUSS.

Ohne Liebe ist alles Nichts. Dein Leben ist und war schon immer voller Liebe, allem voran der Liebe in der Familie. Du wirst hinausgehen in die Welt und deine eigenen Erfahrungen mit der Liebe machen. Wie singt Sarah Connor in „Vincent“: “ … ich kann nicht mehr denken, ich glaub ich hab Fieber, was wenn mein Herz zerbricht?“ Liebe braucht vor allem zwei Dinge: erstens, die Erfahrung bereits geliebt zu sein – bedingungslos, genau so wie man ist. Und zweitens: MUT, das eigene Herz zu öffnen, Liebe in die Welt zu lassen, sich darauf einzulassen um diese große Kraft Pilotin in deinem Leben sein lassen zu können. Dass du den FLOW von Geben und Nehmen spüren kannst, das wünschen wir dir.

NICHT ALLES ERNST NEHMEN.

In einer Leistungsgesellschaft – und du bist ja schon mittendrin – wird vor lauter Anforderungen oft der Druck groß. Eine bessere Note, Ideale wie Körper aussehen sollen, Klischeebilder über weibliche und männliche Attribute, Vorgaben von Lehrerinnen oder Vorgesetzten, gesellschaftliche Etikette. All das kann einem manchmal ganz schön den Spaß verderben und dann ist es wichtig, an eines zu denken: das Leben soll auch Spaß machen, denn zu Tode gefürchtet ist auch gestorben. Also: wenn dich die Ernsthaftigkeit mal nervt, streu Konfetti!

ORIENTIERUNG.

Die Welt ist groß und gleichzeitig kleiner geworden. In allen Möglichen Bereichen gibt es unzählige Wege, wie man ans Ziel kommt. Sich umschauen, die Welt wahrnehmen – dann dich selbst darin wahrnehmen – und danach Entscheidungen treffen, möglichst frei von kurzfristigen Trends, von medialem Einfluss – geprägt von deinem inneren Weg, den DU mit DEINEN Talenten und Fähigkeiten gut gehen kannst und möchtest. 
Und wenn du auch mal ganz durcheinander bist und nicht mehr weißt woher und wohin, nimm dir Zeit, sei achtsam und entwirre die Verknotungen langsam.

SICH SELBST FINDEN.

Dazu muss man sich erst mal selbst suchen, denn das Finden ist etwas, was ein ganzes Leben andauern kann und darf. Wir wünschen dir, dass du mit dir selbst geduldig bist, neugierig darauf, was (noch alles) in dir steckt und dass du dich selbst gut in den Spiegel schauen kannst. Dass du darin eine Person siehst, die dir gefällt – innen und außen. Dass du dich gut findest, wie du eben bist. Und da werden auch mal Dinge sein, die dir weniger gut gefallen. Bleib dir treu, sei authentisch mit deinen Meinungen, Gefühlen und Bedürfnissen und schau gut auf dich selbst. Du bist der wichtigste Mensch in deinem Leben.

FOKUS.

Ein Ziel haben. Oder mehrere. Das ist für viele Menschen der Grund für ein freudvolles Dasein. Wissen, was man kann (und was vielleicht eher nicht) – einen guten Plan haben. Mit allen Ablenkungen, die so auf unserem Lebensweg und vor allem im Alltag liegen und bereit stehen, verlieren wir oft die Konzentration. Da noch ein Snap, hier noch eine WhatsApp, schnell Insta checken und ein bisschen YouTuben … so unterhaltsam und manchmal auch interessant die Einflüsse – besonders der digitalen Welt – auch sind: es nimmt uns oft den Fokus für die Dinge, die uns tatsächlich wichtig sind. Gegen das Verzetteln und für das Hervorheben des Wichtigen haben wir was für dich.

DIE RICHTIGEN WORTE.

Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte. 
Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen. 
Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten. 
Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter. 
Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal. (Talmud)

Deine Gedanken kann man nicht sehen, aber so wie sie eine große Kraft haben, haben es auch deine Worte. Sie bleiben nur Hüllen, wenn deine Handlungen nicht dazu passen. Dein Gesagtes sagt oft mehr über dich aus, als über das worüber du sprichst. Sprache ist mächtig und ein Werkzeug, dass du jetzt schon gut bedienen kannst. Wir sind felsenfest überzeugt und wünschen dir diese Gewissheit auch: dass du immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort bist, das Richtige sagst und das Richtige tust. Und alles wird gut.

DICH GETRAGEN WISSEN.

Manchmal mutet einem das Leben ganz schön viel zu. Das fängt an bei heftigen Schularbeiten- und Testwellen, bei zugepflasterten Terminkalendern, bei hohen Anforderungen, denen man gerecht werden mag, bis hin dazu, dass man wirklich schwere Dinge erlebt. Der Tod eines Menschen, eine Krankheit, ein Unfall, ein Schicksalsschlag. 
Mögest du in deinem Leben – durch uns Eltern, deine wunderbare Patin, die Familie oder andere Personen – stets das Gefühl haben getragen zu sein. Vor allem aber trägt dich der gütige Gott, der dir Vater und Mutter ist und auf den du dich verlassen darfst. Und der dir sagt: DO NOT worry.

OFFENES HERZ / OFFENER HORIZONT.

Jeder von uns lebt über weite Strecken in seiner „Blase“ – wir sehen dasselbe, hören von denselben Leuten, lesen ähnliche Inhalte oder Bücher, bewegen uns in einem kleinen Radius.
In Zeiten, wo öffentlich Angst und Unsicherheit geschürt wird gegenüber Fremdem und Neuem, dem „Anderen“ – ist es wichtig, über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen. Längere Tische zu bauen. Den Horizont zu weiten. Und Herzen zu öffnen.
So kann auch das GUTE zu dir kommen, du wirst MUTIG und machst ERFAHRUNGEN (postive und negative), kannst DEMUT lernen und manchmal verschieben sich auch PRIORITÄTEN, sodass man sich neu ausrichten kann, sich wieder ZIELE setzt und freudvoll und gelassen und vor allem voll Zuversicht den eigenen WEG gehen kann.

Wo auch immer du hingehst, was auch immer du tust. 
Hier sind wir und bleiben deine offene Tür und sind unglaublich dankbar und stolz, DICH als unsere Tochter bekommen zu haben.

Als wir fertig waren mit „packen“ kamen noch so viele andere gute Ideen, was noch da rein passen könnte. Wir haben ja noch zwei Kids, denen wir auch ihre Koffer packen werden, da ist dann noch Luft für neue Ideen.

Ich bin aber neugierig: WAS fällt dir noch dazu ein?

Mein Traum von Schule.

Mein Traum von Schule.

17. Das ist die Anzahl der Jahre, in denen ich unsere drei Kinder durch die Schulpflicht begleite.
Die dazugehörigen Erfahrungen machen mich immer wieder nachdenklich. 

In diesen Tagen starten wir in ein weiteres Semester Schulpflicht im Regelschulsystem, die Ferien sind vorbei, es rollt die nächste Schularbeitenwelle an, kiloschwere Schultaschen werden auf manchmal zu zierlichen Rücken geschleppt, es wird stillgesessen und es werden Gehirne gestopft, um daheim am Nachmittag noch mehr von demselben zu tun. Die Realität holt uns ein, da fange ich an zu träumen …

… von einer Schule, auf die man sich in den Ferien schon freut, nicht nur, weil man dort die Freunde wieder trifft und Zeit mit ihnen verbringt, sondern weil man dort als wertvolles Individuum gesehen wird, vor allem mit Stärken, Talenten und Ressourcen statt mit Fehlern, Mängeln und Schwächen. 

… von einer Schule, wo Kinder selbstmotiviert lernen, bei ihren Bedürfnissen und Interessen abgeholt werden und dort gefördert, wo sie stehen. Wo Pädagoginnen nicht stupide einem teilweise sinnentleerten Lehrplan folgen und Themen nicht nur über Klassen sondern ganze Schulstufen drüber stülpen oder besser gesagt hineinstopfen, sondern neue Wege gehen (die eigentlich eh nicht mehr ganz so neu sind): offene Lernformen, offene Klassenzimmer, Zusammenarbeit fördern, Tutorsysteme etablieren, eine freundliche, unterstützende Lernkultur basierend auf der Überzeugung, dass jedes Kind talentiert ist und lernwillig – wenn es sich selbstbestimmt dem Lernfortschritt widmen darf. Ganz nach Modellen alternativer Pädagogik oder „Schule im Aufbruch“ von der genialen Margret Rasfeld, einer Vordenkerin zum Thema wie Lernen (auch) gehen kann. 

… von einer Schule, in der erkannt wird, dass Beziehung vor Bildung kommt. Wo LehrerInnen sich für ihre Schüler interessieren, einander menschlich auf Augenhöhe begegnen statt von oben herab, die Pädagogen sich als Begleiter zur Bildung sehen, die den Überblick behalten und Kinder motivierend anleiten, statt wie Zitronen ausquetschen und das Beste in den jungen Leuten hervorbringen wollen, statt ihnen das Fürchten zu lehren vor der ewig gestrigen (Ziffern-)Beurteilung. 

… von einer Schule, in der willige Eltern auch tatsächlich mitreden dürfen, sich einbringen und ihre jeweilige Fachkompetenz zur Verfügung stellen können, statt mit fünf- bis fünfzehnminütigen Zeitfenstern an Elternsprechtagen oder KEL-Gesprächen mit einer Aufklärung über den Zustand des eigenen Kindes abgefertigt werden. Wo es möglich ist, auch mal Kritik zu üben, ohne dass es dann den Kindern auf den Kopf fällt, und man selbst abgestempelt wird als unangenehme Querulantin, der scheinbar sowieso nichts recht gemacht werden kann. Ein wenig mehr Demut und die Einsicht, dass LehrerInnen tagtäglich mit dem Wertvollsten, das wir haben arbeiten, umgehen und es (mit-)formen – ganz besonders den Zugang und die Einstellung zum Thema (Aus-)Bildung. Und dass man sich nicht so hoffnungslos ausgeliefert fühlt, weil man als winziges Rädchen in dem großen System nur wenig und langsam bewegen kann.

… von einem Schulsystem, in dem Pädagoginnen auch gekündigt werden können. Und zwar nicht erst, wenn sie sich richtig heftig was zu Schulden kommen haben lassen, sondern schon vorher. Wenn offensichtliche Kompetenzmängel vorliegen, immer wieder disziplinäre und organisatorische Fehler passieren, wenn eindeutig instabile Persönlichkeiten mit der Leitung von Klassen überfordert sind, Selbständigkeitserziehung nicht von „im-Stich-lassen-mit einer-Aufgabe“ auseinander gehalten werden kann, Kinder sich so ängstigen, dass sie beginnen wieder einzunässen (in der Volksschule!) und im harmlosesten Fall schlicht und einfach vollkommen die Lust verlieren, zur Schule zu gehen.

… von einer Schule in der das echte Leben Platz haben darf, oder die mal ins echte Leben hinaus zieht. Wo man von Blumenwiesen auf der Blumenwiese lernt und beim Malen auch mal kreativ sein darf, wo man lernt wie man sich Wissen holt, richtige von falschen Informationen unterscheidet und nicht alles auf platten A4 Zetteln in schwarz weiß abgedruckt zum Bearbeiten bekommt. 

Zugegeben: es gibt sie schon, diese Schulen. Es gibt sie auch, die geträumten LehrerInnen. Die, die voller Leidenschaft sind für ihren Beruf und dazu auch noch kompetent, offen, mutig, veränderungsbereit, flexibel und voller Ideen. Wir brauchen aber noch mehr von der Sorte. Genau gesagt, sollte JEDES Kind die Möglichkeit haben, so eine Schule zu erleben und nicht nur diejenigen, die vielleicht glücklicherweise in ihrem Wohnort eine fortschrittliche Schule haben oder hohen (finanziellen) Aufwand betreiben um ihr Kind in einer freien oder alternativen Schule die Schulpflicht absolvieren zu lassen. 

Margret Rasfeld bestätigt, dass die Gesetze den nötigen Spielraum bieten. Jede Regelschule kann sofort umstellen auf offene Unterrichtsformen, selbstorganisiertes Lernen, Selbstverantwortung statt Pflichterfüllung, Lob und Vertrauen und die Erhaltung und Förderung der Begeisterung und Kreativität von SchülerInnen.


„Nur eine Lektion hat sich in den Jahr‘n herausgesiebt, die eine nur aus dem Haufen Ballast: Wie gut es tut, zu wissen, dass dir jemand Zuflucht gibt. Ganz gleich, was du auch ausgefressen hast!“    R. Mey


Die Erfahrungen, die wir mit unseren Kindern – besser gesagt deren Lehrerinnen in der Grundschule machen und machten, sind leider bis auf wenige Ausnahmen bedauerlich. Auch in der Beratung und in Workshops höre ich, wie rückläufig es in manchen Schulen immer noch abgeht. Gerade in diesen Jahren, wo oft eine Lehrperson den ganzen Unterricht allein schaukelt ist man dem Tun dieser Person praktisch hilflos ausgeliefert. 

Da braucht es umso mehr uns Eltern

  • die wir unsere Kinder bedingungslos annehmen, egal was sie in der Schule erleben. 
  • die sich für die Kinder interessieren und deren Beziehung tragfähig ist, wenn sie mal wieder mit Enttäuschungen daheim aufschlagen oder erst gar nicht das Haus verlassen wollen. 
  • die ihnen auch mal sagen, dass es genug ist mit Lernen, dass sie lieber spielen gehen sollen,
  • dass ihr Leben auch noch andere Inhalte hat als das Existieren für die Schule, 
  • die ihnen zeigen, wie man mit Frust und Trauer umgehen kann, 
  • Sie brauchen UNS als IHRE Gewerkschaft, ihre Interessenvertretung gegenüber der Schule,
  • jemanden, der sieht was in der Schule nicht gesehen wird – und das auch würdigt und achtet. 
  • die jederzeit da sind um sie aufzufangen und anzunehmen.
  • und mit ihnen über den Wahnsinn lachen können…
  • denn manchmal bleibt einem nichts anderes mehr übrig.

In diesem Sinne … auf in das nächste Semester!

Ähnlicher Meinung? Anderer Meinung? Erzähl ruhig in den Kommentaren, was du im aktuellen Schulsystem mit deinen Kindern erlebst … ich überzeug mich gern, dass mein Traum anderswo schon Realität ist! 



Lebendige Grüße,

deine Kerstin

Kommentar schreibenKommentare: 2

  • #1Anna (Sonntag, 24 Februar 2019 13:27)Gerade läuft das Lied von Reinhard Mey im Auto…und das halte ich mir grad oft vor Augen. Unser 1.semester hat uns sehr ernüchtert. Die vs im Ort hat einen sehr guten Ruf. Der sich leider nicht bestätigt. Eine völlig überforderte Lehrerin, kurz vor der Pension, null eingehen auf das einzelne Kind; null Kritikfähigkeit, ohne dass es auf s Kind zurück fällt, und eine Tochter die sich vor der Schulzeit selber lesen und schreiben beigebracht hat und jetzt kaum mehr Lust auf lernen und Schule hat. Gute Freundinnen schon, zum Glück. Ganz ganz oft denk ich an „wenn die Ziege schwimmen lernt“.
  • #2Lena (Montag, 25 Februar 2019 19:21)Da kommen mir wirklich die Tränen. Auf der einen Seite, weil ich mich gerührt fühle, mich in dem einen oder anderen Satz wiederfinden zu können und auf der anderen Seite, weil ich die Vorstellung kaum ertrage, dass das österreichische Schulsystem bei gefühlten 99% der Kinder wirklich alles andere als Kind- oder Zeitgerecht ist. Wie man sieht bzw. liest, ist es nicht einmal „Erwachsenengerecht“. So gerne würde ich die Pädagogik, die ich jeden Tag (er)lebe in einem öffentlichen Schulsystem ausüben können, damit mehr Kinder, Eltern und PädagogInnen sehen, wie leicht ein wertschätzender, respektvoller und vor allem liebevoller Umgang miteinander und besonders im Alltag mit Kindern umzusetzen ist. So viel können wir Erwachsene von den Kindern lernen. Sie zeigen uns von sich aus – und das tagtäglich – was sie alles interessiert, was sie wissen und können („lernen“) wollen oder welche Fähigkeiten sie sich bereits angeeignet haben. Bewegung, Rollenspiele, verkleiden, Höhlen bauen, matschen und gatschen, kochen, Brettspiele, malen, basteln, schreiben, rechnen, … – DAS ist die Welt der Kinder. Und zwar viel länger als nur bis in das Kindergartenalter. Täglich fünf Stunden ruhig und höchst konzentriert auf ein und demselben Sessel sitzen und aufzupassen, was der Herr Lehrer oder die Frau Lehrerin da vorne alles sagt, ist wirklich keine Zumutung für einen Menschen. Welcher Erwachsene würde sich freiwillig von jemanden belehren lassen wollen, der vorgibt alles zu wissen und zu können und das Tag für Tag (mindestens) 9 Jahre lang? Doch den Kindern wird genau das aufgezwungen, weil sie sich nicht dagegen wehren können. Sie zeigen uns mit allem was sie haben, dass das System nicht mehr passt bzw. noch nie 100%ig gepasst hat, doch wir sind es die es ändern müssen und können. So wenig braucht es, um einen „Unterricht“ offener, kindgerechter zu gestalten und so vieles kann man dadurch bei ihnen bewirken. Die Kinder heute sind anders als die Kinder vor 5, 10 oder 40 Jahren. Doch die Pädagogik bleibt die Gleiche. Es braucht PädagogInnen und Eltern, die gemeinsam an einem Strang ziehen, bei dem die Kinder an höchster Stelle stehen. wenn beide, Eltern und LehrerInnen, das bestmögliche für Ihre Kinder herausholen wollen, würde die Schule nicht so aussehen wie sie jetzt großteils noch ist. Ein Miteinander und nicht ein Gegeneinander ist es, was die Kinder brauchen. Worte, Zuneigung, Wertschätzung und keine Noten. Entscheidungsfreiheit, innere Motivation, das Leben als großes Ganzes sehen und keine in 50-Minuten getakteten eingeteilten Schulfächer. Spaß, Entdeckerfreude, Begeisterung, eigene Interessen und keine vorgefertigten Themen von Außen, die dich zu interessieren haben genau jetzt in diesen 50 Minuten. Verständnis, Einsicht, Begleitung im sozialen Leben und nicht Beurteilung der kognitiven Fähigkeiten. Schon garnicht in nichts sagenden Ziffern.
    Die Kinder sind alles was wir haben und wir haben alles was die Kinder brauchen. Also geben wir es ihnen endlich und „… legen wir ihnen das Universum zu Füßen“ (Maria Montessori)
Enttäuscht. Alte Rollenbilder, verstaubte Klischees?

Enttäuscht. Alte Rollenbilder, verstaubte Klischees?

Die Reaktionen auf mein Interview mit Sabine Kronberger waren durchwegs positiv und bestätigend.

AUSSER DIE EINE.

Ich bekam eine Nachricht in der sich der Leser, ein (fast) frischgebackener Vater, ziemlich über meine Antworten beschwerte.

„Ich habe Ihr Interview heute in der Krone gelesen. Und ich war enttäuscht. Schade, dass Sie ein altes Klischee in die neue Zeit mitnehmen. Mag sein, dass Ihnen in der Praxis die Rollenverteilung einseitig vorkommt.  Aber: es gibt auch sehr viele positive Beispiele, die immer unerwähnt bleiben.  Mütter sind „alles“ und Männer – dem Text zwangsläufig zu entnehmen-  nichts, kann ich nicht teilen.  In meinem Bekanntenkreis gibt es keinen einzigen Mann, der nicht auch Taxi, Nachhilfelehrer, Krankenpfleger, Koch, Freund und vieles mehr ist.  Inklusive mir. Mag sein, dass sie beruflich mit vielen Müttern zu tun haben, die von ihren Männern nicht unterstützt werden. Dann tut es mir für diese Frauen sehr leid. Aber kann man endlich aufhören alle in einen Topf zu werfen.  Denn es gibt inzwischen immer mehr Männer, die ihre Vaterrolle nicht nur ernst nehmen, sondern auch voll ausfüllen. Und das ist gut so!  Ich erlebe mit meinem knapp 2jährigen Sohn, dass ich als Papa am Spielplatz kein Exote bin. 
Als Frau bist du….. was ist man als Mann? 
Nein Frau Bamminger. Wir schreiben das Jahr 2018 und es gibt mehr Männer, als man vermuten möchte, die 100% Papa UND Ehemann sind.“

Das hat gesessen.

Ich las mir den Text noch mehrere Male durch und kam zu der Erkenntnis: JA, man könnte auch diese Info den Zeilen entnehmen. Wenn man ein längeres Telefonat in eine vorgegebene Zeichenanzahl pressen soll, dann führt das leider dazu, dass gestutzt und gekürzt werden muss. Ich hab die Redakteurin schon vorher bewundert, dass Sie das so gut schafft – es ist eine knifflige Aufgabe.


Da die Kritik aber berechtigt war, nahm ich mir Zeit, ausführlich zu antworten.
Hier ist, was ich sinngemäß geschrieben hab.

Umgang mit Kritik
„Zunächst mal freut es mich, dass Sie sich
a) den Artikel gelesen haben und
b) sich Zeit genommen haben zu antworten.
Das ist längst keine Selbstverständlichkeit. Ich bedauere, dass Sie den Eindruck gewonnen haben, dass ich alte Klischees füttere und Männer indirekt abwerten möchte. Es ist so: ja, ich habe oft mit Müttern zu tun, die überfordert sind, weil sie viele Aufgaben und Rollen erfüllen, auch manchmal weil sie zu wenig Unterstützung von den Vätern erhalten. Und manche sind am Rande der Belastung, obwohl sie gut unterstützt werden. 

In der Kürze liegt die … Krux.

Ich hatte mit Sabine Kronberger (die ich wirklich mag) ein telefonisches Interview über 20 Minuten und die Arme hatte dann die qualvolle Aufgabe den Inhalt in so wenige Zeichen zu quetschen. Wenn Sie uns zuhören hätten können, hätten Sie gehört, dass ich mehrmals gesagt hab: „… die Person, die hauptsächlich Betreuungsaufgaben der Kinder übernimmt, spürt die Zerrissenheit heftiger!“ … in der Regel sind das immer noch überwiegend Frauen … daher kam wohl diese verkürzte und zugegeben etwas einseitige Formulierung.

Papas auf Augenhöhe sind Realität

Stimmt! Es gibt genügend Männer und Väter, die ihren Frauen ebenbürtige Partner sind, alles rund um Kind und Haushalt auf Augenhöhe erledigen, in Karenz gehen und Elternteilzeit in Anspruch nehmen. Ich selbst hab das Glück einen solch wunderbaren Mann geheiratet zu haben, der alle (!!) diese genannten Dinge schon gemacht hat. Ich weiß also, wovon ich rede.
Nie im Leben möchte ich behauptet, dass die Männer unwichtig sind. Im Gegenteil!! Ich ermutige Frauen (die manchmal das ihre zum Problem dazu tun), ihren Männern alles zuzumuten und sie tun lassen!!
Da kommt es natürlich vor, dass Väter genau so diese Rollenvielfalt spüren und sie vielleicht auch als belastend erleben. Darüber weiß ich weniger – sie tauschen sich möglicherweise nicht so intensiv diesbezüglich aus.

Alle in einen Topf?

Nein, natürlich niemals! Differenzierung ist so wichtig! Ich weiß, dass es große Unterschiede gibt, und man die Papas nicht alle in einen Topf werfen KANN (genau so wie Mamas). Es wäre ungerecht gegenüber allen, die sich ernsthaft bemühen und einbringen wollen und das als Selbstverständlichkeit betrachten.
Es freut mich, dass Sie als Papa sich selbst und ihr Umfeld als natürliches Feld erleben, indem Väter genau so wichtig sind wie Mütter, denn das sind sie. Aber von Gleichberechtigung in allen Belangen sind wir dennoch ein Stück entfernt, also gibt’s noch genug Arbeit!

Aufteilung von Erwerbsarbeit 

Kaum ein Elternpaar, das ich kenne, teilt sich auch die Erwerbsarbeit 50 / 50 % auf. Dass – wenn beide anwesend sind – beide Elternteile gleichberechtigt und gleichwertig sind: dem kann ich in vielen Familien zustimmen (aus meiner Beobachtung und Arbeit). Ich sehe es als Luxus, wenn es gelingt auch Erwerbsarbeit gleich gut aufzuteilen. Was durch die tendenziell niedrigeren Einkünfte der Frauen leider erschwert wird. Viel zu oft gibt es wirtschaftliche Gründe, die bestimmen, welches Familienrollenbild gelebt wird.

Volle Kraft voraus

So mag ich Ihnen Mut machen, ihr Rollenbild weiter so zu leben, dass es Ihnen und Ihrer Familie damit gut geht (wie immer das aussieht – denn nur individuelle Lösungen sind gute Lösungen)! Tragen Sie das Bild der „neuen Väter“ weiter, ich werd mir Ihre Anregungen und die Kritik auch gut merken und in Zukunft vielleicht noch sensibler formulieren. „

MEIN VERSTÄNDNIS MEINER ROLLE

Ich sehe mich als Frau und Mama als eine Kombination aus Tradition und Moderne. Wir leben selbst ein eher konservatives Familienbild – das aber aus Überzeugung. Ich stehe dazu, lange 9 Jahre nicht berufstätig gewesen zu sein, weil mir unsere Kinder und dass ICH sie hauptsächlich betreue, wichtig sind. 
Immer noch stecke hauptsächlich ich in der Erwerbsarbeit zurück, wenn es um das Thema Vereinbarkeit geht. Dass mein Mann auch schon seinen Teil dazu beigetragen hat, hab ich oben schon beschrieben und das kann ich ihm gar nicht hoch genug anrechnen. 

Wir sind uns einig, dass unsere Kinder den höchsten Stellenwert in unserem Leben haben und wir richten uns danach aus. Jedenfalls in der Lebensphase in der wir momentan (immer noch) sind.
Ja, das ist manchmal schmerzhaft. Weil auch wir Ziele haben, die wir dadurch (noch) nicht verwirklichen können und in persönlichen Interessen ab und zu zurückstecken. 

Ich hab in dem Artikel geschrieben: wir alle wollen zu viel.

Das stimmt. Besonders wollen wir alle zu viel zur gleichen Zeit!
Es gibt noch genügend Zeit und Gelegenheit für mehr Engagement in der Karriere, für Selbstverwirklichung und ausladende Paarzeiten. ALLES GLEICHZEITIG zu wollen ist das, was uns stresst und was einfach auch nicht möglich ist, denn jeder von uns zahlt seinen Preis für das Modell, die Rolle, die Lebensweise, die wir wählen. Egal ob nun Berufstätigkeit, Hobbys, Kinder oder Karriere ganz oben im Ranking stehen.

Wir sollten es uns selbst recht machen wollen und nicht jemand anderem. Das ist eh schwierig genug, bei aller Kritik und den vielen subtilen Rollenbildern, die uns Werbung, Politik und Gesellschaft täglich frei Haus liefern. Und dazu die wirtschaftlichen Faktoren, die auch noch eine große Rolle spielen.

Über Rollen in Familien und deren Verteilung zu sprechen ist wichtig und gut. Es braucht alle Teile, damit Familie gelingen kann. Mamas, Papas, die Kinder. Jeder ist Teil des Systems und kann zum Gelingen und Scheitern beitragen.

Auf seine Art und Weise. 
Was ist deine Meinung dazu? 
Schreib gern in den Kommentaren, was dir dazu einfällt.
Kritik? Immer her damit.