Skifahren lernen und Beziehungen führen – das sind doch völlig unterschiedliche Dinge!
HA! Weit gefehlt! In diesem Beitrag bekommst du Gedankenschnipsel aus meiner Woche, in der ich wieder mal die Ehre hatte, die Schnullerbären (=Anfänger:innen) im Skikurs zu betreuen. Ich durfte Betreuerin und Zeugin von unglaublich tollen Entwicklungen sein. Wie so oft in meiner Arbeit – auch abseits vom Ehrenamt. Welche fünf Parallelschwünge ich zwischen dem Skifahren und Beziehungen machen kann, liest du hier.
Zum 13. Mal waren wir heuer als Familie beim Eltern-Kind-Skikurs des örtlichen Vereins dabei. Ich hab die ehrenvolle und wichtige Aufgabe, den Minis (und manche sind knapp über 3 Jahre!!) hier das Skifahren zu zeigen und bin dabei drauf gekommen, dass es hier viele Parallelen gibt zum Thema Beziehungen.
1. DER ANFANG IST WICHTIG
Skifahren beginnt nicht beim ersten Mal “den Hügel runter fahren”. Es beginnt beim Aufwärmen, beim Kennenlernen, beim Klarkommen mit den schweren Schuhen, dem dicken Gewand und den “langen” Füßen, die man sich selbst anschnallt. In der Ebene, wo alle Kanten spielerisch erforscht und genützt werden dürfen. Das Lernen in der Ebene wird maßlos unterschätzt, dabei ist es essentiell.
Beziehung beginnt nicht erst bei der ersten Kindergartenfreundin, sondern lang vor dem ersten Atemzug und besonders in den ersten Tagen, Wochen und Monaten nach der Geburt. Wie verlässlich sind meine Bindungspersonen, werde ich gesehen und gehört, können meine Bedürfnisse ausreichend erfüllt werden. Dazu brauchen wir andere Personen, ein Gegenüber. Meistens sind das unsere Eltern.
2. ES BRAUCHT GEDULD UND EMPATHIE
Skifahren kann man nicht von “einmal zuschauen”, es braucht Zeit und Technik und Hingabe, es braucht Kraft und Energie und öfter braucht es auch eine gute Portion Überwindung. Es braucht Einfühlungsvermögen der Erwachsenen, die mit dieser schweren Ausrüstung schon lang vertraut sind und sich oft nicht mehr erinnern, wie anstrengend das besonders für junge Kinder sein kann. Es darf dauern und dabei brauchen die Kids Begleitung von emphatischen Erwachsenen.
“Stell dich nicht so an” oder “Schau halt, wie die das machen, das kann ja nicht so schwer sein!” hat noch selten einem Kind geholfen.
Beziehungen brauchen ebenfalls Geduld und Empathie. Anfangs weil man Nächte durchwacht, zu wenig Schlaf bekommt, zu viel kalt gewordenes Essen, oft unsicher ist, wie das mit dem Eltern-sein geht, den neuen Alltag erst kennenlernt, die Kontrolle über die Tagesgestaltung vorübergehend verliert, sich hilflos und überfordert fühlen kann und weil man sich so manches ein wenig anders vorgestellt hat. Einfühlsame Erwachsene, die immer wieder erkennen, dass das Kind nach Bedürfnissen tickt und nicht da ist, um sie zu “ärgern”, können eher günstiges Verhalten zeigen als misstrauisch genervte Eltern.
3. ANSTRENGUNG UND ERFOLG
Skifahren lernen geht nicht ohne Schweiß. Es braucht körperliche Anstrengungen, die nicht immer leicht fallen. Besonders Treppenschritte und Pinguinschritte bringen die Beginner oft an den Rand der Verzweiflung. Auch Stresssituationen beim Liftaussteigen oder nach Stürzen gehören dazu. Natürlich darf es Tränen geben. Und die, die durchhalten und dranbleiben, erleben oft schon nach wenigen Tagen echte Gipfelsiege!
Beziehungen dürfen auch anstrengend sein. Nicht immer ist alles “easy-cheesy”, auch wenn ich eine Anhängerin des Satzes “Es darf leicht gehen” bin. Einfache Phasen kann jeder gut aushalten und überstehen, in der Krise zeigt sich die Persönlichkeit. Wie gehen damit um, wenn wir unterschiedlich sind, uns streiten, uns nicht verstehen oder toll finden? Auch wenn “Erfolg” ein sehr dehnbarer und zutiefst subjektiver Begriff ist: er “folgt” dem, was zuvor in eine Beziehung investiert wurde.
4. HOCH HINAUS KOMMEN
Skifahren ermöglicht echte Glücksgefühle bei denen, die auch Spaß dran haben. Die Kids nach drei Tagen im Pulverschnee herunter kurven zu sehen, war schon beim Zuschauen ein echter Genuss, sie haben gelacht und gejuchzt! So gut! Solche Hochgefühle gibt es nur, wenn man auf der emotionalen Achterbahn dorthin nicht irgendwo im Tal ausgestiegen ist.
Beziehungen bringen ebenfalls Berg- und Talfahrten mit sich, wobei wir hier wahrscheinlich die Talfahrt weniger amüsant finden als die Bergfahrt – genau umgekehrt wie beim Skifahren, also. Zu lebendigen Beziehungen gehört halt einfach alles dazu. Wir könnten die Höhen nie erkennen und schätzen, wenn wir nicht auch die Täler durchwandern. Drum ist das Dranbleiben eine wichtige Sache, wenn man hoch hinaus kommen will.
5. DU DARFST DIR HELFEN LASSEN
Skifahren – hab ich schon hunderten Kids gelernt. Aber meinen eigenen Dreien nicht! Warum? Weil ich als Mama eine andere Rolle hab. Wir haben sie gern in die Hände von Expert:innen gegeben (im Verein unseres Vertrauens 😉 !) und dann vom Ergebnis profitiert. Wenn ich sehe, wie oft Eltern auf wirklich schwindelige Art und Weise versuchen, ihren Kindern das Skifahren beizubringen, wundert es mich nicht mehr, dass sich auch so viele grauenhafte Skifahrer:innen auf den Pisten tummeln. Die nicht nur eine Gefahr für andere, sondern auch für sich selbst sind.
Beziehungen brauchen auch manchmal Hilfe von Profis. Eltern können und müssen nicht alles selbst wissen. Sie sind Lernende vom ersten Tag an und dürfen das Know-How und die Erfahrung von Profis anzapfen, um besser vorwärts zu kommen. Natürlich sind Eltern (im Unterschied zum Skifahren) im besten Fall SELBST die umsetzenden Instanzen. Hilfreicher Support und lösende Ideen kommen jedoch oft von Außen leichter, weil man im eigenen System oft ein klein wenig “betriebsblind” ist und eine andere Perspektive ein absoluter Mehrwert sein kann.
Natürlich kann man auch schlechte Beziehungen führen, was viele Menschen ja auch tun – wie beim Skifahren, eben! 😉
THE BIG DIFFERENCE
Es gibt trotz aller Gemeinsamkeiten EINEN Unterschied, der wirklich essentiell ist. Wir werden diese Welt nicht mit perfekt ausgebildeten Skifahrer:innen retten. (Auch wenn das ein schöner Gedanke ist!).
Doch gut gebaute Beziehungen, sichere und verlässliche Bindungen, Urvertrauen und Mut, die Gewissheit Unterstützung zu haben oder holen zu können, Geduld und vor allem ein ganzes Stück mehr Empathie können diese Welt wirklich zu einem besseren Ort machen.
Damit wir nicht auch in Zukunft von komplett wahnsinnig gewordenen, persönlichkeitsgestörten Menschen und ihren gekränkten Egos in den Nachrichten hören müssen oder sogar ihre Gräueltaten ertragen.
Lebendig gelebte Beziehungen können jeden Tag an dieser Vision zimmern:
durch ein freundliches Lächeln für eine Fremde
mit einer hilfreichen Hand für einen, der sie braucht
in deiner mitfühlenden Geste für ein Kind, auch wenn ich es grad nicht verstehe
durch friedliche und respektvolle Worte zwischen dir und deinem Gegenüber
in der Zuversicht und dem Glauben daran, dass es gelingen kann.
Beziehungen, besser gesagt, gelungene Beziehungen sind also das Salz in unserer Suppe, das Sahnehäubchen auf unserer Lebenstorte, die Quintessenz unseres Antriebs – das haben wir ja im letzten Beitrag hier geklärt. Was jedoch macht eine Beziehung “gelungen”? Was brauchen menschliche Verbindungen, wenn sie für angenehm empfunden werden sollen? Wir werfen einen Blick auf die 5 Säulen, auf denen Beziehungen stehen.
ECKDATEN DER BFF – NOT
Ich bin sicher, du kennst eine solche Person: eine, die sich im gemeinsamen Kontakt immer so wichtig nimmt, gerne und ausgiebig von sich erzählt und dich kaum fragt, wie es dir geht. Mit der du jederzeit alles unternehmen kannst, was sie möchte, und kaum soll’s mal nach deinen Vorstellungen gehen, ist sie wie vom Erdboden verschluckt. Die gern deine Hilfe annimmt, aber so gut wie nie die ihre anbietet und schon gar nicht bemerkt, ob du welche nötig hast. Falls du ein Bild von so einer Person im Kopf hast, weißt du jetzt genau, was es braucht, damit Beziehungen schief laufen. Das sind die Eckdaten, die keiner im Profil der BFF (*Jugendsprache für Best Friend Forever) stehen haben will.
WAS RADFAHREN MIT BEZIEHUNGEN ZU TUN HAT
“Es ist so kompliziert, das mit den Menschen” … hat neulich eine überaus liebenswerte Klientin bei mir gesagt und ich musste lachen. Denn ja: einerseits sind wir zu Kooperation und menschlichem Miteinander geboren und motiviert. Und gleichzeitig braucht es tatsächlich ganz schön viel, um so eine Beziehung am Laufen zu halten. Frei nach dem platten, aber manchmal recht zutreffenden Spruch: “Was haben Beziehungen und Fahrradfahren gemeinsam? Bergab geht’s von selbst!”
Also schnapp ich mir nochmal eine Erkenntnis aus dem Buch “Prinzip Menschlichkeit” und drösle hier für dich auf, was es braucht, um gute Beziehungen erleben und gestalten zu können. Ich nenne sie für dich: die 5 SÄULEN für GELUNGENE BEZIEHUNGEN
SÄULE 1: EINANDER SEHEN UND BEACHTEN
Damit ist nicht nur sprichwörtlich das Sehen gemeint (auch wenn wir stark über diesen Sinn angesprochen werden), noch mehr ist es das “sich-gegenseitig-Wahrnehmen”. Darin steckt für mich einerseits der Aspekt, dass ich mich unabgelenkt, sprich: aufmerksam dem anderen zuwende. Gleichzeitig bedeutet es auch, dass ich den Anderen so sein lasse, wie er ist: ihn “wahr” nehme und nicht “falsch” abstemple mit seinen jeweiligen Gefühlen und Bedürfnissen. Das ist schon der fließende Übergang zum zweiten Teil dieser Säule: das “achten”. Achten bedeutet für mich in dem Zusammenhang: annehmen und auf das Bewerten verzichten. Einfach erklärt, schwer nachgemacht. Denn das Vergleichen und Bewerten haben wir meistens super gut geübt ganz im Gegensatz zum wertfreien Erfassen.
SÄULE 2: GEMEINSAME AUFMERKSAMKEIT TEILEN
“Gegensätze ziehen sich an!” “Wir sind so unterschiedlich, da ergänzen wir uns prima!” Ja, auch an diesen Sätzen ist etwas dran. Und gelungene Beziehung braucht ein Minimum an gemeinsamer Aufmerksamkeit, an gemeinsamer gerichteter Aktivität. Wie viel wir gemeinsam machen und was das ist, ist höchst individuell und in der Beziehung auszuhandeln. Immer wieder. Es ist notwendig unsere Bedürfnisse als Einzelne als Basis für die Entscheidungen zu verwenden: wann, wo, wieviel der verfügbaren Zeit und Energie wir auf UNS verwenden.
Auch hier gibt es meiner Meinung nach je nach Lebens- und Beziehungsphase natürliche Schwankungen. Nähe und Distanz dürfen wir, wie viele andere Gegensätze täglich neu austarieren.
Liebe besteht nicht darin, dass man einander anschaut, sondern dass man gemeinsam in dieselbe Richtung blickt!
Antoine de Saint-Exupéry
SÄULE 3: SICH AUF GEFÜHLE DES ANDEREN EINLASSEN
In einer gelungenen Beziehungen braucht es die Fähigkeit, sich auf die Gefühle bzw. die Stimmung des anderen einzulassen. Ein Mindestmaß an emotionaler Resonanz, quasi. Sich zum Beispiel von der Freude und auch von der Trauer des anderen anstecken lassen zu können ist ein überaus verbindendes und motivierendes Element in Beziehungen. Das kann natürlich nicht erzwungen werden und niemand muss selbst gleichermaßen dem Gefühl des anderen “erliegen”. Denk an ein Radio: es geht um ein Wahrnehmen der Frequenz, auf der das Gegenüber gerade “sendet”. Die Stimmung dort mitzubekommen und sich “einzutunen” ist überaus beziehungsfördernd. Auch wenn ich dann wieder auf meinen Sender umschalten möchte und darf.
SÄULE 4: GEMEINSAM HANDELN
Es ist meist völlig unterschätzt, wie verbindend das gemeinsame Tun ist. Egal ob es um Gartenarbeit, die gemeinsame Carearbeit oder um’s zusammen Kochen geht: einfache und ganz konkrete Dinge in die Tat umzusetzen ist für beide Seiten motivierend und bestärkend. Wenn hingegen einer nur delegiert und der andere sich aus Bequemlichkeit nicht in Bewegung setzt, kommt schnell Frust auf. Nebeneinander oder gleichzeitig für eine gemeinsame Sache zu arbeiten, Zeit und Energie aufzuwenden, kann die Beziehungskultur positiv prägen.
SÄULE 5: MOTIVE UND ABSICHTEN DES ANDEREN VERSTEHEN
Jetzt sind wir quasi in der Champions-League des Beziehungsgames angekommen. Damit man hierhin kommt, sind die Säulen eins bis vier praktisch Voraussetzung. Und dann braucht dieses Verstehen zusätzlich zu einem scharfen Beobachtungssinn und einer Prise Gespür vor allem eins: das Gespräch. Bei Kindern (je jünger, desto mehr) ist es schon erforderlich, dass die Eltern das Verhalten des Kindes wahrnehmen, interpretieren und darauf reagieren. Besonders, wenn sie eben noch nicht sprechen können.
Doch für erwachsene Beziehungen gilt: was ich nicht verstehe, kann ich womöglich erfragen. Was nämlich irgendwie fies ist: unser Gehirn möchte sich das “immer wieder neue Verstehen” ersparen und beurteilt lieber nach deinem alten und bekannten Schema. Ich brauch wohl nicht zu erwähnen, dass das für aktuelle Situationen und Beziehungen meist nicht hilfreich ist, wenn das Gehirn in der Vergangenheit kramt und Schablonen über das Jetzt legt. Ganz persönlich glaube ich, dass es bei dieser Säule vor allem um das unablässige Interesse am Tun des Anderen geht, weil es bedeutet: du bist mir wichtig. Ich möchte wissen, wofür du brennst, wobei du lebendig wirst. Auch wenn wir manche Dinge vielleicht nie 100%ig kapieren – der ehrliche Wille zählt für’s Werk.
NACH DEM WISSEN KOMMT DAS TUN
So, nun wissen wir also, welche Säulen gebaut werden sollen, wenn wir unsere Beziehung als schönes Dach über euch erleben möchtet. Welche Zutaten es benötigt, wenn ihr euch ein feines Beziehungssüppchen kochen wollt. Es gibt nur eine deprimierende Nachricht zum Schluss (sorry!): leider steht eine Beziehung nicht wie ein Designertisch auch auf drei oder vier Beinen gut – es braucht alle fünf, wenn sie langfristig halten soll. Doch immerhin: üblicherweise geht es ja darum, mit Menschen, die wir mögen, an etwas zu werkeln, das wir selbst gewählt haben. So schlimm sollte dieses “Dranbleiben” dann hoffentlich nicht sein.
IT TAKES TWO, BABY
Und noch ein Aspekt ist für mich erwähnenswert: es reicht nicht, wenn nur einer in der Beziehung all diese Sachen erfüllt und sich darum kümmert. (Eltern-Kind-Beziehungen mal ausgenommen, da gibt’s eigene Gesetze und Dynamiken.) Beziehung ist keine Einbahnstraße sondern eine zweispurige Fahrbahn. Jeder darf, kann und soll seinen Teil dazu beitragen, dass diese Säulen erbaut und erhalten werden, sonst wird’s schwierig. Bekanntlich braucht es zwei um eine Ehe (Beziehung) zu führen – und nur einen, um sie zu brechen. So schade das auch manchmal ist.
Und weil ich unmöglich mit einem negativen Gedanken aufhören kann: die frohe Botschaft! All das zu tun ist
meistens sofort möglich
braucht nur dich und deine Entscheidung dazu
baut unmittelbar vielleicht bröckelnde Säulen wieder auf
kostet dich keinen Cent
bringt euch näher zueinander.
Wenn du nicht weißt, wo du anfangen sollst, weil da ganz schön viel “Baustelle” ist in deiner Beziehung, dann lass uns zusammen arbeiten.
Ein Haus baut man auch nicht ohne professionelle Hilfe und ohne Plan – das heißt, man kann schon! Und anders ist es einfacher und effizienter!
Ruf gerne unverbindlich an, um abzuklären, ob wir “zusammenpassen” und ich die Richtige für euer Anliegen bin!
Haltungen, Meinungen und Werte haben uns Menschen immer schon voneinander unterschieden. Es ist also nix Neues. Was aber neu ist, ist die Tatsache, dass sich so viele Menschen gleichzeitig bei einem Thema entzweien, wie derzeit beim großen C. Wenn man früher noch die Chance hatte, gewisse Themen geschickt zu “umschiffen” ist es heute kaum noch möglich, das Thema auszusparen, weil es so allgegenwärtig ist. Höchste Zeit also, ein wenig hinter die Kulissen zu blicken und sich auf die Suche nach einem gemeinsamen Nenner zu machen, der wieder kitten kann, was so an Gräben aufgerissen wurde und immer noch wird.
LEADERSHIP IN FAMILIEN
Jeder Mensch wird in eine Familie hinein geboren und lernt dort sein erstes Wertekonstrukt kennen. Wir erfahren, worauf in der Familie wert gelegt wird, welche Gepflogenheiten, Rituale und Traditionen es gibt und all diese Dinge werden maßgeblich von den Erwachsenen in der Familie geprägt. Das ist auch gut so, denn Kinder im Aufwachsen zu begleiten erfordert ein ständiges Handeln und Entscheiden nach diesen Wertvorstellungen und da macht es Sinn, diese individuell und wohl überlegt abzustecken. Nur so können Mütter und Väter authentische Führungspersönlichkeiten sein und Leadership in Familien zeigen.
GEGENSÄTZLICHKEITEN ÜBERBRÜCKEN
Dass Dinge in anderen Familien ganz anders laufen, merkt man oft schon früh. Wenn man Freundinnen zuhause besucht, bei anderen Familien zu Gast ist oder spätestens, wenn man die eigene Schwiegerfamilie kennen lernt. Die Beziehungsarbeit, die dann notwendig ist, um solche Unterschiede oder Gegensätzlichkeiten zu überbrücken, ist entscheidend für das Gelingen des Zusammenlebens. Die Liebe zueinander hilft da natürlich ungemein – sowohl in freundschaftlichen als auch in partnerschaftlichen Beziehungen. Drum ist es auch grad im Großen Ganzen so schwierig, weil die Zuneigung und Verbundenheit fehlt.
IM NENNER BEDÜRFNISSE
Was aber tun, wenn plötzlich auch im “Kleinen” Sand im Getriebe ist und selbst in familiären Beziehungen Differenzen ausgebügelt werden sollen? Geschweige denn im großen gesellschaftlichen Ganzen? Mir hilft es, wenn ich mich darauf besinne, dass wir alle grundsätzlich dasselbe wollen und brauchen. Auch auf die Gefahr hin, dass du mich für völlig verrückt erklärst: JA, das meine ich wirklich so. Vielleicht benötigen wir nicht alle alles im selben Ausmaß und ganz sicher nicht immer zum gleichen Zeitpunkt, aber ja: das ist unser gemeinsamer Nenner. Wir haben alle (die gleichen) Bedürfnisse.
WIR WOLLEN DOCH ALLE DAS SELBE
In der friedvollen Kommunikation ist das Ausdrücken von Gefühlen und Bedürfnissen ja die Basis von allem und somit nicht nur wichtig sondern auch hilfreich, wenn wir einander verstehen oder zumindest erkennen wollen. Im Groben lässt sich sagen, dass jeder Mensch einerseits verbunden sein will, also zu einer Gemeinschaft dazugehören mag und auch selbstbestimmt sein möchte. Dazu kommt das Bedürfnis, sich entspannen zu können und gleichzeitig sicher zu sein, bzw. sich sicher zu fühlen. Natürlich kann man das jetzt noch viel genauer aufdröseln, doch im Wesentlichen läuft es auf diese Dinge zusammen.
WARNBLINKANLAGE GEFÜHL
Da wir nicht wie Autos automatische Warnanzeigen haben, die zu blinken beginnen, wenn ein Bedürfnis nicht ausreichend gedeckt ist, brauchen und haben wir unsere Gefühle. Sie sind die Indikatoren dafür, wie es uns geht, sie zeigen auf, wenn unsere Bedürfnisse grad halbwegs erfüllt sind und wann eben eher nicht. Gefühle bei erfüllten Bedürfnissen wahrzunehmen und auszudrücken macht uns dankbar und ausgewogen, wir spüren Leichtigkeit und Freude und können unser Dasein wertschätzen. Wir genießen es, in solchen Emotionen zu baden.
STRATEGIEN IM MANGEL
Gefühle bei unerfüllten Bedürfnissen anzunehmen ist dagegen viel schwerer, weil sie irgendeine Form des Handelns erfordern. Schließlich mag man nicht in einem Zustand verweilen, der sich unangenehm anfühlt. Wenn wir also ängstlich, gestresst, wütend, verärgert, traurig, ohnmächtig, unzufrieden, einsam, frustriert oder hoffnungslos sind, dann macht das was mit uns. Wie wir darauf reagieren, wie wir damit umgehen, ist jedoch höchst unterschiedlich und hängt mit den erlernten Strategien im Lauf des Lebens zusammen.
DEIN GEFÜHL HAT IMMER RECHT
Ein erster wichtiger und guter Schritt ist jedenfalls, das eigene Gefühl wahrzunehmen, versuchen, es möglichst präzise zu benennen (Eltern machen das stellvertretend für ihre Kinder, wenn die das sprachlich noch nicht können) und dann anzunehmen. Ein Gefühl ist immer richtig, so wie es im Moment empfunden wird. Auch wenn wir die Auslöser dafür (wenn das Brot des Kindes beim Frühstück falsch durchgeschnitten wurde), nicht verstehen oder nachvollziehen können. Das Gefühl ist die Realität des Menschen, egal ob das jemand anderes auch noch versteht. Diese Erkenntnis und das Zugeständnis ist wichtig.
ANERKENNEN UND AUSSPRECHEN
Und wenn ich aufhöre, mit der Realität zu streiten – indem ich mir selbst oder anderen bestimmte Gefühle abspreche – kann ich mich und den anderen wieder ernst nehmen. Dann kommt der schwierigere Teil: solche unangenehmen Gefühle entweder aushalten oder reflektieren woher die kommen (die meisten von denen kennen wir aus sehr frühen Kindertagen) und gegebenenfalls in die Handlungsfähigkeit kommen. Dabei hilft es, auszusprechen, wie es da drin in mir aussieht:
Ich fühle mich bedrängt und wünsche mir mehr Selbstbestimmung und Unabhängigkeit.
Ich fühle mich frustriert und wünsche mir, wirksamer sein zu können.
Ich fühle mich ohnmächtig und wünsche mir, etwas beitragen zu können.
Ich fühle mich einsam und wünsche mir, dazu gehören zu können.
Ich fühle mich hoffnungslos und wünsche mir Vertrauen, Ordnung und Klarheit für meine Zukunft.
Ich fühle mich traurig und wünsche mir mehr Erholung, Ruhe und Harmonie.
Ich fühle mich gleichgültig und wünsche mir mehr Respekt und Wertschätzung.
Ich fühle mich wütend und wünsche mir mehr Gerechtigkeit und Unterstützung.
EIN GLÜCKLICHES LEBEN
Diese Liste lässt sich natürlich beliebig fortsetzen, unsere Palette an verschiedenen Gefühlen ist bunt und vielfältig. Wenn es uns gelingt, zu erkennen, dass wir im Grunde als Menschen dieselben Bedürfnisse haben, könnte uns das wieder milder stimmen im Umgang miteinander. Wir könnten erkennen, dass wir alle uns ein glückliches Leben wünschen und zufrieden uns selbstbestimmt in Sicherheit leben möchten. Dass das unser gemeinsamer Nenner ist. Und wir lediglich verschiedene Vorstellungen davon haben, wie wir das erreichen können.
AUSHALTEN UND AUSGLEICHEN
Zugegeben, das ist schwer genug. Die Vorstellung von andersdenkenden, andersfühlendnen und andershandelnden Menschen so zu akzeptieren ohne das eigene Weltbild davon bedroht zu wissen. Wir sind geprägt von unserer Geschichte und unseren Erfahrungen im Leben. Hätte uns das Universum auf andere Pfade geschickt, würden wir mit ziemlicher Sicherheit auch anders da stehen. So verlasse ich mich darauf, dass es einen Grund hat, warum wir so verschieden sind. Dass es Sinn macht, unterschiedlich zu sein. Und dass wir auch alles von der Schöpfung mitbekommen haben, um diese Andersartigkeit auszuhalten oder auszugleichen. Wenn wir uns nur ein Herz nehmen, ein bisschen herunter kommen und uns dann auf Augenhöhe begegnen. Weil wir eins sind.
Jeder Mensch will wirksam sein.
Jeder Mensch will Leichtigkeit und Entspannung spüren.
Jeder Mensch will Gerechtigkeit erfahren.
Jeder Mensch möchte dazu gehören.
Jeder Mensch will Wertschätzung bekommen.
Jeder Mensch möchte etwas beitragen können.
Jeder Mensch will Abwechslung erleben.
Jeder Mensch möchte sich austauschen können.
Jeder Mensch will sich entwickeln.
Jeder Mensch möchte gleichwertig und ausgewogen behandelt werden.
Jeder Mensch möchte Harmonie und Schönheit erleben.
Jeder Mensch möchte Unterstützung erfahren.
Vielleicht sind wir am Ende des Tages gar nicht so verschieden, wie wir meinen. Nützen wir dieses Wissen, um wieder mit mehr Sanftheit aufeinander zu zu gehen. Es täte uns jedenfalls gut.
Wenn Kinder mit Tod und Trauer in Berührung kommen, sind die begleitenden Erwachsenen fast immer mit betroffen, was die Situation irgendwie erschwert. In einer Phase, wo man selbst wie vernebelt da steht und Unterstützung brauchen kann, sind Eltern auch noch gefordert, ihre Kinder gut zu begleiten.
Ob Kinder anders trauern als Erwachsene, welche Möglichkeiten wir in der Trauerbegleitung als Eltern haben und was man vermeiden sollte – all das hab ich in einem Gespräch mit Trauerbegleiterin Petra Maria Burger erfragt. Und hier für dich zusammen gefasst.
ERFOLGREICH AUSGEBLENDET
Ich geb’s zu: der Tod und die Trauer haben in meinem Leben – selbst als Erwachsene – bisher relativ wenig Platz eingenommen. So wie es bei den meisten Menschen ist, kommen die beiden plötzlich und meist unerwartet zu Besuch und bringen diese unerträgliche Schwere. Sie rücken aber immer meine Prioritäten zurecht, wofür ich dann doch wieder dankbar bin. Doch wenn Kinder trauern, ist manches noch mal anders.
EXPERTIN FÜR LEBENSWENDEN
Da ich selbst keine Fachfrau in dem Bereich bin, hab ich mir Know-How von einer Expertin zu dem Thema geholt. Petra Maria Burger ist Begleiterin für LebensWENDEN und ist in dieser Funktion auch als Trauerbegleiterin mit dem Tod öfter befasst als ich. Hier liest du, was wir ganz allgemein über’s Trauern besprochen haben und was es da bei Kindern zu beachten gilt.
ZWISCHEN TOD und TRENNUNG / VERLUST
Wenn Kinder trauern, hat das nicht immer zwangsläufig mit dem Tod eines Menschen zu tun. Für junge Kinder sind Verlust und Trennung oft ebenso schmerzhaft, weil ihnen bis zum Alter von 3 Jahren der Zeitbegriff fehlt. Sie leben völlig im Moment und unterscheiden nicht zwischen lebendigen und leblosen Dingen in ihrem Leben. Sie trauern auch um das verloren gegangene Lieblingsstofftier. Der Tod ist für sie wie eine kurze Abwesenheit von jemandem, etwas Vorübergehendes. Das ändert sich im Grunde nicht wesentlich bis zum Alter von 6 Jahren, wo Kinder immer noch die Idee haben, “ewig” zu leben. Das dürfen wir Erwachsene in Erinnerung behalten.
ZWISCHEN REALITÄT, FANTASIE und PHILOSOPHIE
Im Grundschulalter lernen Kinder langsam zwischen Realität und Fantasie zu unterscheiden, der Verstand schaltet sich bei dem Thema ein und der Tod wird oft personifiziert (“Der schwarze Mann”, “Teufel” ,…). Da können natürlich große Ängste entstehen, denen sie auch mit forschenden Fragen rund um das Sterben begegnen und alles genau wissen wollen. Erst später tauchen Sinnfragen (“Was ist der Sinn meines Lebens?”) auf und spirituelle Dinge (“Was kommt nach dem Tod?”) wollen besprochen werden. Sie erleben und gestalten oft schon bewusster ihren Trauerprozess.
WIE REAGIEREN KINDER?
Kinder können zwar je nach Entwicklungsstand nicht alles begreifen, doch sie zeigen dennoch Reaktionen – selbst wenn sie nicht “verstehen”, was da gerade passiert. Das kann alles sein:
Rückschritte in der Entwicklung (wieder Schnuller brauchen, einnässen, mehr Einschlafbegleitung benötigen,…)
Verhalten kann sich verändern (vor allem Gewohnheiten beim Schlafen, Essen, beim Rückzug,…)
Gefühle dringen heftiger an die Oberfläche: sie sind zornig, wütend, aggressiv, unruhig, ängstlich, ..
Ängste können auftauchen: vor Trennung, Abschied, Einschlafen, …
Fragen werden gestellt: Warum ist Oma gestorben? Wo ist sie jetzt? Kommen die Regenwürmer?
Wichtig zu wissen ist: es gibt keine “richtigen” oder “falschen” Reaktionen in der Trauer. So wie Kinder individuell sind, ist es richtig – so lange sie niemandem (sich selbst oder anderen) damit schaden. Die Trauer nimmt einen Platz in der Beziehung zwischen Eltern und Kindern ein. Diesen Platz dürfen wir als Erwachsene würdigen und betreuen. Und unsere eigene Trauer dabei leben.
Wie kann man also Trauer von Kindern begleiten?
MIT…
… HÄNDEN
ins Tun kommen, besonders, wenn Kinder verschlossen sind
etwas gestalten (eine Kerze verzieren mit Farben oder Dingen, die es an den verstorbenen Menschen erinnern, eine Zeichnung machen oder einen Brief schreiben,…)
einen Raum schaffen: eine Ecke in der Wohnung mit Erinnerungsstücken, Fotos einrichten
zum Grab gehen, Blumen hinbringen, Kerzen anzünden, …
alle Sinne mit ein beziehen um zu begreifen (Gerüche als Erinnerungen einordnen, das Lieblingsessen des Verstorbenen kochen, den Klang der Stimme auf Videos etc. anhören…)
sich halten und aushalten. Und sich gegenseitig trösten, um zu trösten! (NICHT: um das Weinen, traurig sein, … zu stoppen!)
begreifen: der Sarg ist wichtig, um den Tod zu begreifen, das gelingt “nur” mit der Urne schwerer
… GEFÜHLEN
nicht nur über den verstorbenen Menschen reden, sondern darüber, wie ich mich dabei gefühlt hab, als wir das mit ihm / ihr erlebt haben
gleichzeitige Gefühle bei Kindern zulassen: sie sind dazwischen auch fröhlich, ausgelassen und lustig. Das ist natürlich und braucht erwachsenes Verständnis, weil wir diese Emotionen eher “hintereinander” erleben.
teilhaben lassen! Auch wenn Kleinkinder nicht verstehen, was da beim Verabschieden (Begräbnis, Leichenhalle,..) passiert: wichtig ist das Gefühl, Teil des Familienverbandes, des “größeren Ganzen” zu sein!
gemeinsam schweigen können und einfach fühlen, wenn die Worte fehlen (“Ich weiß nicht, was ich sagen soll” – immer noch besser als ausweichen oder Kontakt vermeiden).
das Kind abholen, wo es ist: Wem öffnet es sich, wem vertraut es?
feinfühlig sein und auch nachfragen “Was brauchst du jetzt (von mir)?”
… WORTEN
Worte finden für das Gefühl und es benennen – bei sich selbst (es dem Kind vorleben) und beim Kind selbst (es unterstützen mit der Sprache)
im Gespräch bleiben, Erinnerungen austauschen und aufleben lassen
Geschichten erzählen, die man mit dem gegangenen Menschen erlebt hat
dabei den Namen des verstorbenen Menschen aussprechen
sich mutig den Fragen des Kindesstellen, aufrichtig beantworten UND
mutig Fragen stellen (“Kannst du schlafen? Magst du darüber reden? Weinst du dich in den Schlaf?”)
Anteilnahme AUCH dem Kind gegenüber zeigen “Es tut mir Leid, dass dein Opa gestorben ist!” (Sie nicht einfach übergehen!)
… VERSTAND
naturwissenschaftliche Erklärungen liefern für ältere Kinder (“Ja, wir bestatten den Körper, der wird verwesen.”)
auch absurde Fragen beantworten: Kommen da jetzt die Regenwürmer? (“Da drin leben Regenwürmer und ja, die machen alles wieder zu Erde, auch den begrabenen Körper.”)
jede Veränderung als natürliche Reaktion auf Verlust anerkennen
aufmerksam sein, wenn Jugendliche im “Netz” trauern – sich dafür interessieren und nachfragen! (“Hast du schon Erfahrungen geteilt im Internet? Wo machst du das? Möchtest du mich teilhaben lassen?”) Trauer kann dort leicht missbraucht werden, weil Kinder und Jugendliche in dieser sensiblen Phase besonders empfänglich für die tröstenden Worte sind, die dort gespendet werden können.
… VORSICHT
“Opa schläft jetzt für immer.” Bitte das Wort “schlafen” raus halten! Das könnte Auswirkung auf das Schlafverhalten haben und Ängste schüren!
“Das erste Jahr ist das Schlimmste!” oder “Es wird leichter werden!” Das weiß man nicht, also bitte NICHT sagen. Manchmal bleibt eine Resttrauer für das Leben lang da.
“Oma ist im Himmel und sitzt auf einer Wolke!” – bitte den Kindern nur sagen, wovon man selbst überzeugt ist! Die spüren sonst diese Ungewissheit! “Er lebt weiter in unseren Erinnerungen, wenn wir von ihm sprechen, einen Geruch mit ihm verbinden, …!”
nicht gleich ein verstorbenes Haustier “ersetzen”, wenn es gestorben ist – auch darum trauern!
ganzes Haus als Erinnerungszone zu gestalten, erschwert die Trauer!
… HILFE
annehmen, wenn möglich & zumutbar: Kinder von Freunden abholen / betreuen lassen – schafft Auszeiten für Kind und Eltern!
anbieten, wenn du jemanden kennst, der trauert:
“Was brauchst du in dieser Situation?”
“Ich hab mir gedacht, ich bring euch etwas zu essen / Kuchen / Obst … vorbei, wär das was für euch?”
“Was kann ich jetzt gerade für dich tun?”
suchen, wenn man als Elternteil überfordert ist; besonders bei Verlust des Elternteils – es gibt Trauergruppen, Rainbows, … wo man Unterstützung und Entlastung bekommt
UNBEGREIFLICH TRAURIG
Was für Kinder auch sehr schwer zu begreifen sein kann, ist das Thema Fehlgeburt. Wenn sie (direkt oder am Rande) mitbekommen, dass die Mutter eine Fehlgeburt erlebt, heißt es achtsam sein. Das Kind hat zwar vielleicht noch keine Bindung zum Ungeborenen aufgebaut, spürt aber die Trauer der Eltern über den Verlust und hat Fragen. Da kann es heilsam sein, klare Worte zu finden und das unbegreiflich Traurige auszusprechen …
“Wir hätten uns schon so gefreut, noch ein Baby zu bekommen. Darum sind wir so traurig.”
“Es scheint, als war es nicht gesund genug, um zur Welt zu kommen.”
Auch ungeborene Kinder dürfen ihren Platz im Familiensystem erhalten, gesehen und geehrt werden. Man kann einen Platz in Natur oder Garten für das Kind finden, eine Gedenkstätte für Ungeborene aufsuchen oder zum Beispiel auch ein Schifferl aus Naturmaterial basteln und es in einen Bach oder Fluss setzen. Und das Leben ziehen lassen. Empfehlung: aufmerksam hinhören, welche Fragen das Kind stellt. Diese (und nicht mehr) beantworten – aufrichtig und ehrlich, in kindgerechter Sprache. Dann wird es nicht überfordert von erwachsenen Antworten.
DEN WEG GEHEN
Abschließend kann man sagen: Trauer ist keine Krankheit, sondern ein Weg und somit Teil des Lebens. Man muss nach einem Verlust, wobei der Tod die endgültigste Form ist, nicht gleich wieder “funktionieren” wie immer, es darf dauern, bis man in der neuen Lebenssituation angekommen ist. Das Familienmobile wackelt heftig, wenn jemand verstirbt. Diese Unsicherheit und Bewegung macht sich in jedem System auf seine Art bemerkbar. Es ist anstrengend, aufreibend und Kräfte zehrend, sich dem Prozess zu stellen. Für Kinder und Erwachsene.
“Trauer ist Teil des Lebens. Sie ist Liebe, die über den Tod hinaus reicht. Nehmen wir sie an.”
Petra Maria Burger
Dieses Zitat ist für mich ein Schimmer der Hoffnung, ein Zeichen, dass wir trauern sollen und dürfen. Dass unsere Verstorbenen einen würdigen Platz verdienen und wir sie in den unterschiedlichsten Dingen des Lebens ehren dürfen. Und für sie weiter leben. Jeden Tag als Geschenk annehmen. Und dankbar bleiben für all das Gute, was wir durch sie und mit ihnen im Leben erfahren haben.
Menschen mit Kindern sind schon eine besondere Spezies. Erst wollen sie gern Nachwuchs haben. Dann sind sie dauernd unzufrieden und überfordert. “Ich mach das alles mal ganz anders!” denken sich viele Menschen, bevor sie ein eigenes Kind haben. Nicht zuletzt wegen einiger Gerüchte, die da so kursieren, wie das mit dem Eltern-sein wirklich ist. Ich überprüfe ein paar dieser Mythen heute auf ihren Wahrheitsgehalt und versuche zu erklären, ob und was wirklich dran ist. Streng unwissenschaftlich, aber mit viel Erfahrung und Einfühlungsvermögen der Autorin.
KINDERLOSE ERZIEHUNGSEXPERTEN
“Das kommt bei mir mal nicht in die Tüte!” hab ich damals der Schwägerin gesagt, als sie erzählt hatten, dass das Kind nur im Bett der Eltern einschläft. Gott sei Dank ist noch ein bisschen Zeit vergangen, bis unser erstes Baby das Licht der Welt erblickte. Bis dahin hatte ich den Satz schon selbst revidiert. Doch ging es uns nicht allen irgendwie so? Dass wir VOR den Kindern viel besser WUSSTEN, WIE das genau geht mit dem Schlafen, Füttern, Beruhigen und der Disziplin? Wir waren doch alle ein klein wenig solche kinderlose Erziehungsexperten, nicht?
Wenn du nicht weißt, wie du es mit deinem Nachwuchs “richtig” machen sollst, frag Menschen ohne Kinder. Die wissen das.
Quelle unbekannt
In den Partnerkursen für Brautpaare, die ich regelmäßig für die Abteilung beziehungseben halten darf, hab ich viel mit jungen (noch kinderlosen) Paaren zu tun, die bald Familien werden möchten. Es erstaunt mich immer wieder (und erheitert mich), was die so für Vorstellungen haben von Elternschaft. Welche Meinungen sie so über Eltern haben. Heut greif ich mal 9 davon auf und servier dir meine Sicht der Dinge dazu.
STIMMT DAS?
“Eltern lassen sich von ihren Kindern dauernd um den Finger wickeln.”
JA, wenn damit gemeint ist, dass Eltern einfühlsam und flexibel auf die Bedürfnisse ihrer Kinder angemessen reagieren. Es ist praktisch unmöglich, in dieser hochintensiven emotional aufgeladenen Beziehung eine kühle Taktik umzusetzen. Das geht nicht und es ist auch nicht notwendig. Im Gegenteil: mitfühlen und das eigene Reaktionen anpassen ist ein wichtiger Schlüssel für gelungene Beziehung und sichere Bindung.
NEIN, wenn damit gemeint ist, dass Eltern sich nicht gegenüber ihren Kindern wehren können. Elterliche Führung und Klarheit sind dennoch ein wichtiger Faktor. Das kann auch mal bedeuten, dem Kind nicht nachzugeben, eigene Grenzen aufzuzeigen und respektvoll aufrecht zu halten ohne sich dabei manipulieren zu lassen.
“Eltern, die ihr Kind im Elternbett schlafen lassen, bekommen die nie wieder raus.“
JA, wenn damit gemeint ist, dass es auch eine Gewohnheit werden kann und viele Kinder es einfach genießen in der Nacht die elterliche Nähe zu spüren, dadurch Sicherheit zu bekommen und ruhigeren Schlaf zu finden. So lang das für alle Beteiligten okay ist, kann das gern (lang) so sein.
NEIN, wenn damit gemeint ist: die schlafen auch noch als Erwachsene bei euch. Ich lieb den Spruch von Jan Uwe Rogge, der gern erklärt: “Wann sollten Sie sich Sorgen machen, dass das Kind immer noch bei Ihnen im Bett schläft? Wenn es 17 ist und den Freund mitbringen will!” Ich kenne keine einzige Erwachsene, die regelmäßig gern bei den Eltern im Bett übernachtet. Ich finde: die Bedürfnisse von Kindern UND Erwachsenen dürfen hier gehört werden.
“Eltern machen intuitiv alles richtig.“
JA, wenn damit gemeint ist, dass Eltern die Fähigkeit entwickeln können, ein Bauchgefühl zu entwicklen, das die Signale des Kindes rasch und passend zu beantworten. Intuition ist immer da, aber sie ist verwundbar (durch Stress, Sorge, ..) und auch oft verschüttet. Daher:
NEIN, wenn damit gemeint ist: du kannst das als Mutter oder Vater immer und von Anfang an. Geboren wird bei der Geburt nicht nur das Kind, sondern auch die Eltern. Sie sind Anfänger:innen und dürfen viel lernen mit und über das jeweilige Kind. Niemand “kann” es einfach so. Diese Skills werden erlernt, erlesen, erfahren, erworben und fallen nicht einfach vom Himmel. Intuition ist abhängig von eigenen Erfahrungen und Lernmöglichkeiten. Intuition erfordert eine feinfühlige Wahrnehmung und kann vom Verstand unterstützt werden.
“Eltern haben keinen Sex mehr.“
JA, wenn es bedeutet, dass die Frequenz zunächst abnimmt und Dinge sich verändern, weil nach einer Geburt mögliche Verletzungen, Schlafmangel, Stress und Hormone die Lust in den Keller verfrachten. Das ist völlig natürlich und darf auch so sein. Habt Geduld miteinander und versucht mit Flexibilität und Humor neue Wege zu entwickeln, Zärtlichkeit, Erotik und Sexualität zu leben. Auch hier kann man sich professionelle Hilfe in der Beratung holen.
NEIN, wenn gemeint ist: nie wieder oder von jetzt geht’s steil bergab. Ganz ehrlich – da gäbe es ja keine Mehrkindfamilien. Also. Viele Eltern schaffen es wunderbar, sich weiterhin auch als Liebespaar zu erleben und können Sexualität als das integrieren was es sein darf: Ein wunderbares Geschenk durch das wir unsere Liebe auch körperlich feiern, eine Quelle der Freude und Lust und lebensspendendes Element der Einzelpersonen und als Paar.
“Eltern machen dauernd ein Drama um alles – das kann doch nicht so schwer sein!“
JA, wenn es bedeutet, dass Eltern den Kopf oft voller Sorgen haben und darüber auch reden. Die Herausforderungen, die man mit Kindern erlebt gehen oft ans Eingemachte und das weckt Emotionen und Energien, die halt zeigen, wie sehr wir manchmal am Rand stehen. Und ja, es ist manchmal schwer. Auch wenn man viel Unterstützung bekommt.
NEIN, wenn damit gemeint ist: wir regen uns zu sehr künstlich auf über alles mögliche. Klar ist es auch eine Temperamentsfrage, wie schnell man “in die Luft” geht. Doch die Anforderungen, Erwartungen und der Druck, den Eltern spüren – von außen und von innen – sind echt. Und alle, die meinen, da könnte man ja ruhig darüber reden, sollen das gern probieren nach Wochen oder Monaten mit zu wenig Schlaf, zu kaltem Essen, zu blanken Nerven, wenig Körperpflege, zu wenig erwachsenen Gesprächen, zu viel Babygeschrei im Ohr und inmitten von Wäschebergen, gegen die der Mount Everest klein erscheint. Merke: Eltern mit unerfüllten Grundbedürfnissen wissen: the drama is real!
“Elternschaft ist doch nur eine Frage der Organisation!“
JA, wenn damit gemeint ist, dass man sich Hilfe und Unterstützung erbitten, erfragen oder zukaufen soll und das als Eltern alles organisiert.
NEIN, wenn damit gemeint ist, dass sich alle Schwierigkeiten mit ein paar Telefonaten und etwas Geld lösen lassen. Sichere Bindung kann man nicht kaufen. Aufgabengerechtigkeit kann man nicht kaufen. Liebe und emotionale Verfügbarkeit kann man nicht kaufen. Oft sind das die Dinge, die uns am meisten “ausrinnen” lassen. Auch wenn es in Österreich viele passable Sozialleistungen gibt. Bis zu echter Gleichberechtigung und fairen Verhältnissen in Bezug auf Carearbeit in Familien haben wir noch ein gutes Stück Strukturveränderung vor uns. Das kann man partnerschaftlich ausgleichen, wenn man finanziell sehr unabhängig ist. Für viele Familien fallen organisatorische Entscheidungen aber aus wirtschaftlichen Gründen. #truthbomb
“Eltern werfen alle guten Vorsätze, die sie vorher hatten, über Bord!“
JA, wenn das bedeutet, dass man mit der Erfahrung klüger wird und sein Verhalten danach anpasst statt stur bei überlieferten oder alten Leitsätzen zu bleiben.
NEIN, wenn damit gemeint ist, dass sie es nicht besonders gut meinen und nicht mehr das beste für das Kind wollen. Natürlich haben Eltern oft die besten Absichten und wählen dann leider Gottes eigenartige oder ungünstige Strategien für die Erreichung eines Ziels. Viele Eltern gehen aber sehr bewusst an ihre Elternschaft heran und sind überaus reflektiert und achtsam, was die Begleitung ihrer Kinder angeht. Sie passen ihr Verhalten sehr wohl öfter an und ändern leicht den Kurs als Menschen, die strikt die Marschrichtung einhalten ohne wahrzunehmen, was links oder rechts passiert. (Oder mit ihren Kindern und der Beziehung zu ihnen.)
“Eltern sind ja sooo gescheit, die wissen immer alles besser.“
JA, wenn damit gemeint ist: Eltern können ihr Kind am besten einschätzen, haben oft den sichersten Zugang zu ihnen und verfügen über die meiste Erfahrung was den Umgang mit ihrem Kind betrifft.
NEIN, wenn damit gemeint ist: die wissen alles für alle (anderen) auch besser. Eltern sind Spezialist:innen und Expert:innen für ihre Kinder und dürfen das auch sein. Was bei den eigenen Kindern hilft, hilft noch lang nicht bei einem anderen. Also Vorsicht bei (gut gemeinten) Ratschlägen, die eben auch Schläge sein können. Man kann immer fragen: Möchtest du wissen, wie das bei uns war? Darf ich dir eine Rückmeldung geben? Dann darf der oder die andere entscheiden, ob ja oder nein!
“Eltern sein macht Menschen irgendwie komisch und anders.“
JA, wenn das bedeutet: Eltern sein verändert Menschen. Wenn diese elementare Erfahrung an lebendigen Wesen spurlos vorbeigehen würde, würde ich mir mehr Sorgen machen. Eltern werden darf dich verändern. Eltern sein darf dein Leben verändern. Es steckt viel zu viel Gutes da drin, also nimm dir von dem, was Elternschaft dir schenkt! Lass dich bereichern und verändern!
NEIN, wenn man damit meint: seit die Eltern sind, sind die verrückt! Die meisten frisch gebackenen Eltern sind tatsächlich ver-rückt im Sinn von “etwas neben der Spur”. Es darf auch dauern, bis man sich in der neuen Rolle als Mutter oder Vater wieder findet bzw. sich überhaupt da entdeckt. Dass das “neu” und “anders” ist, als was wir bisher von diesen Menschen kennen, mag sein. Neues finden wir eben auch gewöhnungsbedürftig. Aber wer bestimmt hier schon, wer verrückt ist?
DIE WAHRHEIT UND NICHTS ALS DIE WAHRHEIT
Natürlich könnte man jetzt sagen: sie ist ja selbst Mutter! Klar sieht die die Dinge auch nicht, wie sie sind. Und wenn ich ehrlich bin: ich weiß es nicht so genau, ob meine Sicht der Dinge auf diese Mythen über Elternschaft der “Wahrheit” entspricht. Ich kann nur sagen: mit dieser, meiner Wahrheit kann ich als Mutter gut, nein besser leben. Es hilft mir, diese große Verantwortung leichter zu schultern. Und das Leben mit meinen Kindern mehr genießen zu können.
Sollte sich am Ende des Tages heraus stellen, dass ich falsch lag.
Na, dann hat’s zumindest mehr Spaß gemacht, so darüber zu denken.
Kennst du noch andere Mythen über das Eltern-sein oder so schlaue Sätze von Menschen ohne Kinder über das Leben MIT Kindern? Schreib mir gern in die Kommentare!
Falls du diesen Beitrag liest, bevor du dein erstes Kind bekommst:
Check dir mal die Infos dazu!
PLÖTZLICH ELTERN!
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Kaum jemals in der Geschichte stand unsere körperliche Gesundheit so im Fokus wie in den letzten eineinhalb Jahren. Oder soll ich sagen: das nicht-vorhanden-sein-eines-einzlenen-Virus mit mittlerweile nervigem Namen. Als Mensch, der im psychosozialen Bereich tätig ist, wird mir immer deutlicher bewusst (und nicht nur mir): diese Gesundheitskrise hat viele Gesichter. Und sie trifft die Jüngeren härter als Erwachsene. Mit Angststörungen, zwanghaftem Verhalten, psychischen Diagnosen.
TRIAGE AM LAUFENDEN BAND
Vor dem März 2020 wusste wohl nur medizinisches Personal, was “Triage” bedeutet. Dass man medizinische Hilfeleistungen bei Ressourcenknappheit priorisieren muss. Heißt soviel, wie: nicht alle bekommen Hilfe, die sie brauchen. Glücklicherweise haben sich nicht alle Horrorszenarien eins zu eins erfüllt. Doch nur weil auf Intensivstationen nicht wie prophezeit trainiert wurde, heißt das nicht, dass wir davon verschont sind. Kinder- und Jugendpsychiatrien sind nämlich längst übervoll und triagieren am laufenden Band. Und nur weil die Kinder nicht wie die Fliegen umfallen, nimmt die Politik das recht geduldig hin.
DA KANNST DU LANG WARTEN
Ich finde es einen Verrat an den nächsten Generationen, wie wir gerade mit ihnen umgehen und bedauere zutiefst, was ich in meiner Arbeit zu sehen bekomm. Ich bin auch überzeugt, dass wir diese Rechnung noch teuer zahlen werden dürfen. Viele Kinder und Jugendliche haben in den letzten Monaten traumatisierende Erfahrungen gemacht. Auf öffentliche Hilfe kann man hierzulande leider sehr lang warten. Also ist es wieder mal an uns Eltern, auch die seelische Gesundheit unserer Kinder mit zu bedenken und sie zu fördern.
WAS ELTERN TUN KÖNNEN
Die gute Nachricht ist: wir tun dabei nicht nur was für unsere Kinder, sondern auch für uns selbst. Weil hier gilt, was für fast alles in der Erziehung gilt: sie machen’s uns sowieso nach. (Die Frage, warum die Mehrheit der Kinder hier sehr, sehr “spezielle” Essenvorlieben hat, klären wir ein anderes Mal.) Anyways: wenn du die seelische Gesundheit deines Kindes stärken möchtest, dann mach das am besten, in dem du es VORlebst und -zeigst, wie es geht. Hier und heute beschreib ich ein paar Wege, die du dabei beschreiten kannst.
Erster Weg: Zeit für Pausen Wer mich und unseren Familienkalender (aus Erzählungen) kennt, der weiß: wir sind sehr oft ziemlich verplant, die Kinder zur gleichen Zeit in alle Himmelsrichtungen verteilt und es gibt immer was zu tun. Dennoch achte ich sehr darauf, dass ich mir und die Kinder sich Pausen nehmen und benenne diese auch. Eine Pause kann sein: + 10 min auf dem Sofa mit und auch mal ohne Bildschirmgerät + 20 min Bewegung draußen oder dösen in der Hängematte + 30 min quatschen und von der Seele reden oder sich zurückziehen und allein sein
ZweiterWeg: Frieden mit dir selbst schließen Wir alle und auch ich haben unsere Makel und Schwächen. Ich kann mich allerdings entscheiden, ob ich mich deswegen permanent miserabel fühle, oder Frieden mit mir schließe und sag: ja. So bin ich auch. Wenn wir auch unsere Schattenseiten besser akzeptieren und integrieren können, schauen wir nicht nur freundlicher auf uns selbst – dieser Blick gelingt uns vermutlich auch bei anderen besser.
DritterWeg: Gefühle anerkennen Das ist so ähnlich wie mit unseren kleinen Unvollkommenheiten. Gefühle sind nun mal, wie sie sind. Meist suchen wir sie uns nicht bewusst aus. Sie zeigen einfach an, wie es gerade um unsere menschlichen Bedürfnisse bestellt ist. Wenn wir also grauenhafter Laune sind, brauchen wir das noch nicht gut zu finden. Aber anerkennen, dass das sein darf, weil wir zu müde, hungrig, überlastet, gekränkt, energielos, beleidigt, allein, frustriert der sonst was sind: das dürfen wir schon. Und es bedeutet nicht, dass wir auch augenblicklich eine Lösung für das “Problem” haben. Anerkennen ist ein wichtiger und großartiger erster Schritt. Wir sagen uns damit: “Ich bin richtig, so wie ich mich fühle.”
VierterWeg: offene Haltung Gerade jetzt, wo Gesellschaftsgruppen gespalten und (bewusst) gegeneinander ausgespielt werden, ist es wichtig, aus dieser Dynamik bewusst auszusteigen. Eine offene, respektvolle Haltung gegenüber anders denkenden, fühlenden oder handelnden Menschen garantiert uns, dass wir unser Leben als soziale Wesen wieder besser hinbekommen werden. Ich darf denken, wie ich möchte. Du darfst denken, wie du möchtest. Wir können uns auch einigen, uneinig zu sein. Das geht. Es ist nicht so kuschelig, wie harmonische Einigkeit. Doch die Vielfalt wird uns retten und ein achtsamer Umgang miteinander. Davon bin ich überzeugt.
Fünfter Weg: innere Klarheit Ha! Leichter gesagt, als gelebt! Innere Klarheit gibt es nicht auf Knopfdruck. Sie ist eine Entwicklung, ein Lernprozess und ein Weg zu dir selbst. Darum auch so gut für seelische Gesundheit! Es bedeutet, heraus zu finden, was dich selbst ausmacht, wonach DU handeln möchest, welche Werte ganz und gar DEIN sind. Weg von der Fremdbestimmung hin zu Autonomie. Und für mich ganz persönlich bedeutet es auch, nicht “alles” haben zu wollen oder müssen, sondern mich bewusst entscheiden zu können – in größt möglicher Freiheit – und auf manche Dinge daher zu verzichten.
Sechster Weg: hol dir Hilfe Bei all diesen bisher genannten Dingen, die helfen, die seelische Gesundheit zu stärken, ist eins wichtig: du brauchst das nicht allein zu schaffen. Weder bei dir selbst, noch bei deinem Kind. Wenn du also merkst, dass du entweder allein nicht (oder zu langsam) weiter kommst, wenn du die Last deiner Sorgen teilen möchtest und dabei verlässliche und gute Begleiter brauchst, dann such dir professionelle Hilfe. Ja, es gibt zu wenig Versorgung auf Krankenschein. Und dennoch: es gibt viele gute Therapeuten, Coaches, Mentoren oder Ähnliches, die dir auf deinem Weg helfen können. Klar kannst du es auch allein schaffen. Zusammen geht’s halt schneller und leichter. Give it a try!
Siebter Weg: hilf Anderen Wie jetzt? Das passt doch NULL zu Weg Nummer 6?! Oh doch, und wie! In einer Zeit, wo der Ruf nach Selbstfürsorge und Selbstliebe scheinbar alles übertönt, kann das nicht genug betont werden. Wir bleiben nicht lang glücklich, wenn wir uns selbst lieben und anerkennen. Es ist wichtig. Vor allem, weil wir uns selbst zum Wohle für Andere einsetzen möchten! Und nicht nur, weil es dem Gegenüber hilft, sondern weil wir besonders SELBST davon profitieren! Ältere Kinder, die jüngeren etwas lernen, lernen selbst noch viel mehr dazu. Die letzte Stufe im Programm der Anonymen Alkoholiker lautet “Hilf einem anderen Alkoholiker.” Weil wir am DU noch mehr wachsen und uns stabilisieren. Weil es unsere tiefe Sehnsucht nach einem menschlichen Miteinander beflügelt. Weil es gut tut, Gutes zu tun in einer sonst so kalkulierten Welt.
INTERNATIONALER TAG DER SEELISCHEN GESUNDHEIT
Am 10. Oktober ist internationaler Tag der seelischen Gesundheit. Wir dürfen uns nicht nur darin üben, uns um unsere eigene psychische Verfassung zu kümmern sondern brauchen darüber hinaus auch ein höheres gesellschaftliches Bewusstsein für diese Krankheiten, die halt so gar nicht krank “aussehen”. Weil sie nicht bluten, keine abnormalen medizinischen Werte produzieren oder herausstehende Knochen beinhalten. Wichtig ist: wenn jemand schon psychisch krank ist (oder das vermutet), braucht es auch gute fachliche Begleitung. Menschen brauchen oft Unterstützung von Angehörigen, weil sie es alleine nicht schaffen würden, sich Hilfe zu organisieren.
A MENSCH MÖCHT I BLEIM
Vor allem aber braucht es unser aller Verständnis und Einfühlungsvermögen. Dass das so ist. Dass es diese Krankheitsbilder gibt und dass sie durch die Belastungen und der Angstmaschinerie der letzten 18 Monate befeuert wurden. Seien wir feinfühlig miteinander und unterstützend, wenn der Karren schon etwas verfahren ist. Und wenn’s grade noch so geht: achte und pflege deine Seele, dieses verletzliche und zarte Etwas. Weil wir genau das in einer hochtechnischen, digitalisierten und kalkulierten Zukunft brauchen: unsere Seele. Wenn wir keine Maschinen werden wollen. So wie Wolfgang Ambros so schön singt:
“A Mensch mecht i bleibn, und net zur Nummer mecht i werdn Und Menschn macht i sehng, wei i bin sehr dagegn Dass ma unsare Haisa nua mehr füa Roboter baun Und deppat nur ind′n Fernsea schaun!
A Mensch macht i bleibn, a klaans Geheimnis mecht i hom Kugerl mecht i scheibn und schena Stana mecht i grobn I mecht singn und lachn und üwahaupt tuan wos i wui Owa i glaub do verlaung i scho z’fui!”
Wie siehst du das? WIE stärkst du deine seelische Gesundheit? Lass mal wissen …
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