Skifahren lernen und Beziehungen führen – das sind doch völlig unterschiedliche Dinge!
HA! Weit gefehlt! In diesem Beitrag bekommst du Gedankenschnipsel aus meiner Woche, in der ich wieder mal die Ehre hatte, die Schnullerbären (=Anfänger:innen) im Skikurs zu betreuen. Ich durfte Betreuerin und Zeugin von unglaublich tollen Entwicklungen sein. Wie so oft in meiner Arbeit – auch abseits vom Ehrenamt. Welche fünf Parallelschwünge ich zwischen dem Skifahren und Beziehungen machen kann, liest du hier.
Zum 13. Mal waren wir heuer als Familie beim Eltern-Kind-Skikurs des örtlichen Vereins dabei. Ich hab die ehrenvolle und wichtige Aufgabe, den Minis (und manche sind knapp über 3 Jahre!!) hier das Skifahren zu zeigen und bin dabei drauf gekommen, dass es hier viele Parallelen gibt zum Thema Beziehungen.
1. DER ANFANG IST WICHTIG
Skifahren beginnt nicht beim ersten Mal “den Hügel runter fahren”. Es beginnt beim Aufwärmen, beim Kennenlernen, beim Klarkommen mit den schweren Schuhen, dem dicken Gewand und den “langen” Füßen, die man sich selbst anschnallt. In der Ebene, wo alle Kanten spielerisch erforscht und genützt werden dürfen. Das Lernen in der Ebene wird maßlos unterschätzt, dabei ist es essentiell.
Beziehung beginnt nicht erst bei der ersten Kindergartenfreundin, sondern lang vor dem ersten Atemzug und besonders in den ersten Tagen, Wochen und Monaten nach der Geburt. Wie verlässlich sind meine Bindungspersonen, werde ich gesehen und gehört, können meine Bedürfnisse ausreichend erfüllt werden. Dazu brauchen wir andere Personen, ein Gegenüber. Meistens sind das unsere Eltern.
2. ES BRAUCHT GEDULD UND EMPATHIE
Skifahren kann man nicht von “einmal zuschauen”, es braucht Zeit und Technik und Hingabe, es braucht Kraft und Energie und öfter braucht es auch eine gute Portion Überwindung. Es braucht Einfühlungsvermögen der Erwachsenen, die mit dieser schweren Ausrüstung schon lang vertraut sind und sich oft nicht mehr erinnern, wie anstrengend das besonders für junge Kinder sein kann. Es darf dauern und dabei brauchen die Kids Begleitung von emphatischen Erwachsenen.
“Stell dich nicht so an” oder “Schau halt, wie die das machen, das kann ja nicht so schwer sein!” hat noch selten einem Kind geholfen.
Beziehungen brauchen ebenfalls Geduld und Empathie. Anfangs weil man Nächte durchwacht, zu wenig Schlaf bekommt, zu viel kalt gewordenes Essen, oft unsicher ist, wie das mit dem Eltern-sein geht, den neuen Alltag erst kennenlernt, die Kontrolle über die Tagesgestaltung vorübergehend verliert, sich hilflos und überfordert fühlen kann und weil man sich so manches ein wenig anders vorgestellt hat. Einfühlsame Erwachsene, die immer wieder erkennen, dass das Kind nach Bedürfnissen tickt und nicht da ist, um sie zu “ärgern”, können eher günstiges Verhalten zeigen als misstrauisch genervte Eltern.
3. ANSTRENGUNG UND ERFOLG
Skifahren lernen geht nicht ohne Schweiß. Es braucht körperliche Anstrengungen, die nicht immer leicht fallen. Besonders Treppenschritte und Pinguinschritte bringen die Beginner oft an den Rand der Verzweiflung. Auch Stresssituationen beim Liftaussteigen oder nach Stürzen gehören dazu. Natürlich darf es Tränen geben. Und die, die durchhalten und dranbleiben, erleben oft schon nach wenigen Tagen echte Gipfelsiege!
Beziehungen dürfen auch anstrengend sein. Nicht immer ist alles “easy-cheesy”, auch wenn ich eine Anhängerin des Satzes “Es darf leicht gehen” bin. Einfache Phasen kann jeder gut aushalten und überstehen, in der Krise zeigt sich die Persönlichkeit. Wie gehen damit um, wenn wir unterschiedlich sind, uns streiten, uns nicht verstehen oder toll finden? Auch wenn “Erfolg” ein sehr dehnbarer und zutiefst subjektiver Begriff ist: er “folgt” dem, was zuvor in eine Beziehung investiert wurde.
4. HOCH HINAUS KOMMEN
Skifahren ermöglicht echte Glücksgefühle bei denen, die auch Spaß dran haben. Die Kids nach drei Tagen im Pulverschnee herunter kurven zu sehen, war schon beim Zuschauen ein echter Genuss, sie haben gelacht und gejuchzt! So gut! Solche Hochgefühle gibt es nur, wenn man auf der emotionalen Achterbahn dorthin nicht irgendwo im Tal ausgestiegen ist.
Beziehungen bringen ebenfalls Berg- und Talfahrten mit sich, wobei wir hier wahrscheinlich die Talfahrt weniger amüsant finden als die Bergfahrt – genau umgekehrt wie beim Skifahren, also. Zu lebendigen Beziehungen gehört halt einfach alles dazu. Wir könnten die Höhen nie erkennen und schätzen, wenn wir nicht auch die Täler durchwandern. Drum ist das Dranbleiben eine wichtige Sache, wenn man hoch hinaus kommen will.
5. DU DARFST DIR HELFEN LASSEN
Skifahren – hab ich schon hunderten Kids gelernt. Aber meinen eigenen Dreien nicht! Warum? Weil ich als Mama eine andere Rolle hab. Wir haben sie gern in die Hände von Expert:innen gegeben (im Verein unseres Vertrauens 😉 !) und dann vom Ergebnis profitiert. Wenn ich sehe, wie oft Eltern auf wirklich schwindelige Art und Weise versuchen, ihren Kindern das Skifahren beizubringen, wundert es mich nicht mehr, dass sich auch so viele grauenhafte Skifahrer:innen auf den Pisten tummeln. Die nicht nur eine Gefahr für andere, sondern auch für sich selbst sind.
Beziehungen brauchen auch manchmal Hilfe von Profis. Eltern können und müssen nicht alles selbst wissen. Sie sind Lernende vom ersten Tag an und dürfen das Know-How und die Erfahrung von Profis anzapfen, um besser vorwärts zu kommen. Natürlich sind Eltern (im Unterschied zum Skifahren) im besten Fall SELBST die umsetzenden Instanzen. Hilfreicher Support und lösende Ideen kommen jedoch oft von Außen leichter, weil man im eigenen System oft ein klein wenig “betriebsblind” ist und eine andere Perspektive ein absoluter Mehrwert sein kann.
Natürlich kann man auch schlechte Beziehungen führen, was viele Menschen ja auch tun – wie beim Skifahren, eben! 😉
THE BIG DIFFERENCE
Es gibt trotz aller Gemeinsamkeiten EINEN Unterschied, der wirklich essentiell ist. Wir werden diese Welt nicht mit perfekt ausgebildeten Skifahrer:innen retten. (Auch wenn das ein schöner Gedanke ist!).
Doch gut gebaute Beziehungen, sichere und verlässliche Bindungen, Urvertrauen und Mut, die Gewissheit Unterstützung zu haben oder holen zu können, Geduld und vor allem ein ganzes Stück mehr Empathie können diese Welt wirklich zu einem besseren Ort machen.
Damit wir nicht auch in Zukunft von komplett wahnsinnig gewordenen, persönlichkeitsgestörten Menschen und ihren gekränkten Egos in den Nachrichten hören müssen oder sogar ihre Gräueltaten ertragen.
Lebendig gelebte Beziehungen können jeden Tag an dieser Vision zimmern:
durch ein freundliches Lächeln für eine Fremde
mit einer hilfreichen Hand für einen, der sie braucht
in deiner mitfühlenden Geste für ein Kind, auch wenn ich es grad nicht verstehe
durch friedliche und respektvolle Worte zwischen dir und deinem Gegenüber
in der Zuversicht und dem Glauben daran, dass es gelingen kann.
Beziehungen, besser gesagt, gelungene Beziehungen sind also das Salz in unserer Suppe, das Sahnehäubchen auf unserer Lebenstorte, die Quintessenz unseres Antriebs – das haben wir ja im letzten Beitrag hier geklärt. Was jedoch macht eine Beziehung “gelungen”? Was brauchen menschliche Verbindungen, wenn sie für angenehm empfunden werden sollen? Wir werfen einen Blick auf die 5 Säulen, auf denen Beziehungen stehen.
ECKDATEN DER BFF – NOT
Ich bin sicher, du kennst eine solche Person: eine, die sich im gemeinsamen Kontakt immer so wichtig nimmt, gerne und ausgiebig von sich erzählt und dich kaum fragt, wie es dir geht. Mit der du jederzeit alles unternehmen kannst, was sie möchte, und kaum soll’s mal nach deinen Vorstellungen gehen, ist sie wie vom Erdboden verschluckt. Die gern deine Hilfe annimmt, aber so gut wie nie die ihre anbietet und schon gar nicht bemerkt, ob du welche nötig hast. Falls du ein Bild von so einer Person im Kopf hast, weißt du jetzt genau, was es braucht, damit Beziehungen schief laufen. Das sind die Eckdaten, die keiner im Profil der BFF (*Jugendsprache für Best Friend Forever) stehen haben will.
WAS RADFAHREN MIT BEZIEHUNGEN ZU TUN HAT
“Es ist so kompliziert, das mit den Menschen” … hat neulich eine überaus liebenswerte Klientin bei mir gesagt und ich musste lachen. Denn ja: einerseits sind wir zu Kooperation und menschlichem Miteinander geboren und motiviert. Und gleichzeitig braucht es tatsächlich ganz schön viel, um so eine Beziehung am Laufen zu halten. Frei nach dem platten, aber manchmal recht zutreffenden Spruch: “Was haben Beziehungen und Fahrradfahren gemeinsam? Bergab geht’s von selbst!”
Also schnapp ich mir nochmal eine Erkenntnis aus dem Buch “Prinzip Menschlichkeit” und drösle hier für dich auf, was es braucht, um gute Beziehungen erleben und gestalten zu können. Ich nenne sie für dich: die 5 SÄULEN für GELUNGENE BEZIEHUNGEN
SÄULE 1: EINANDER SEHEN UND BEACHTEN
Damit ist nicht nur sprichwörtlich das Sehen gemeint (auch wenn wir stark über diesen Sinn angesprochen werden), noch mehr ist es das “sich-gegenseitig-Wahrnehmen”. Darin steckt für mich einerseits der Aspekt, dass ich mich unabgelenkt, sprich: aufmerksam dem anderen zuwende. Gleichzeitig bedeutet es auch, dass ich den Anderen so sein lasse, wie er ist: ihn “wahr” nehme und nicht “falsch” abstemple mit seinen jeweiligen Gefühlen und Bedürfnissen. Das ist schon der fließende Übergang zum zweiten Teil dieser Säule: das “achten”. Achten bedeutet für mich in dem Zusammenhang: annehmen und auf das Bewerten verzichten. Einfach erklärt, schwer nachgemacht. Denn das Vergleichen und Bewerten haben wir meistens super gut geübt ganz im Gegensatz zum wertfreien Erfassen.
SÄULE 2: GEMEINSAME AUFMERKSAMKEIT TEILEN
“Gegensätze ziehen sich an!” “Wir sind so unterschiedlich, da ergänzen wir uns prima!” Ja, auch an diesen Sätzen ist etwas dran. Und gelungene Beziehung braucht ein Minimum an gemeinsamer Aufmerksamkeit, an gemeinsamer gerichteter Aktivität. Wie viel wir gemeinsam machen und was das ist, ist höchst individuell und in der Beziehung auszuhandeln. Immer wieder. Es ist notwendig unsere Bedürfnisse als Einzelne als Basis für die Entscheidungen zu verwenden: wann, wo, wieviel der verfügbaren Zeit und Energie wir auf UNS verwenden.
Auch hier gibt es meiner Meinung nach je nach Lebens- und Beziehungsphase natürliche Schwankungen. Nähe und Distanz dürfen wir, wie viele andere Gegensätze täglich neu austarieren.
Liebe besteht nicht darin, dass man einander anschaut, sondern dass man gemeinsam in dieselbe Richtung blickt!
Antoine de Saint-Exupéry
SÄULE 3: SICH AUF GEFÜHLE DES ANDEREN EINLASSEN
In einer gelungenen Beziehungen braucht es die Fähigkeit, sich auf die Gefühle bzw. die Stimmung des anderen einzulassen. Ein Mindestmaß an emotionaler Resonanz, quasi. Sich zum Beispiel von der Freude und auch von der Trauer des anderen anstecken lassen zu können ist ein überaus verbindendes und motivierendes Element in Beziehungen. Das kann natürlich nicht erzwungen werden und niemand muss selbst gleichermaßen dem Gefühl des anderen “erliegen”. Denk an ein Radio: es geht um ein Wahrnehmen der Frequenz, auf der das Gegenüber gerade “sendet”. Die Stimmung dort mitzubekommen und sich “einzutunen” ist überaus beziehungsfördernd. Auch wenn ich dann wieder auf meinen Sender umschalten möchte und darf.
SÄULE 4: GEMEINSAM HANDELN
Es ist meist völlig unterschätzt, wie verbindend das gemeinsame Tun ist. Egal ob es um Gartenarbeit, die gemeinsame Carearbeit oder um’s zusammen Kochen geht: einfache und ganz konkrete Dinge in die Tat umzusetzen ist für beide Seiten motivierend und bestärkend. Wenn hingegen einer nur delegiert und der andere sich aus Bequemlichkeit nicht in Bewegung setzt, kommt schnell Frust auf. Nebeneinander oder gleichzeitig für eine gemeinsame Sache zu arbeiten, Zeit und Energie aufzuwenden, kann die Beziehungskultur positiv prägen.
SÄULE 5: MOTIVE UND ABSICHTEN DES ANDEREN VERSTEHEN
Jetzt sind wir quasi in der Champions-League des Beziehungsgames angekommen. Damit man hierhin kommt, sind die Säulen eins bis vier praktisch Voraussetzung. Und dann braucht dieses Verstehen zusätzlich zu einem scharfen Beobachtungssinn und einer Prise Gespür vor allem eins: das Gespräch. Bei Kindern (je jünger, desto mehr) ist es schon erforderlich, dass die Eltern das Verhalten des Kindes wahrnehmen, interpretieren und darauf reagieren. Besonders, wenn sie eben noch nicht sprechen können.
Doch für erwachsene Beziehungen gilt: was ich nicht verstehe, kann ich womöglich erfragen. Was nämlich irgendwie fies ist: unser Gehirn möchte sich das “immer wieder neue Verstehen” ersparen und beurteilt lieber nach deinem alten und bekannten Schema. Ich brauch wohl nicht zu erwähnen, dass das für aktuelle Situationen und Beziehungen meist nicht hilfreich ist, wenn das Gehirn in der Vergangenheit kramt und Schablonen über das Jetzt legt. Ganz persönlich glaube ich, dass es bei dieser Säule vor allem um das unablässige Interesse am Tun des Anderen geht, weil es bedeutet: du bist mir wichtig. Ich möchte wissen, wofür du brennst, wobei du lebendig wirst. Auch wenn wir manche Dinge vielleicht nie 100%ig kapieren – der ehrliche Wille zählt für’s Werk.
NACH DEM WISSEN KOMMT DAS TUN
So, nun wissen wir also, welche Säulen gebaut werden sollen, wenn wir unsere Beziehung als schönes Dach über euch erleben möchtet. Welche Zutaten es benötigt, wenn ihr euch ein feines Beziehungssüppchen kochen wollt. Es gibt nur eine deprimierende Nachricht zum Schluss (sorry!): leider steht eine Beziehung nicht wie ein Designertisch auch auf drei oder vier Beinen gut – es braucht alle fünf, wenn sie langfristig halten soll. Doch immerhin: üblicherweise geht es ja darum, mit Menschen, die wir mögen, an etwas zu werkeln, das wir selbst gewählt haben. So schlimm sollte dieses “Dranbleiben” dann hoffentlich nicht sein.
IT TAKES TWO, BABY
Und noch ein Aspekt ist für mich erwähnenswert: es reicht nicht, wenn nur einer in der Beziehung all diese Sachen erfüllt und sich darum kümmert. (Eltern-Kind-Beziehungen mal ausgenommen, da gibt’s eigene Gesetze und Dynamiken.) Beziehung ist keine Einbahnstraße sondern eine zweispurige Fahrbahn. Jeder darf, kann und soll seinen Teil dazu beitragen, dass diese Säulen erbaut und erhalten werden, sonst wird’s schwierig. Bekanntlich braucht es zwei um eine Ehe (Beziehung) zu führen – und nur einen, um sie zu brechen. So schade das auch manchmal ist.
Und weil ich unmöglich mit einem negativen Gedanken aufhören kann: die frohe Botschaft! All das zu tun ist
meistens sofort möglich
braucht nur dich und deine Entscheidung dazu
baut unmittelbar vielleicht bröckelnde Säulen wieder auf
kostet dich keinen Cent
bringt euch näher zueinander.
Wenn du nicht weißt, wo du anfangen sollst, weil da ganz schön viel “Baustelle” ist in deiner Beziehung, dann lass uns zusammen arbeiten.
Ein Haus baut man auch nicht ohne professionelle Hilfe und ohne Plan – das heißt, man kann schon! Und anders ist es einfacher und effizienter!
Ruf gerne unverbindlich an, um abzuklären, ob wir “zusammenpassen” und ich die Richtige für euer Anliegen bin!
Was motiviert dich? Was motiviert Menschen generell? Wofür wollen wir unser Leben gestalten und warum bemühen wir uns überhaupt darum?Diese Fragen sind nicht nur zum Beginn eines neuen Kalenderjahres interessant und spannend. Heute und hier gibt es jedenfalls für dich einen Einblick in die Erkenntnisse der Neurobiologie, warum wir Menschen überhaupt motiviert sind, IRGENDWAS zu tun. Wir gehen der Frage nach, ob das Leben wirklich ein Kampf ist und sein muss und schauen, wofür wir Menschen gemacht sind. Und wofür auch nicht.
VORSÄTZE, ZIELE und MOTIVATION
Ich will gesünder leben, mehr Sport machen, weniger mit den Kindern schimpfen, eine Gehaltserhöhung fordern, einen Marathon laufen, den Großglockner besteigen, mit meiner Freundin ein Wochenende wegfahren, mir ein neues Auto gönnen, eine größere Wohnung beziehen, den Job wechseln. Solche und andere Dinge nehmen sich Menschen entweder zum Jahreswechsel vor – als “Neujahrsvorsatz” – oder einfach so im Alltag. Warum ich das grundsätzlich gut finde, hab ich schon mal ausführlicher beschrieben. Man kann sich auch stattdessen Leitsterne suchen, nach denen man in einem neuen Jahr orientieren möchte. Beides okay.
ANTRIEBSAGGREGATE DES LEBENS
Hinter selbstgesteckten Zielen stehen auf den ersten Blick die unterschiedlichsten Motive. Je nach Persönlichkeit, Temperament und individuellen Werten werden wir also von verschiedenen Faktoren angetrieben. All das hat natürlich mit unserer Geschichte und Entwicklung zu tun, mit äußeren Einflüssen und unserer Genetik. Doch warum suchen wir uns solche und ähnliche Ziele aus? Für welche Art des Lebens sind wir ganz ursprünglich gemacht? Was sind die Antriebsaggregate unseres Lebens?
EIN GEMEINSAMER NENNER FÜR MOTIVATION
In meiner Motivation, mich heuer wieder durch Hörbücher und Podcasts inspirieren zu lassen, bin ich auf das “Prinzip Menschlichkeit” von Joachim Bauer gestoßen. Da ging’s zu Beginn genau um diese Fragen und ich bekam überraschend erfreuliche Antworten. Hinter all diesen menschlichen Zielen, die wir uns stecken gibt es nämlich einen gemeinsamen Nenner, der – soviel sei schon verraten – mein Herz höher schlagen ließ.
DAS LEBEN IST (K)EIN KAMPF?
Lange Zeit glaubte man ja (nach den Erkenntnissen von Charles Darwin), dass das Leben des Menschen ein einziger Kampf sein muss. Dass rein das Überleben der fittesten, stärksten und aggressivsten Menschen der Grund für unseren Antrieb ist. Man meinte, Kooperation und soziale Resonanz sind nur dann für den Menschen wichtig, wenn es das eigene Überleben sichert oder dem dient. Na, Gott sei Dank hat die Neurobiologie ein paar neue und – für mich jedenfalls – erfreulichere Antworten gefunden. Und die Forscher waren dennoch selbst überrascht.
(NEUROBIO) LOGISCHE ANTWORTEN
Aus neurobiologischer Sicht sind unsere Motivationssysteme nämlich nicht auf gegenseitige Eliminierung und Kampf ausgerichtet, damit wir uns durchsetzen, andere besiegen oder uns mit ihnen vergleichen können. Kern aller Motivation des Menschen ist – und jetzt halt dich fest:
zwischenmenschliche Anerkennung
Wertschätzung
Zuwendung und Zuneigung zu finden UND zu geben!
Wir sind also von Natur aus auf soziale Resonanz und Kooperation angelegte Wesen und neigen (nur) zu aggressivem und kämpferischem Verhalten, wenn wir diese Dinge nicht bekommen können. Soll ja vorkommen im Alltag. 😉
GELINGENDE BEZIEHUNGEN & SOZIALE GEMEINSCHAFT
In teils aufwendigen Untersuchungen haben Wissenschaftler jedenfalls herausgefunden, dass NICHTS unsere Motivationssysteme mehr aktiviert als der Wunsch
von anderen geliebt und gesehen zu werden
(die Aussicht auf) soziale Anerkennung
das Erleben positiver Zuwendung und
die Erfahrung von Liebe.
Wir sind also in unserem tiefsten Innersten vor allem zu sozialer Gemeinschaft und zu gelingenden Beziehungen motiviert und tun fast alles im Leben, weil wir diese Ziele verfolgen. Manchmal bewusster, manchmal getarnt. Du kannst deine letzten “Ziele” gern mal auf diese Tatsache hin überprüfen! Stell dir einfach immer wieder die Frage: warum mach ich das? Wenn du tief genug gräbst, kommst du mit ziemlicher Sicherheit bei dem Punkt an, dass zwischenmenschliche Beziehungen oder soziale Anerkennung der Kern unseres Antriebs sind und diese sogar über dem Selbsterhaltungstrieb stehen, was in Tierversuchen bestätigt wurde.
TURN ON / TURN OFF
Im Hinblick darauf, was hier gesellschaftlich (vor allem auch für Kinder und Jugendliche) in den letzten beiden Jahren abging, wurden Dinge noch klarer und verständlicher für mich. Es ist nämlich so, dass die unsere Motivationssysteme im Gehirn abschalten, wenn es keine Chance auf soziale Zuwendung gibt. Und sie springen an beim Gegenteil.
WOFÜR WIR NICHT GEMACHT SIND
Wer also länger soziale Isolation und / oder Ausgrenzung erlebt (besonders gegen den eigenen Willen!), KANN gar nicht anders, als in Apathie zu verfallen und demotiviert zu werden. Nach 20 langen Pandemiemonaten und unzähligen Lockdowns ist dies der Zeitpunkt, sich selbst, den Kindern und Jugendlichen entweder anerkennend auf die Schulter zu klopfen, weil wir noch immer aufrecht durchs Leben gehen. Oder eine gewaltige Portion Verständnis, Empathie und Nachsicht für die Menschen aufzubringen, denen es (seit längerem) nicht gut geht. Und davon gibt es mehr, als wir denken.
ICH HAB’S DOCH GEWUSST
Wenn ich diese Dinge so in meinem Kopf und Herzen zusammenpurzeln lasse und mit Alltagssituationen überprüfe, die ich kenne, dann steht da fast in Leuchtreklamen als Überschrift: Ich hab’s gewusst.
Beziehungen sind das, was uns ausmacht.
Beziehungen sind das, was uns lebendig macht.
Beziehungen sind das, was uns antreibt. (Ach ja, zufälligerweise passt es haarscharf zu meinem inhaltlichen Leitstern als Unternehmerin).
Egal, ob es hierbei um die Beziehung zu mir selbst geht, meine partnerschaftliche Beziehung oder Eltern-Kind-Bindungen oder auch nur alltägliche, flüchtige oder freundschaftliche Beziehungen.
Beziehungen sind das Netz, das uns trägt, unser Halt und unsere menschliche Stärke und vor allem sind sie auch eins: unsere Motivation zu leben.
Kerstin Bamminger
Na, hast du schon eins deiner Ziele auf diese Theorie überprüft? Schreib mir gern oder kommentiere, wenn du zustimmst oder anderer Meinung bist!
Ich freu mich auf deine Erkenntnisse!
Quelle & Inspiration: “Das Prinzip Menschlichkeit” von Joachim Bauer; frei nacherzählt;
Seien wir mal ehrlich. Jeder von uns hat in den vergangenen zwanzig Monaten schon mal ein Streitgespräch über das leidige C-Thema geführt – auch ich. Diese Gespräche sind aufreibend, berührend und bewegend, besonders wenn wir sie mit unseren Liebsten führen. Da die Stimmung so aufgeheizt ist, hat mich überlegen lassen, was ich als Profi so über Deeskalation weiß. Dieses Wissen portioniere und teile ich heute mit dir. In der Hoffnung wieder ein Stück mehr Menschlichkeit in die Beziehungen zu tragen, die davon belastet sind.
ONLY BAD NEWS ARE GOOD NEWS
Wir Menschen sind täglich mit unzähligen Reizen konfrontiert. Viel mehr als wir verarbeiten können. Daher filtern gesunde Menschen automatisch – und wir können uns ganz bewusst manchen Themen entziehen oder uns davor schützen. Ich beobachte allerdings erstaunt, wie nachhaltig Menschen über die Medien seit vorletztem Frühling Bilder in den Kopf gezimmert bekommen, die sie oft wenig reflektiert übernehmen. Dass Radio, TV, Zeitung und Co immer schon Dinge pointiert, überspitzt und etwas dramatisch darstellen, weil only bad news good news sind, ist ein alter Hut. Doch klar ist: wir alle stehen unter diesem Einfluss. Und je nach Vorgeschichte und persönlichem Zugang gehen wir damit um. Und lassen uns oft entzweien und gegeneinander aufwiegeln.
IM SCHATTEN DER ANGST
Konflikte sind zwar grundsätzlich nichts Schlechtes und lediglich Ausdruck dafür, dass zwei Personen (oder eigene innere Anteile) zum Zeitpunkt unterschiedliche Bedürfnisse haben. Das Problem dabei ist, dass viele von uns sehr schlechte Lösungsstrategien haben, und: dass Konflikte immer angstbesetzt sind. Sie bringen unsere Schattenseiten hervor.
Angst ist bekanntlich (meist) ein schlechter Ratgeber, wenn es um Beziehungsgestaltung geht. Besonders, wenn Gemüter erhitzt und Temperamente hochgekocht sind. Damit es wieder gelingen kann, in Beziehung zu gehen und diese zu stärken, hab ich 7 Strategien zur Deeskalation für dich gesammelt.
1) PEACE NOW
Wenn wir uns das mal eingestehen und anerkennen, wäre der erste Schritt getan. Das braucht insofern Mut, als dass wir uns verletzlich zeigen. Es braucht einen verlässlichen Rahmen und die Gewissheit, dass mein Gegenüber diese Verletzlichkeit nicht ausnützt. In bodenständigen und herzlichen Beziehungen sollte das als Fundament vorhanden sein. Dann dürfen sich alle Parteien die Frage stellen: “Wofür lohnt es sich, den Kriegspfad zu verlassen und den Friedenspfad zu betreten?” Vielleicht ist das …
Ich möchte unsere Freundschaft erhalten.
Ich möchte friedliche Begegnungen in der Familie haben.
Ich möchte mit dir das Leben genießen.
Wichtig ist: beide Konfliktparteien brauchen Gründe, den Streit beilegen zu wollen. Eine:r allein ist zu wenig. Doch wenn beide wollen, dann sagt: “Peace now.” Und steigt aus aus der Streitsituation bewusst aus.
2) KLISCHEES ABBAUEN
Um es mal kurz zu fassen: NEIN, nicht alle Menschen, die sich impfen lassen sind hörige Schafe der Bundesregierung und nicht alle, die sich nicht impfen lassen wollen sind aluhuttragende Esoteriker:innen, die meinen von Bill Gates gechipt zu werden. Einfach nein. Es gibt wahrscheinlich soviele Gründe wie Menschen, das eine oder das andere zu tun oder eben nicht. Deeskalation braucht diese Sichtweise. Interessiere dich für dein Gegenüber. Warum entscheidet er oder sie sich so und nicht anders? Nur im persönlichen Gespräch kommen wir weg davon, was uns Medien tagtäglich vermitteln: die einen gegen die anderen.
3) EGO RUNTER
Dazu braucht es auch, dass wir alle unser Ego ein bisschen runter schrauben. Woran du erkennst, dass das noch zu groß ist? Wenn du immer noch versuchst, Menschen (ausdrücklich) von deiner Meinung zu überzeugen. Ja, ich weiß – das ist ein autsch.
Wenn wir uns auf Augenhöhe begegnen wollen und wieder in Beziehung gehen möchten, dann ist es dringend notwendig, das besserwisserische, überhebliche und penetrante Ich auf stumm zu schalten. Es braucht an der Stelle noch lang kein Verständnis. Zuhören, hinschauen und sich aufrichtig interessieren wäre ausreichend für den Anfang. (Das ist für manche eh schwer genug.) Und ansonsten: vereinbaren, Themen auszuklammern, um den Frieden zu sichern.
4) JA-HALTUNG
Nachdem wir nicht davon ausgehen dürfen, dass unser Gegenüber auch geniale Blogbeiträge (ups, das Ego) über Deeskalation gelesen hat und sich sofort kooperativ verhält, ist das Herstellen einer JA-Haltung hilfreich. (Klappt übrigens auch super im Umgang mit Kindern!)
Das schaffst du, indem du deinem Gegenüber mindestens drei Aussagen servierst, die er oder sie tatsächlich oder im Stillen (wenn grad jemand bockig ist 😉 mit “Ja!” beantworten kann. Versuch dabei, das Gefühl der Person zu erfassen.
“Ärgerst du dich gerade, weil wir uns schon wieder streiten?” “Bist du wütend, weil du das Gefühl hast, ich versteh dich nicht?” “Du bist traurig, dass wir darüber nicht gut reden können?”
Erst, wenn die andere Person dreimal (innerlich) mit JA antworten konnte, ist eventuell die Bereitschaft vorhanden, weiter zu sprechen und die eigenen Gefühle auszudrücken, wenn das für dich auch wichtig ist. “Darf ich dir sagen, wie es mir dabei geht?” Nach drei inneren Jas kann ein weiteres leichter “folgen”! Eine ruhige und respektvolle Stimmlage ist hier enorm wichtig. Der Ton macht die Musik!
5) SLOW -TALK
Damit ist ein konstruktiver Dialog gemeint. Es gilt zu erkunden: Was brauchst du? Was brauche ich?
Sich dabei an universellen Bedürfnissen zu orientieren ist empfehlenswert. Sonst tappt man schnell wieder in kommunikative Fallen, wird angriffig oder gegenseitige Vorwürfe bestimmen das Gespräch. Bei sich bleiben. In Ruhe von dem eigenen Innenleben erzählen. Der anderen Person aufmerksam zuhören. Sich ausreden lassen. Und dazwischen:
6) ATMEN
Atem ist Leben und die einzige überlebensnotwendige Körperfunktion, die wir auch bewusst steuern können. Wenn wir länger ausatmen als einatmen, beruhigt sich unser Nervensystem. Der Herzschlag geht runter. Wir können Altes, Verbrauchtes loslassen. Je stressiger und aufreibender der Alltag, desto flacher wird unsere Atmung und desto schlechter sind wir versorgt. Atmen ist eins der einfachsten und effektivsten Tools bei Stress, Streit oder Angst und wir sollten ihn ganz gewiss besser nützen, wenn wir dabei sind zu deeskalieren.
7) VW- METHODE
Hat nichts mit dem deutschen Autokonzern zu tun. Man kann sich aber gedanklich bei jedem Emblem daran erinnern. “Statt Vorwürfen: Wünsche.” Wir sprechen in der Alltagskommunikation und auch bei Streitthemen oft in Vorwürfen. Und die hört bekanntlich keiner gern, also schwächen sie die Beziehung. Klüger wäre, in Wünschen zu sprechen. Was den Alltag angeht:
Statt: “Immer lässt du deine Socken liegen!” Lieber: “Bitte wirf deine Socken in die Wäschetonne!”
Statt: “Du bist schon wieder zu spät daheim!” Lieber: “Kannst du morgen bitte um 5 da sein?”
Statt: “Hier schaut’s aus wie in einem Saustall!” Lieber: “Können wir hier gemeinsam aufräumen?”
Und was Corona betrifft:
Statt: “Du begreifst es einfach nicht, warum glaubst du nicht den Wissenschaftern?” Lieber: “Ich würd mir wünschen, dass du der Wissenschaft vertraust.”
Statt: “Du bist so unsolidarisch, denk doch mal an die Gesellschaft!” Lieber: “Ich wünsch mir, dass wir als Volk mehr zusammen halten.”
Statt: “Du bist echt ein Schaft, glaubst alles, was dir der ORF erzählt!” Lieber: “Ich würd mir wünschen, dass du kritischer Medien konsumierst!”
DEESKALIEREN OHNE LÖSUNG IN SICHT
Ich hab vorhin gesagt, es braucht zwei, um den Friedenspfad zu betreten. Das stimmt. Das Gute ist: es braucht auch zwei zum Eskalieren. Niemand kann eskalieren, wenn das Gegenüber nicht mit-eskaliert. Das bedeutet noch nicht, dass für den Streit Lösungen parat stehen. Doch Eskalation kann man vermeiden, in dem man einfach aussteigt aus der Spirale.
Ich wünsche dir und mir, dass es uns möglichst oft gelingt, eine oder mehrere dieser Strategien anzuwenden. Damit Beziehungen, die in den letzten Monaten womöglich ein paar Schrammen abbekommen haben, heilen können. Weil wir genügend Gründe finden, dran zu bleiben. Wohlwollend miteinander umzugehen. Und den Friedenspfad gemeinsam beschreiten möchten.
Als jemand, der sich sehr gut in die Köpfe und Gefühle anderer hineindenken kann, versuche ich so oft ich kann, die “Gegenseite” zu verstehen. Ganz ehrlich: DAS gelingt nicht immer. Was mir aber gelingt, ist das Wahrnehmen von Gefühlen und Bedürfnissen, die Menschen mit anderen Meinungen haben. Ich erkenne diese Fähigkeit immer als einen Punkt, der es mir ermöglicht, sanfter in der Debatte zu werden.
Wenn du das auch trainieren möchtest, tauche mit mir ein in die Welt der Gefühle und Bedürfnisse:
Haltungen, Meinungen und Werte haben uns Menschen immer schon voneinander unterschieden. Es ist also nix Neues. Was aber neu ist, ist die Tatsache, dass sich so viele Menschen gleichzeitig bei einem Thema entzweien, wie derzeit beim großen C. Wenn man früher noch die Chance hatte, gewisse Themen geschickt zu “umschiffen” ist es heute kaum noch möglich, das Thema auszusparen, weil es so allgegenwärtig ist. Höchste Zeit also, ein wenig hinter die Kulissen zu blicken und sich auf die Suche nach einem gemeinsamen Nenner zu machen, der wieder kitten kann, was so an Gräben aufgerissen wurde und immer noch wird.
LEADERSHIP IN FAMILIEN
Jeder Mensch wird in eine Familie hinein geboren und lernt dort sein erstes Wertekonstrukt kennen. Wir erfahren, worauf in der Familie wert gelegt wird, welche Gepflogenheiten, Rituale und Traditionen es gibt und all diese Dinge werden maßgeblich von den Erwachsenen in der Familie geprägt. Das ist auch gut so, denn Kinder im Aufwachsen zu begleiten erfordert ein ständiges Handeln und Entscheiden nach diesen Wertvorstellungen und da macht es Sinn, diese individuell und wohl überlegt abzustecken. Nur so können Mütter und Väter authentische Führungspersönlichkeiten sein und Leadership in Familien zeigen.
GEGENSÄTZLICHKEITEN ÜBERBRÜCKEN
Dass Dinge in anderen Familien ganz anders laufen, merkt man oft schon früh. Wenn man Freundinnen zuhause besucht, bei anderen Familien zu Gast ist oder spätestens, wenn man die eigene Schwiegerfamilie kennen lernt. Die Beziehungsarbeit, die dann notwendig ist, um solche Unterschiede oder Gegensätzlichkeiten zu überbrücken, ist entscheidend für das Gelingen des Zusammenlebens. Die Liebe zueinander hilft da natürlich ungemein – sowohl in freundschaftlichen als auch in partnerschaftlichen Beziehungen. Drum ist es auch grad im Großen Ganzen so schwierig, weil die Zuneigung und Verbundenheit fehlt.
IM NENNER BEDÜRFNISSE
Was aber tun, wenn plötzlich auch im “Kleinen” Sand im Getriebe ist und selbst in familiären Beziehungen Differenzen ausgebügelt werden sollen? Geschweige denn im großen gesellschaftlichen Ganzen? Mir hilft es, wenn ich mich darauf besinne, dass wir alle grundsätzlich dasselbe wollen und brauchen. Auch auf die Gefahr hin, dass du mich für völlig verrückt erklärst: JA, das meine ich wirklich so. Vielleicht benötigen wir nicht alle alles im selben Ausmaß und ganz sicher nicht immer zum gleichen Zeitpunkt, aber ja: das ist unser gemeinsamer Nenner. Wir haben alle (die gleichen) Bedürfnisse.
WIR WOLLEN DOCH ALLE DAS SELBE
In der friedvollen Kommunikation ist das Ausdrücken von Gefühlen und Bedürfnissen ja die Basis von allem und somit nicht nur wichtig sondern auch hilfreich, wenn wir einander verstehen oder zumindest erkennen wollen. Im Groben lässt sich sagen, dass jeder Mensch einerseits verbunden sein will, also zu einer Gemeinschaft dazugehören mag und auch selbstbestimmt sein möchte. Dazu kommt das Bedürfnis, sich entspannen zu können und gleichzeitig sicher zu sein, bzw. sich sicher zu fühlen. Natürlich kann man das jetzt noch viel genauer aufdröseln, doch im Wesentlichen läuft es auf diese Dinge zusammen.
WARNBLINKANLAGE GEFÜHL
Da wir nicht wie Autos automatische Warnanzeigen haben, die zu blinken beginnen, wenn ein Bedürfnis nicht ausreichend gedeckt ist, brauchen und haben wir unsere Gefühle. Sie sind die Indikatoren dafür, wie es uns geht, sie zeigen auf, wenn unsere Bedürfnisse grad halbwegs erfüllt sind und wann eben eher nicht. Gefühle bei erfüllten Bedürfnissen wahrzunehmen und auszudrücken macht uns dankbar und ausgewogen, wir spüren Leichtigkeit und Freude und können unser Dasein wertschätzen. Wir genießen es, in solchen Emotionen zu baden.
STRATEGIEN IM MANGEL
Gefühle bei unerfüllten Bedürfnissen anzunehmen ist dagegen viel schwerer, weil sie irgendeine Form des Handelns erfordern. Schließlich mag man nicht in einem Zustand verweilen, der sich unangenehm anfühlt. Wenn wir also ängstlich, gestresst, wütend, verärgert, traurig, ohnmächtig, unzufrieden, einsam, frustriert oder hoffnungslos sind, dann macht das was mit uns. Wie wir darauf reagieren, wie wir damit umgehen, ist jedoch höchst unterschiedlich und hängt mit den erlernten Strategien im Lauf des Lebens zusammen.
DEIN GEFÜHL HAT IMMER RECHT
Ein erster wichtiger und guter Schritt ist jedenfalls, das eigene Gefühl wahrzunehmen, versuchen, es möglichst präzise zu benennen (Eltern machen das stellvertretend für ihre Kinder, wenn die das sprachlich noch nicht können) und dann anzunehmen. Ein Gefühl ist immer richtig, so wie es im Moment empfunden wird. Auch wenn wir die Auslöser dafür (wenn das Brot des Kindes beim Frühstück falsch durchgeschnitten wurde), nicht verstehen oder nachvollziehen können. Das Gefühl ist die Realität des Menschen, egal ob das jemand anderes auch noch versteht. Diese Erkenntnis und das Zugeständnis ist wichtig.
ANERKENNEN UND AUSSPRECHEN
Und wenn ich aufhöre, mit der Realität zu streiten – indem ich mir selbst oder anderen bestimmte Gefühle abspreche – kann ich mich und den anderen wieder ernst nehmen. Dann kommt der schwierigere Teil: solche unangenehmen Gefühle entweder aushalten oder reflektieren woher die kommen (die meisten von denen kennen wir aus sehr frühen Kindertagen) und gegebenenfalls in die Handlungsfähigkeit kommen. Dabei hilft es, auszusprechen, wie es da drin in mir aussieht:
Ich fühle mich bedrängt und wünsche mir mehr Selbstbestimmung und Unabhängigkeit.
Ich fühle mich frustriert und wünsche mir, wirksamer sein zu können.
Ich fühle mich ohnmächtig und wünsche mir, etwas beitragen zu können.
Ich fühle mich einsam und wünsche mir, dazu gehören zu können.
Ich fühle mich hoffnungslos und wünsche mir Vertrauen, Ordnung und Klarheit für meine Zukunft.
Ich fühle mich traurig und wünsche mir mehr Erholung, Ruhe und Harmonie.
Ich fühle mich gleichgültig und wünsche mir mehr Respekt und Wertschätzung.
Ich fühle mich wütend und wünsche mir mehr Gerechtigkeit und Unterstützung.
EIN GLÜCKLICHES LEBEN
Diese Liste lässt sich natürlich beliebig fortsetzen, unsere Palette an verschiedenen Gefühlen ist bunt und vielfältig. Wenn es uns gelingt, zu erkennen, dass wir im Grunde als Menschen dieselben Bedürfnisse haben, könnte uns das wieder milder stimmen im Umgang miteinander. Wir könnten erkennen, dass wir alle uns ein glückliches Leben wünschen und zufrieden uns selbstbestimmt in Sicherheit leben möchten. Dass das unser gemeinsamer Nenner ist. Und wir lediglich verschiedene Vorstellungen davon haben, wie wir das erreichen können.
AUSHALTEN UND AUSGLEICHEN
Zugegeben, das ist schwer genug. Die Vorstellung von andersdenkenden, andersfühlendnen und andershandelnden Menschen so zu akzeptieren ohne das eigene Weltbild davon bedroht zu wissen. Wir sind geprägt von unserer Geschichte und unseren Erfahrungen im Leben. Hätte uns das Universum auf andere Pfade geschickt, würden wir mit ziemlicher Sicherheit auch anders da stehen. So verlasse ich mich darauf, dass es einen Grund hat, warum wir so verschieden sind. Dass es Sinn macht, unterschiedlich zu sein. Und dass wir auch alles von der Schöpfung mitbekommen haben, um diese Andersartigkeit auszuhalten oder auszugleichen. Wenn wir uns nur ein Herz nehmen, ein bisschen herunter kommen und uns dann auf Augenhöhe begegnen. Weil wir eins sind.
Jeder Mensch will wirksam sein.
Jeder Mensch will Leichtigkeit und Entspannung spüren.
Jeder Mensch will Gerechtigkeit erfahren.
Jeder Mensch möchte dazu gehören.
Jeder Mensch will Wertschätzung bekommen.
Jeder Mensch möchte etwas beitragen können.
Jeder Mensch will Abwechslung erleben.
Jeder Mensch möchte sich austauschen können.
Jeder Mensch will sich entwickeln.
Jeder Mensch möchte gleichwertig und ausgewogen behandelt werden.
Jeder Mensch möchte Harmonie und Schönheit erleben.
Jeder Mensch möchte Unterstützung erfahren.
Vielleicht sind wir am Ende des Tages gar nicht so verschieden, wie wir meinen. Nützen wir dieses Wissen, um wieder mit mehr Sanftheit aufeinander zu zu gehen. Es täte uns jedenfalls gut.
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