von Kerstin Bamminger | Juli 2, 2020 | Allgemein, Gute Worte, Hilfreich, Leben
Also, so war das nicht geplant. Heute ist hier letzter Schultag. Ho-ruck werden ab morgen wieder alle Betreuungs- und Bildungseinrichtungen in einigen Bezirken in OÖ geschlossen. Da war doch dieses Dings, ach ja: CORONA!
Der Wink mit dem Zaunpfahl lautet wohl: geht’s euch alle brav wieder fürchten, die Pandemie ist nicht vorbei!
Wovor ich mich wirklich fürchte und was mir durch den Kopf geht, wenn ich an Familien und Kinder denke angesichts der Maßnahmen dieser Tage, kannst du heute hier lesen.
Geplant hatte ich ja mal, dass ich zum Schulschluss (das wäre dann nächste Woche gewesen) einen Rückblick über die Grundschulzeit schreibe, dazugehörige Erlebnisse und Ideen zur Verbesserung. (Wird’s auch geben, nur – wir haben dann schon eine Woche Ferien).
Dass man im Leben nicht immer alles planen kann, ist mir schon länger bewusst. Ich lass mich auch gern mal überraschen und kann mit Veränderungen grundsätzlich sehr gut umgehen, wie ich meine. Doch hier geht’s für mich nicht um eine unvermeidbare, schicksalhafte Entscheidung, sondern um etwas Anderes.
ZU SEHR ALTE NORMALITÄT?
Ich hatte schon geglaubt, mich an eine “neue Normalität” zu gewöhnen. Ganz ehrlich war es sogar sehr nah dran an meiner “alten Normalität”, weil ich nicht jemand bin, die jedes Wochenende um den Globus jettet, dauernd Großveranstaltungen besucht oder am laufenden Band in brechend vollen Diskotheken die Nacht zum Tag macht.
Die Kinder durften einige der geliebten Freizeit Aktivitäten wieder aufnehmen, ich konnte langsam meine persönlichen Klientenkontakte durchführen und erneut face-to-face Kurse planen, ein löchriger, aber dennoch zumindest minimal vorhandener Schulalltag war gegeben, es hat sich ganz gut angefühlt, eigentlich.
So nach Zuversicht.
Nach “wir schaffen das”.
ZUVERSICHT STREUEN? DENKSTE!
Doch denkste: so leicht sollen wir bloß nicht glauben, dass es ist. Wir sind gefährlich füreinander, außerdem rücksichtslos und wir fürchten uns definitiv zu wenig, weil wir so tun, als wäre alles wieder beim Alten. Die Menschen wurden lebensfroher, haben auch kritisch betrachtet, was da so passiert ist vor einigen Wochen. Viele waren gar nicht mehr so sehr einverstanden mit der Proportionalität der Einschränkungen gegenüber der tatsächlichen Gefahr, die sich darstellte.
Da kommt so eine Maßnahme (Schulschließungen) natürlich genau richtig, um uns zu erinnern: wir sind in einer Pandemie, das Leben ist tödlich! Habt Angst! Das ist gefährlich! (Außerdem haben wir noch keine verpflichtende App und auch keine Impfung.)
Einmal ganz abgesehen davon, dass die Entscheidungsträger anscheinend noch immer völlig hilflos agieren (und genau gleich wie vor dreieinhalb Monaten) und auch wie es aussieht nichts dazugelernt haben, frag ich mich ernsthaft, ob jemand bedenkt, was man damit auslöst.
Und bitte: diesmal zählt das Argument einfach NICHT, man hätte nicht Zeit gehabt, darüber nachzudenken.
WAS IST DAS ZIEL?
Angst und Schrecken zu verbreiten ist – und auch diese Diskussion hatten wir doch schon – kein probates Mittel um Menschen zu schützen, die sich gegen ein hochansteckendes und möglicherweise auch gefährliches Virus schützen oder wehren sollen.
Wenn ich auch sonst nicht viel von Virologie verstehe und von Infektionsketten und solchen Dingen, dann zumindest das: unser Körper wird, wenn er mit Angst konfrontiert wird (und noch mehr mit unseren Urängsten) nicht stark sondern SCHWACH!
Wir brauchen Mut und Zuversicht, damit wir gut durch Krisen kommen. Doch ich spüre vor allem Unwissenheit, Täuschung und Manipulation.
MIT DER GEFAHR LEBEN
Wir werden lernen dürfen mit Corona zu leben und brauchen endlich eine bodenständige Einschätzung der Gefahr. Denn auch mit einer App wird das Virus weiterexistieren, sich verändern und vielleicht noch mehr Probleme machen. Und auch mit einer Impfung gibt es (Achtung, breaking news:) KEINE 100%ige Sicherheit. Also, wenn unser Ziel ist, Corona auszurotten, dann können wir uns glaub ich tatsächlich von einem planbaren Alltag verabschieden.
Ja, das Leben ist potenziell gefährlich. Nicht wegen Corona. Auch wegen dem Straßenverkehr, Unfällen im Haushalt, gewalttätigen Übergriffen, psychischen Traumatisierungen, anderen Krankheiten.
WAS ECHT ZUM FÜRCHTEN IST
Was mir viel mehr Sorgen bereitet, ist der Umgang mit den zukünftigen Generationen. Mir nix, dir nix werden sie aufs Abstellgleis geschoben. Soll sich sonst wer darum kümmern. WIE das passiert ist ja mehr als fraglich. Anstiege bei den registrierten Missbrauchsfällen sind ja längst kein Geheimnis. Doch auch wenn keine körperlichen Übergriffe passieren: SO VIELE Kinder sind und waren schon während dem ersten Lockdown sich selbst überlassen. Waren alleine, während Eltern arbeiten gehen mussten und sich nicht getraut haben, die Kinder in den Notbetrieb zu schicken, da red ich noch nicht davon die “Schande” einzugestehen, dass man es “nicht schafft” daheim. Eine ganze Generation verkümmert hier und wird einfach zu wenig beachtet. Die Folgen dieser Erlebnisse wird man erst in vielen Monaten oder Jahren einschätzen können.
WEGEN DEN PAAR WOCHEN
Wer jetzt meint, das kann ja nicht so schlimm sein, die Kids mal ein paar Wochen nicht so gut zu betreuen, dem sei gesagt: selbst hier (in einem diesbezüglich sehr privilegierten Haushalt, weil immer ein Elternteil greifbar war) waren Auswirkungen deutlich spürbar und was wir als Familie abfedern durften an Enttäuschung, Frust, Angst, Verwirrung, Antriebslosigkeit, Trauer, Wut und Sorgen war hart an der Grenze. Ich mag mir nicht vorstellen, wie es Kindern und Jugendlichen (JA, auch 16-jährige brauchen noch elterliche Zuwendung, besonders in Krisenzeiten!!) ergangen sein mag, die in dieser Zeit völlig auf sich gestellt waren.
ICH HAB DAZU GELERNT
Was mich betrifft, so hab ich dazu gelernt. Ich werde nicht mehr darauf warten, dass politische Entscheidungsträger uns erlauben, soziale Kontakte zu pflegen, wenn ich merke, dass das nötig ist. (Und dann behaupten, private Treffen waren eh immer erlaubt.) Bei allem Respekt für meine Mitmenschen und sorgfältigem Umgang werde ich mich um uns kümmern.
Ich werde kritisch hinterfragen, und öffentlich darüber reden, was man wohl mit gewissen Maßnahmen erzielen mag und nicht in Schockstarre verfallen, sondern in der Liebe bleiben – so wie es von Anfang an geplant war.
In der Liebe zu meinen Kindern, meiner Familie, meinem sozialen Umfeld und zu mir selbst.
Ich werde auffangen, trösten und mitleiden, weil kein Abschied möglich war, Veranstaltungen wieder abgesagt werden, das Schulende nicht gefeiert werden konnte, das Fußballspiel wieder nix wird und meine Kurse wieder auf wackeligen Beinen stehen.
Vor allem aber werde ich das Konzept der Angst nicht mittragen. Auch wenn ich mich gegen öffentliche Entscheidungen nicht wehren kann. Der Angst gebe ich IN mir keine Chance. Für mein Leben will ich Zuversicht, Hoffnung und ein Konzept, das auf etwas Postitivem basiert.
Zum Beispiel Liebe.
Und Vertrauen ins Leben.
Darauf, dass es gut wird und Sinn macht. Irgendwann, zumindest.
(So, danke für’s Zuhören. Das wollte ich mir heut von der Seele schreiben.)
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von Kerstin Bamminger | Juni 5, 2020 | Allgemein, Gute Worte, Hilfreich, Leben
Dass Kinder verschieden sind, ist ja nun keine bahnbrechende Neuigkeit.
Dass jeder Mensch gute und bessere Tage hat, auch nicht.
Dass Eltern aber ab und zu echte Meisterleistungen in punkto Anpassungsfähigkeit erbringen dürfen, weil die immer voll im Moment lebenden Kinder ziemliche Achterbahnfahrten mit ihren Gefühlen erleben, will ich heut mal würdigen.
Mein Leben also zwischen Kaktusphasen und Kuschelepisoden.
Ich merk es ja selbst. Jeder Tag ist anders und ich fühle mich nicht immer gleich.
Das mag damit zu tun haben, wie gut man geschlafen hat, welche Gedanken einen gerade beschäftigen, ob der Tag sehr dicht verplant ist oder eher viel Freiraum bietet, wieviel Bewegung und frische Luft man so zur Zeit bekommt, ob (schwelende) Konflikte in der Luft liegen oder sich kürzlich in einem Gewitter entladen haben, ab und zu ist auch das Wetter mit Schuld und ganz sicher auch die Hormone.
Nun ist es ja oft schon schwer genug, sich selbst auszuhalten mit den eigenen Launen und Befindlichkeiten. Als Eltern leisten wir dazu noch extra viel, wenn wir auch noch ein oder mehrere Gegenüber (in Form von Kindern) dabei begleiten und sie aushalten.
Was man zwischen Kaktus (“Schau mich nicht an! Rühr mich nicht an! Red mich nicht an!”) und Kuschelbär (“Du bist die beste Mama der Welt! Ich hab dich lieb! Wieso bist du so gut zu uns?”) gut gebrauchen kann, hab ich versucht hier zusammen zu tragen.
Annehmen. (“Es ist, wie es ist.”)
Ich hab mal gelesen: wenn wir mit der Realität streiten, sind wir immer die Verlierer. Das kann man als Eltern insofern nutzen, als dass man nicht versucht, dauernd etwas anderes zu wollen, als man gerade hat. Wenn ein Kind zum Beispiel tobt und weint, hilft es meist wenig, sich in dieser Situation auch noch lautstark darüber zu beschweren und zu lamentieren, wie furchtbar das gerade ist. Klar, wünschen wir uns einen harmonischen Alltag und einen entspannten Umgang, doch die Realität ist eben, dass wir – und unsere Kinder – auch mit viel Frust umgehen dürfen. Und der lässt sich eben nicht einfach wegblasen wie die Samen einer Pusteblume. Da gibt’s eben heftige Gefühle und ungehemmten Ausdruck, die als Ventil dienen, um sich von innerem Druck befreien zu können. So lange keine anderen Lebewesen und Gegenstände dabei zu Schaden kommen, darf das sein. Ansonsten braucht es dienlichere Strategien, mit dem Frust umzugehen.
Jemandem zu sagen: “… geh, sei doch nicht so wütend!” ist meiner Erfahrung nach wenig Hilfe.
Wahrnehmen. (“Aha. So ist das also.”)
Wahrnehmung ist immer “wahr”, sonst würde es ja “Falschnehmung” heißen. Was einfach klingt, ist oft ganz schön schwer zu verstehen. Wenn wir nicht verstehen, warum das Kind jetzt Angst hat, auf das Baumhaus zu klettern oder wir nicht nachvollziehen können, woher ein Tobsuchtsanfall kommt. Beim Wahrnehmen kann man sich darin üben, ohne Wertung zu beschreiben. Weil Wahrnehmen noch nicht “verstehen” ist. Also kann ich sagen: “Wow, du hast ein hochrotes Gesicht und die Tränen rinnen über die Wangen, du schreist, so laut du kannst – du musst ganz schön ärgerlich sein.”
Das beinhaltet nicht, dass ich das verstehen muss. Doch was wir dabei tun, ist: das Kind sehen. In dem Zustand, in dem es jetzt eben ist. Das geht natürlich auch im Positiven: “Ich sehe deine leuchtenden Augen und dass du ganz sacht auf meinen Schoß krabbelst und dich anschmiegst – willst du kuscheln?”
Wir können uns bemühen, in diesen emotionalen Phasen zwischen Kaktus und Kuschelbär mit zu fließen, auch wenn wir sie nicht verstehen. Und versuchen, zu geben, was das Kind in dem Moment braucht.
Gelassen bleiben. (“Ich bin gut genug.”)
Das hört sich hier einfacher an (und ist auch einfacher geschrieben) als es getan ist. Besonders, wenn wir wieder bedenken, dass auch wir Erwachsene Menschen mit Gefühlen und unterschiedlichen Bedürfnis- und Gefühlslagen sind. Das eigene “raus” zu halten, geht einfach oft nicht und beeinflusst unser elterliches Tun maßgeblich.
Wenn es uns also gelingt, gut und angemessen auf diverse emotionale Höhenflüge oder Tiefschläge der Kinder zu reagieren, dann ist das wunderbar. Wir können auch einfach danach fragen: “Was kann ich für dich tun?” “Was brauchst du, damit es dir wieder besser geht?”
Wenn aber mal Geduld und Nerven zu Ende gehen und der Tag schon lang ist, dann ist es wichtig, die eigenen Ansprüche runter zu schrauben und gelassen zu bleiben.
- Oft ist weniger mehr.
- Einfach in den Arm nehmen oder dem Kind den Rückzug gönnen.
- Zuhören, ohne gleich was drauf sagen.
- Hinschauen, ohne gleich eine Wertung aufzutischen.
- Atmen und loslassen.
Eltern können (und sollen) bitte nicht alles richtig machen. Es ist erstens immer im Auge des Betrachters, zu beurteilen, was nun richtig ist und was nicht. Zweitens erlauben uns Fehler, zu wachsen, zu lernen und uns zu entwickeln und drittens wären wir vollkommen ätzend für unsere Kinder, aalglatt und perfekte Ausstellungsstücke. Unerreichbar. Und so will ich jedenfalls als Mutter nicht sein.
Bleiben wir menschlich und freundlich mit uns selbst und mit unserem Umfeld. Und wenn es mal nicht mehr weiter geht: jemand anderen übernehmen lassen oder sich zurück ziehen. Auf die eigenen Kräfte schauen und alle möglichen Ressourcen aktivieren, die zur Verfügung stehen und auftanken. Die Höhen und Tiefen der Kinder und alles zwischendrin zu begleiten als Eltern ist eine fordernde Aufgabe, die meine kühnsten Vorstellungen manchmal sprengt.
Und dann denk ich mir wieder: DAS hier ist das VOLLE Leben.
Ungeschminkt, ungefiltert, unzensiert.
Es darf so sein.
Ist mir allemal lieber als überkontrolliertes, gezähmtes, zurechtgestutztes Verhalten.
Es braucht Mut, Vertrauen und Zuversicht – und dafür bekommen wir intensive Erlebnisse und Erinnerungen und
… echte Beziehung.
Was findest du herausfordernd beim Eltern-sein?
Hast du auch schon Kaktusphasen erlebt? Wie gehst du damit um? Lass uns voneinander lernen! ….
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von Kerstin Bamminger | Mai 28, 2020 | Allgemein, Elternbeziehung, Gute Worte, Hilfreich, Leben, Selbstfürsorge
Oft weiß man als Eltern nicht, wann man mit dem Kind etwas “das letzte Mal” macht. Das letzt Mal stillen, wickeln, füttern, einschlafbegleiten, im-gleichen-Bett-schlafen, … – viele finale Kapitel elterlichen Tuns gehen fast unbeachtet über die Bühne, weil plötzlich der nächste Schritt gegangen wird.
Diese Woche – und das ist ziemlich gut kalkulierbar – geht für mich eine Ära zu Ende.
Nach zehn Jahren wird das geliebte tägliche zu-Fuß-in-die-Schule gehen der Geschichte angehören.
Was wir alles erlebt haben auf diesen etwa 2000 Schritten jeden Morgen, erzähl ich dir heute.
Vorsicht: nicht weiterlesen, wenn du weiterhin dein Kind mit dem Elterntaxi chauffieren möchtest. Es könnte sein, dass ich dich begeistere, zu Fuß zu gehen.
Bevor ich damit anfange, aber noch ein Wort.
“Meine Kinder, es war eine unglaublich schöne Zeit, die wir gemeinsam erlebt haben. Anfangs mit Kinderwagen und allerlei Gefährten als Hilfe, mit netten Wegbegleiterinnen oder allein: ich hab jeden Schritt an eurer Seite geliebt und genossen. Ich hab gerne die oft schwere Schultasche geschleppt als Motivationsdienst und euch getragen, wenn es zu viel wurde für die jungen Beine. Ihr hattet Zeit, euch umzustellen von “Daheim” auf “Kindergarten” oder “Schule” und konntet vielleicht den Umstieg in die jeweilig andere Welt besser verkraften als durch eine 5 Minuten Autofahrt. Ich bin überzeugt, nicht nur euch sondern auch mir etwas Gutes getan zu haben mit diesen morgendlichen 20 Gehminuten, die so viel mehr sind und waren als “einfach nur gehen”, weil es so viel zu erleben gab.”
33 Dinge, die man am Fußweg zur Schule erleben kann:
- die buntesten Himmelsfarben des Morgenrot bewundern, das Grün der Blätter einatmen und beobachten, wie sie sich im Jahreskreis verfärben, abfallen und wieder austreiben
- die Schritte zählen und dabei siebzehn mal unsicher sein, ob man sich nicht doch verzählt hat
- über den Zebrastreifen gehen wie die Beatles (und dabei Musikgeschichte diskutieren)
- die aktuellen Ohrwürmer der Kinder gemeinsam trällern – von Mai Cocopelli über Beatles, Springsteen, AC/DC … je nach Jahreszeit und Stimmung war so ziemlich alles dabei
- alle Schultaschen der Kinder im Expeditionswagen transportieren (Aufgabe der Eltern) und den Weg in eine Parcouring Strecke verwandeln, sodass schon vor dem ersten Läuten “turnen” war
- im Matschgewand in alle Pfützen springen (als Eltern empfiehlt es sich, den nötigen Abstand einzuhalten) und danach mit Gummistiefeln deren Tiefe messen
- in der kalten Jahreszeit gefrorene Spinnennetze an der Traunbrücke bestaunen und dem Knirschen des frisch gefallenen Schnees unter den Schuhen zuhören (Musik in den Ohren von Winterfans)
- den Baufortschritt verschiedenster Projekte täglich aus nächster Nähe beobachten (z.B. Salzstaldn) und mitansehen wie baufällige Häuser mit neuem Leben erweckt werden, Grünflächen zubetoniert werden, historische Gebäude in Schutt & Asche gelegt werden (Flachsspinnerei) und dabei über Oberflächenversiegelung debattieren
- bei diesen Baustellen tätige, spektakuläre Baumaschinen fachmännisch benennen (und dann wegen zu langer Beobachtung derselben zu spät zur Schule kommen)
- zweistimmig Pizzera & Jaus “Kaleidoskop” singen und damit die Bewohner am Weg beglücken
- zu zweit mit dem Roller fahren und es “Schulbus” nennen (einer läuft ein Stück voraus, stellt sich an den Wegrand = Bushaltestelle und wird dort vom “Bus” abgeholt)
- mit diesem Roller einen kapitalen Sturz hinlegen und dabei auf das Kind drauf fallen
- Streckenabschnitte mit Fantasienamen kennzeichnen (z.B. Schneckenfriedhof … dabei über das grausame Massensterben von Nacktschnecken sinnieren)
- die Freundinnen am Weg aufgabeln und wuseliges Geplapper bis zur Schule anhören (Erwachsene: mit der Mama dieser Freundinnen das eigene Feldwebelgehabe vor dem Außer-Haus-gehen analysieren und sich gegenseitig mütterliches Fehlverhalten eingestehen und einander danach beruhigen – es ist halt irgendwie überall gleich)
- ungestörte und kostbare Einzelzeit mit dem Kind genießen = Beziehungsgestaltung pur
- zusammen schweigen und den Morgenmuffel raus hängen lassen
- jeden Tag ein Stück Müll aufheben und zum nächsten Mistkübel bringen (das macht in diesen Jahren dann rund 1800 Dosen / Papierl / Becher / Verpackungen …pro Person!)
- sich bei deftigen Minusgraden den Allerwärtesten abfrieren und die dabei sichtbar werdende Atemluft cool als “rauchen” definieren (das kenn ich noch aus meiner Kindheit)
- am Weg allen Menschen freundlich (und möglicherweise mit einem Lächeln) “griaß di” zurufen
- bei orkanartigem Wind versuchen, wie Mary Poppins mit dem Schirm abzuheben (und dabei den Regenschirm ruinieren)
- verschiedenste Vogelstimmen am Weg hören und versuchen zuzuordnen
- das Zupassen mit dementsprechenden Steinen vom Wegrand üben – schafft der Stein es bis zur Schule?
- Eiszapfen von Autos oder Brückengeländern abbrechen und bestaunen (und vielleicht mal dran lutschen, wenn Mama nicht hinsieht – gutes Immuntraining, übrigens!)
- die neuesten Klatschgeschichten vom Kind erfahren und darüber diskutieren
- noch schnell das Gedicht für die Schule auswendig lernen (Bewegung & Sprache lässt sich prima und vorteilhaft kombinieren) – dabei den Sprechrhythmus an die Schritte anpassen
- vor Liebe taumeln, weil das Kind seine Hand immer noch beim Gehen in deine legen will
- die eigene Wut (oder die des Kindes) mit jedem Schritt in den Boden stampfen
- vorgeben, ein kleiner Hund zu sein, der vom Kind Gassi geführt werden muss (die Nachbarschaft hält mich sowieso für eine Verrückte, also was soll’s) inklusive Gebell, Bein heben und treuherzigem Blick beim Hecheln
- vorauslaufen, sich in einer Ecke verstecken und die anderen höllisch erschrecken wenn sie herankommen
- nicht auf Risse im Asphalt oder Fugenlinien treten – wer’s tut, stirbt klarer Weise
- sämtliche Käfer und Insekten sorgsam “umgehen” und so Zeit vertrödeln, weil man nicht zur Schule gehen mag
- ZÄHLEN! und zwar alles mögliche: Zigarettenstummel auf dem Weg (wir zählten mal rund 280), Autos, die vorbeifahren, (Brücken-)Geländerstäbe, Leitpflöcke, Häuser, … – was immer Spaß macht
- Klima schonen und sparen! Laut einer Berechnung sind das: Eingespartes CO2 (kg) 1589.76 kg, eingesparte Fahrtkosten 2592€, Vermeidung von Umweltkosten 216€, Vermeidung von Unfallfolge- und Staukosten: 1224 € (wow, wir sollten auf Urlaub fahren für dieses Geld!)
Gratuliere, du hast es bis hierhin geschafft beim Lesen!
Morgen hat das jüngste Kind hier Radfahrprüfung und wird somit zukünftig lieber mit dem Drahtesel den Weg bewältigen, statt an meiner Seite zu Fuß.
Es ist ein Stück Loslassen und Abschied nehmen und erfordert eine Anpassung der Morgenroutine an neue Verhältnisse.
Ich möchte dir sagen: nütze die Zeit & Gelegenheit, deine Kinder zu Fuß zu begleiten und wenn du zu weit weg wohnst, geht zumindest die letzten 10 Minutuen zusammen (Stichwort Elternhaltestellen)!
Es zahlt sich aus und das Zeitfenster schließt sich irgendwann, wo diese Begleitung gewünscht ist.
Und dann gehst du – wie ich gestern – zum letzten Mal mit … und bist dankbar dafür, dass du rund 300.000 Schritte ganz dicht neben ihnen gehen durftest.
P.S: der Junior hat mein leidvolles Gesicht gestern bemerkt und gesagt (“Vielleicht regnet’s ja mal voll, dann gehen wir noch einmal, ja Mama?!”)
Wie süß ist das denn bitte??!!!!
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von Kerstin Bamminger | Mai 15, 2020 | Allgemein, Elternbeziehung, Gute Worte, Hilfreich, Leben
Am Montag werden sich die Tore für die jüngeren Schüler nach einer gefühlten Ewigkeit wieder öffnen.
Nicht für alle gleichzeitig – nein! Wir haben Pläne bekommen, welche Klassen an welchen Tagen durch welche Türen eintreten dürfen. Natürlich nur mit Schutzmasken und dem berühmten Mindestabstand.
Freudige Begrüßung mit Händeschütteln? Leider nein!
Den lang nicht gesehenen Freunden wieder in die Arme fallen? Fehlanzeige.
Ein berührendes Erlebnis der Freundin schildern? Ja, wenn ein Babyelefant dazwischen passt.
Ich will mal ganz ehrlich sein. Dieses Heim-Beschulungs-Dings war tatsächlich auch nicht hundertprozentig mein Fall. Obwohl die Kinder mit Lernmaterial versorgt waren, in unserem Fall sehr selbständig arbeiteten und unglaublich mit der Aufgabe gewachsen sind, war die Gesamtsituation doch für die Familie sehr belastend, zumal wir nicht über fünf Schreibtische oder noch besser Büros in Vollausstattung verfügen. Ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf meine bzw. unsere verfügbare Arbeitszeit.
Dennoch: ich hab die Kinder gern unterstützt, sie mit Handlettering-Logbuch Vorlagen versorgt, wie früher schon geduldig beim Lernen geholfen, versucht, ihnen Struktur anzubieten. Die Kids haben “brav” die meisten Aufgaben erledigt, auch wenn der eine oder andere Lernauftrag schon etwas fragwürdig war (z.B. Dreck aus den Schuhsolen kratzen, im Backrohr erwärmen und dann dokumentieren, was daraus wächst, wenn man ihn gießt. Sorry – für so etwas hatte ich echt keinen Nerv.)
What the f$§& ??!
Was ich aber – auch in hundert Jahren – beim “Distance Leraning” nicht bieten kann ist der Kontakt zu einer Gruppe Gleichaltriger. Ja, wir haben (seit dem “private Treffen ja immer erlaubt waren” ein paar Tage) eine Lerngemeinschaft mit einer Freundin der Tochter organisiert – aber eine ganze Klasse kann man nicht ersetzen.
Die Gemeinschaft, die Gaudi mit den Kameradinnen zwischendurch, das Gefühl, Teil eines größeren Ganzen zu sein, kann der Unterricht daheim schlicht und einfach nicht bieten.
Die Sozialkontakte, die Gespräche, der persönliche Austausch, sind auf digitalem Weg gefühlt oft nicht mal die Hälfte wert. Besser als Nichts, aber kein dauerhafter Ersatz.
Wenn also am Montag die Schultüren aufgehen, hoffe ich inständig darauf, dass die Schülerinnen und Schüler, die Pädagogen und wir alle begreifen: Schule ist ein Begegnungsort. Schule ist ein Ort, wo nicht nur Wissen in Köpfe gestopft wird (oder werden sollte) sondern ein Ort, wo das Leben stattfindet.
Gemeinsam Lernen, gemeinsam lachen, gemeinsam verzweifeln und sich wieder aufrappeln, gemeinsam streiten und sich versöhnen, gemeinsam etwas Neues erfahren und sich darüber unterhalten, gemeinsam forschen und gemeinsam Antworten finden. GEMEINSAM! Das ist die Stärke der Schule! Die Gemeinschaft.
Wer gute und positive Erinnerungen an die Schulzeit hat, hat meistens auch gute Gemeinschaft erlebt. Im besten Fall auch mit den Lehrpersonen. Weil Beziehung vor Bildung kommt. Weil ohne Beziehung auch die kompetenteste Lehrerin nichts an ihr Publikum vermitteln kann.
Ich hoffe inständig darauf, dass wir mit Menschenverstand und viel Empathie dem kindlichen und jugendlichen Verhalten begegnen und die Schule nicht zum Ort der polizeilichen Überwachung verkommen lassen!
Nicht weil es um Widerstand gegen (dennoch mittlerweile fragwürdige) Verordnungen geht, sondern um etwas VIEL Wichtigeres: um Gesundheit.
Nicht nur um körperliche Gesundheit, sondern auch um emotionale Gesundheit, um psychische Gesundheit, um geistige Gesundheit und seelische Gesundheit.
Gesundheit ist nicht nur unterm Mikroskop erkennbar, oder am Blutbild, einem Rachenbstrich durch Röntgen, Magnetresonanz, Computertomographie oder sonstige Gerätschaften feststellbar. Wenn wir nicht begreifen, dass psychische Erkrankungen uns genau so schädigen können wir ein Virus, dass seelische Wunden uns mindestens so schädigen wie körperliche Verletzungen das können, dann haben wir einen wesentlichen Teil übersehen.
Also denken wir daran, wenn wir ab Montag in den Schulen und sowieso schrittweise in einen natürlichen Begegnungsalltag zurückkehren: wir Menschen sind soziale Wesen, wir brauchen die Anderen um uns herum (nicht nur aus der Distanz) und beurteilen wir die Gefahr mit Augenmaß.
Ja, die Schule ist eine Bildungseinrichtung. Doch wer auch nur einen Funken Ahnung davon hat, weiß, dass Bildung über Beziehung funktioniert. Beziehung braucht Nähe.
Wenn schon körperlich nicht alles zugelassen wird, dann braucht es umso mehr emotionale Nähe.
Verständnis von uns Erwachsenen für kindliches Verhalten. Einfühlungsvermögen für Kinder, die in den letzten Wochen – durch die Bank – viel Frust erlebt haben, aus verschiedensten Gründen.
Viele dieser Kinder werden viele dieser Regeln kaum verstehen. (Wie übrigens ich auch.)
Seien wir ihnen als Erwachsene voraus, zeigen wir Empathie und sagen:
- “Ihr freut euch so sehr, euch wiederzusehen!” statt “Auseinander!”
- “Du bist so aufgeregt, wieder hier zu sein, dass du am liebsten von einer Ecke zur anderen schießen möchtest!” statt “Bleib endlich auf deinem Platz!”
- “Erzähl mal, wie es dir ergangen ist!” statt “Schnell raus mit den Büchern, es gibt viel aufzuholen!”
- “Das ist ungewohnt für dich, das halbe Gesicht nicht zu sehen / zu verdecken!” statt “Maske auf!”
Der Klassenvorstand unserer Tochter hat so treffend beschrieben: “Es geht jetzt nicht darum, möglichst nah am Lehrplan zu bleiben und viel zu erreichen. Es geht darum, WIE wir in dieser Situation miteinander umgehen.”
Immer noch und immer wieder.
So wünsche ich allen Kindern, die am Montag oder Dienstag oder irgendwann demnächst in die Schule zurückkehren eine Umgebung, die sie nicht feindselig und starrhalsig empfängt, sondern Personen, die mit viel Herz und Hirn agieren.
Am meisten wünsch ich es denen, die daheim niemand haben, der sie dann auffängt, weil der Haussegen (wegen Corona oder sowieso) schief hängt.
(Und dann wünsche ich ihnen, dass sie ganz bald wieder turnen und singen, was das Zeug hält, weil das für die psychische Gesundheit auch immens wichtig ist. Vielleicht wichtiger als Desinfektionsmittel. #justsaying)
Worauf freust du dich am meisten, wenn die Kinder zurück zur Schule dürfen?
Was kann Schule, was der Unterricht daheim nicht kann?
Ich freu mich, wenn du deine Erkenntnisse hier in den Kommentaren teilst!
von Kerstin Bamminger | Mai 8, 2020 | Allgemein, Gute Worte, Hilfreich, Leben, Selbstfürsorge
“Vielleicht sollten wir es jetzt mit Liebe versuchen, weil die Angst die letzten zehntausend Jahre wohl keinen Erfolg gebracht hat.” Gerald Hüther
Über dieses Zitat hab ich die letzten Tage viel nachgedacht. Ganz grundsätzlich, aber auch in bezug auf die aktuellen gesellschaftlichen Vorgänge. Wie Angst nützlich sein kann und warum wir sie dennoch auf ein Minimum reduzieren sollten. Darum geht es hier und heute.
Angst und Liebe. Zwei Gefühle, die vermutlich jeder Mensch kennt. Sie können der Motor für verschiedenste Handlungen sein: verbindende und trennende, verletzende und heilende, intuitive und berechnende.
Wir gehen Beziehungen ein, wählen Freundinnen aus, treffen Entscheidungen in Bezug auf Gesundheit, Beruf, Familie usw. – manchmal motiviert durch Angst und hoffentlich oft motiviert durch die Liebe.
Nicht immer ist auf den ersten Blick erkennbar, was hinter solchen Handlungen, Aussagen oder Empfehlungen steckt, nicht immer ist der handelenden Person bewusst, wodurch er oder sie gesteuert wird.
Drum zahlt es sich aus, einen genaueren Blick darauf zu werfen.
Was ist Angst?
Das Wort “Angst” stammt vom griechischen Verb “agchein” und dem lateinischen “angere” ab. Beides heißt übersetzt “würgen”, “die Kehle zuschnüren”. Das beschreibt ganz gut, wie es uns in den letzten Wochen geht, jedenfalls bildlich gesprochen.
Angst äußert sich körperlich etwa wenn das Herz zu rasen beginnt, die Pupillen sich weiten, unsere Knie schlottern, der Körper Adrenalin ausschüttet und das Blut bindet mehr Sauerstoff. So bereiten wir uns auf kritische Situationen vor, auf Flucht oder Kampf und diese Vorkehrung der Natur kann lebensrettend sein, weil wir auch übernatürliche Kräfte entwickeln. Jedenfalls war das in der Evolution sehr hilfreich.
Doch wie viel Angst ist heute noch “notwendig”?
Wieviel Angst braucht der Mensch?
Leider überkommt die meisten Menschen das unbestimmte Gefühl der Angst (im Gegensatz zu Furcht, die immer auf etwas Bestimmtes gerichtet ist) unfreiwillig und unkontrolliert. Und überwiegender Weise ist es wohl so, dass die Angst uns lähmt anstatt zu mobilisieren.
In den letzten Wochen wurde hierzulande und auch anderswo bewusst auf diese Emotion gesetzt um ein bestimmtes Verhalten der Menschen zu erreichen. Das hat, finde ich, ganz gut geklappt und war angesichts der Tatsachen, die so am Tisch lagen, möglicherweise auch in Ordnung.
Wir haben uns bedroht gefühlt in unserer Gesundheit. Wie real und groß die Gefahr wirklich war und ist, lässt sich leider angesichts der fehlenden seriösen Daten kaum sagen – zumindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt. (Wir wissen, dass wir nichts wissen.)
Abstand halten, Hygiene Vorschriften befolgen, in Armbeugen niesen, wenn krank daheimbleiben – all diese Dinge lassen sich ja in gewissem Rahmen einhalten oder waren für Viele sowieso selbstverständlich. Das könnte auch freundlich, gelassen und ruhig geschehen.
Menschlichkeit wäre angesagt
Was mir aber Sorgen bereitet, ist, zu beobachten wie auch die Menschlichkeit, unser Einfühlungsvermögen, unsere Kommunikation, das Miteinander hierbei leidet. Auch wenn wir nicht gleich tot umfallen, weil wir uns kaum noch anlächeln können, werden wir doch recht schnell bemerken, dass uns eines erst recht krank macht: ANGST.
Erst recht, wenn unter diesem Titel versucht wird, unsere Grundrechte zu beschneiden.
Wenn wir uns nicht mehr versammeln dürfen.
Wenn über unseren Privatraum bestimmt wird.
Wenn körperliche Unversehrtheit nicht mehr geschützt wird.
Wenn die Demokratie unter die Räder kommt.
Angst ist ein probates Mittel, um uns Dinge schmackhaft zu machen oder unterzujubeln, die uns letztlich sehr viel Leid bringen und gefährlich sind, aber als “sinnvoll” und “notwendig” verkauft werden, weil es jemandes Interessen bedient, die wir nicht so genau kennen.
Zeit für ein neues Konzept: Liebe statt Angst
- Dann wird es Zeit, sich auf etwas zu besinnen, was uns heilt.
- Dann wird es Zeit, sich auf etwas zu besinnen, was stärkt.
- Dann wird es Zeit, sich auf etwas zu besinnen, was verbindet.
- Dann wird es Zeit, sich auf etwas zu besinnen, was uns lebendig macht.
- Dann wird es Zeit, sich auf etwas zu besinnen, was uns mutig macht.
In den meisten Fällen ist Angst durch individuelle Prozesse und Erfahrungen erlernt – und die gute Nachricht ist: sie kann auch wieder verlernt, sprich: abgebaut werden.
Das darf auch ein wenig dauern, also brauchen wir vielleicht ein klein wenig Geduld.
Doch es zahlt sich aus, auf Vertrauen zu setzen. Und auf Liebe.
Liebe ist eine Bezeichnung für stärkste Zuneigung und Wertschätzung – das sagt zumindest Wikipedia, wenn man danach fragt. Und es stimmt! Mehr als je zuvor ist es jetzt wichtig, Wertschätzung füreinander aufzubringen. Dass wir sehen, dass wir trotzdem umgeben sind von Liebe, von Menschen, die wertvoll sind und für die wir dankbar sein dürfen.
Zum Beispiel …
… für unsere Kinder, die mit vielleicht fürchterlichem Verhalten nur ausdrücken möchten, dass sie mit der Situation überfordert sind und sich nicht helfen können.
Sag: “Ich sehe dich. Du bist in Ordnung. Das Rundherum ist grad schwierig.”
… für unsere Familien, die möglicherweise mehr Reibung, Nähe und Widerspenstigkeiten aushalten müssen, als sonst.
Sag: “Ich merke, dass wir grad viel streiten. Trotzdem gut, dass wir uns haben.”
… für unsere Partner*in, die den Druck und Stress, unsere Anspannung abbekommen obwohl sie nicht der Grund dafür sind.
Sag: “Ich halt mich gerade selbst nicht aus. Danke, dass du da bist.”
… für unsere Freundin, die sich das Gejammer ausdauernd anhört und noch so kontroverse Diskussionen mit dir austrägt, weil verschiedene Meinungen sein dürfen.
Sag: “Ich schätze dich, auch wenn du anderer Meinung bist. Danke für die offenen Gespräche.”
Wir brauchen die Liebe und auch Vertrauen, damit wir unsere nähere und fernere Zukunft gut bewältigen können (im Übrigen auch die Vergangenheit und unsere Gegenwart).
Wir brauchen sie viel dringender und in viel größerem Ausmaß als die Angst.
Die Liebe, unsere gegenseitige Wertschätzung und Zuneigung wird uns mutig und lebendig machen, sie wird uns als Gesellschaft verbinden und stärken und heilen, was über lange, lange Zeit hinweg von der Angst kaputt gemacht worden ist.
Wir werden sie brauchen, wenn wir die aktuellen Fragen um den Datenschutz, um Impffreiwilligkeit und demokratische Grundrechte verteidigen zu können, weil wir vereint vorgehen werden müssen, wenn wir etwas erreichen möchten.
Ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingt, weil ich in meinem Umfeld so Viele habe, die ähnlich ticken und ich daher weiß: WIR SIND VIELE.
Liebe ist stärker als Angst, Hass und Panikmache.
(Und wenn schon Liebe nicht geht, dann zumindest Respekt. Das wär schon mal ein Anfang.)
Lasst uns verbinden, lasst uns zusammen stehen und lasst uns die Liebe nicht verlieren.
Vor allem nicht die Liebe zum Leben und zu unserer Einzigartigkeit.
von Kerstin Bamminger | Apr. 2, 2020 | Allgemein, Gute Worte, Hilfreich, Leben, Selbstfürsorge
Noch vor einigen Wochen:
“Hach, so viele Termine. Es ist einfach so stressig. Das ganze Arbeiten und Kinder nebenbei haben find ich schon super anstrengend. Uns bleibt kaum Zeit zum Durchatmen. Ein bisschen Zeit einfach mit der Familie wäre fein. Daheim bleibt einfach alles liegen, momentan komm ich zu gar nix! Das Lebenstempo ist einfach zu hoch, das hält man ja nicht aus ….!”
Jetzt, bei Vielen:
“Oh Mann, das viele daheim herumsitzen macht mich ganz wahnsinnig. Ich bräuchte wieder etwas Abwechslung, hier ist es einfach zu langweilig! Du hast es schön, du kannst zur Arbeit gehen! Was soll ich bloß die ganze Zeit tun? Die Kinder nerven schon die ganze Zeit, weil wir einfach zu viel hier gemeinsam rum hängen. Was würde ich geben, für ein paar ruhige Stunden im Büro. Diese Einöde die ganze Zeit, das hält man ja nicht aus ….!”
Hmmm. Kommt dir bekannt vor? Also manche dieser Sätze habe ich tatsächlich so gehört und andere stammen aus meinem eigenen Kopf. Wir sind schon lustige Wesen, nicht?! Warum neigen wir derartig dazu, unzufrieden zu sein mit dem, was wir haben? Sind wir wirklich so undankbar und können einfach nicht schätzen, was uns gegeben wird?
Warum ist das Gras immer woanders grüner?
Darüber hab ich mir in den letzten Tagen so meine Gedanken gemacht und versucht, Antworten zu finden. Weil die derzeitige Ausnahmesituation uns einige Dinge sehr genau vor Augen führt:
Nämlich: dass es erstens auf unsere Haltung ankommt. Und dass wir zweitens Unzufriedenheit und Stolpersteine brauchen, um uns zu entwickeln und weiter wachsen zu können.
Was meine ich mit Haltung? Mehr denn je wird uns gerade bewusst, dass wir uns oft unser “altes” Leben zurück wünschen. Ich für meinen Teil würd liebend gern wieder meine erweiterte Familie in den Arm nehmen können, könnte wieder meiner geliebten Arbeit in der Ehevorbereitung oder bei Vorträgen, Workshops und Beratungen nachgehen, wir hätten noch Skifahren gehen können und jetzt das herrliche Wetter für Wanderungen nützen, ich könnte wieder die Montagsyoga-Routine genießen oder einen Mädelsabend verbringen.
Doch alle diese Dinge sind jetzt untersagt und machen etwas mit uns.
Wir werden trotzig und traurig, weil wir dies und jenes nicht “dürfen”.
Die erste Antwort, die ich also gefunden hab, lautet: sei dankbar für “dein grünes Gras” und schätze, was dir im Moment gegeben ist. Denn das ist das Einzige, was dich glücklich machen kann.
Wirklich glücklich und auf Dauer.
Jetzt ist die Gelegenheit, Zeit mit der Familie zu verbringen.
Jetzt ist die Gelegenheit, durchzuatmen.
Jetzt ist die Gelegenheit, lange Aufgeschobenes zu erledigen.
Jetzt ist die Gelegenheit, sich auszuruhen.
Jetzt ist die Gelegenheit, es langsamer anzugehen.
Natürlich kann man nun sagen: ja, es würd schon so passen, wenn diese Einschränkungen nicht wären, wenn wir unsere Familien weiter einladen könnten und nicht so ein schmales Freizeitprogramm zur Auswahl hätten.
Ich sag jetzt mal frech: auch wenn es noch so angenehm wäre und alle zeitweiligen Begrenzungen aufgehoben wären – es würd uns bald wieder etwas nicht “passen” und den inneren Nörgler auf den Plan rufen. Also gibt es vermutlich noch eine zweite Antwort auf die Frage, warum das Gras woanders immer grüner ist.
Wir sind nämlich nicht dazu geboren, um still zu stehen. Wir Menschen sind geboren, um zu wachsen, uns zu entwickeln und dazu zu lernen. Wenn die Dinge im Umfeld immer glatt laufen würden und wir nie eine Form der Unzufriedenheit spüren könnten, welchen Ansporn hätten wir, uns zu verändern und daran zu reifen?
Frei nach dem Motto: “Never change a running system!”
Also tun uns Veränderungen wohl doch gut, auch wenn sie sich noch so unangenehm anspüren.
Sie wecken die innere Gestalterin in uns, die sagt:
“Das bekommen wir hin!
Wir finden eine Lösung!
So könnten wir das erledigen!
Ich hab da eine Idee!
Lass uns was Neues ausprobieren!”
Manche dieser guten, neuen Ideen sind bereits jetzt, nach weniger als drei Wochen sichtbar geworden und manche werden sich womöglich erst später zeigen. Was immer wir auch als Einzelpersonen oder als Gesellschaft in dieser Phase lernen: wir werden definitiv nach dieser Krise ANDERS sein, weil wir einscheidende Veränderungen erleben.
Nicht alle Erlebnisse werden positiv sein, soviel steht fest. Es wird kranke und leidende Menschen geben. Es werden Tote zu beklagen sein. Es könnten Menschen traumatisiert zurückbleiben oder jedenfalls völlig ausgebrannt. Das ist womöglich unausweichlich.
Opfern wir also nicht diese wertvollen Leben ohne daraus etwas Gutes zu machen.
Es liegt an uns. Wir sind hier. Wir sind lebendig. Wir haben es in der Hand, die Dinge, die schon lange oder erst seit Kurzem schief gelaufen sind, zu verändern. Wir sind diejenigen, die die Zukunft in eine gute Richtung drehen können. Jeder und jede Einzelne von uns.
Also: nütze deinen Tag. Entweder um ehrlich dankbar zu sein, für was du hast.
Oder um eine vielleicht notwendige Veränderung auf den Weg zu bringen.
Und dazwischen: bleibt gesund! Haltet Abstand! Aber bitte nicht “soziale Distanz”, sondern “körperliche”!! 😉
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