Vereinbarkeit – Falle oder Chance?

Vereinbarkeit – Falle oder Chance?

Zunächst einmal möchte ich aber sagen: Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist kein Frauenthema. Es betrifft Väter und Mütter gleichermaßen, auch wenn wir oft von Vereinbarkeit reden und nur die Frauen gemeint sind. Hier geht es um mehr. Es geht um eine gerechte Verteilung von Arbeit jeglicher Art und wie Familien sich das ausmachen können.

Vereinbarkeit als Chance

Beruf und Familie „unter einen Hut“ zu bekommen, kann eine große Chance sein. Wenn in Familien beide Elternteile arbeiten, kommt man unweigerlich in die Diskussion, wie man die Kinderbetreuung regeln möchte, da ja nicht mehr zu jeder Zeit ein Elternteil zur Verfügung steht, wenn man auch außer Haus arbeitet. Es ist nötig, alle zu erledigenden Tätigkeiten und Verantwortungen anzuschauen und dann eine Lösung zu finden, wie man damit umgehen möchte.

Wer sorgt für welchen Teil des Einkommens?
Wer sorgt für welchen Teil der Kinderbetreuung?
Wer sorgt für welchen Teil des Haushalts?

Die Verhandlungen darüber sind auch hier oft zermürbend, weil gerecht nicht bedeutet „gleich“ und weil das „gerecht“ so schwer festzulegen ist. Jeder in der Familie hat da seinen eigenen Blickwinkel drauf. Dennoch ist es die Chance, die Dinge aufzuwerten, die Frauen generationenlang automatisch und selbstverständlich erledigt haben. Was wir gewinnen können?
 Eine wertschätzedne Haltung gegenüber „kleinen Handgriffen“.

Zufriedenere Frauen und damit zufriedenere Familien.
Mehr Achtung gegenüber der oft auch nicht lustigen Erwerbsarbeit.

Vereinbarkeit als Falle

Wenn es als selbstverständlich angesehen wird, dass beide Elternteile erwerbstätig sind und gleichzeitig Verhandlungen um die gerechte Verteilung der restlichen Arbeit in Familien ausbleiben, kann diese Thema auch zu einer Falle werden. Ich erlebe in Beratungen und in meinem Umfeld oft Frauen (ja, leider sind das hier hauprsächlich Frauen), die darunter leiden, die überwiegende Last der Care- und Haushaltsarbeit zu tragen und nebenbei auch erwerbstätig sind. Manchmal werden Frauen gedrängt, doch endlich „mehr Stunden“ zu arbeiten, man müsse doch an die eigene Pension und die finanzielle Unabhängigkeit denken, außerdem: was macht man denn bitte sonst den ganzen Tag daheim, wenn die Kinder in Betreuung sind.

Bei solchen Sätzen dreht sich mir oft der gesamte Mageninhalt um, weil es nur zeigt, wie wenig diese Personen von dem wissen, was Frauen leisten und wie sehr sie damit Druck ausüben. Nicht selten fühlt man sich dann tatsächlich „minderwertig“ und geringgeschätzt, weil ja andere dieses Kunststück scheinbar mühelos vollbringen. Da sitzt man dann in der Falle und spürt nur: „… ich mach doch alles Menschenmögliche und das ist immer noch nicht genug.“

Ob und wie Vereinbarkeit in Familien gelebt wird und gelebt werden kann, hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. 

Wie viel Freude macht uns unsere Arbeit?
Wie viel Unterstützung bekommen wir?
Wie notwendig ist mein Beitrag zum Familieneinkommen?
Wie flexibel ist mein Dienstgeber?
Wie sind unsere Ressourcen in punkto Kinderbetreuung?
Wie alt sind unsere Kinder?

Ich bin privilegiert. Ich mache eine Erwerbsarbeit, die mir total viel Spaß macht, bei der ich meine Stärken ausleben kann, ich bin nicht hauptverantwortlich für das Familieneinkommen, ich hab mit Menschen zu tun, kann kreativ sein und meine Ideen in meinen Workshops umsetzen, befasse mich mit Themen, die mich berühren und begeistern und darüber hinaus kann ich mir auch noch meine Zeit als Beraterin, Coach und Vortragende ziemlich frei einteilen.

Vereinbarkeit ist für mich genau deshalb überhaupt lebbar: weil ich flexibel sein kann, meine eigene Chefin bin und meine berufliche Tätigkeit so ausrichte, wie es für mich und meine Familie passt. Ich kenne auch die andere Seite. 

Bevor ich als psychologische Beraterin mein Business gegründet hab, war ich als Pädagogin angestellt, hatte fixe Arbeitszeiten, konnte keinen Urlaubstag frei wählen und musste zur Arbeit IMMER außer Haus. Obwohl ich damals viel weniger gearbeitet hab, war die Situation massiv schwieriger und komplizierter zu organisieren. Ich hab damit aufgehört, weil ich mich selbst verheizt hab und auch unsere Kinder darunter gelitten haben.  Und das wegen „nur“ 10 Wochenstunden. 

Ich weiß also, welche Faktoren förderlich sein können und welche hinderlich. Zumindest in unserem Fall.
Und darum geht es VOR ALLEM: darum, dass es für UNS passt. 

Dieses „PASST“ ist bei jeder Familie anders und wir dürfen uns bemühen, das jeweilig Andere zu akzeptieren und uns gegenseitig – wenn gewünscht – Erfahrungen zum Austausch anbieten, damit wir nicht alle die gleichen Fehler machen müssen. Obwohl man durch Fehler lernt und sich weiter entwickelt und vielleicht, irgendwann …. zu einem Vereinbarkeitsmodell kommt, oder je nach Lebensabschnitt verschiedenen Vereinbarkeitsmodellen kommt, die dann doch „passen“!

Wie lebt ihr in der Familie die Aufteilung von Arbeit? Erzähl doch mal ….

3 Wege, die Toten zu ehren

3 Wege, die Toten zu ehren

In diesen Tagen versammeln wir uns auf Friedhöfen und Grabstätten, wo diejenigen ruhen, die uns schon vorausgegangen sind. In den meisten Fällen werden diese Plätze auch vorher schön hergerichtet und geschmückt, wohl auch damit man während der oft länger dauernden Allerheiligen Prozedur nicht auf ein verwahrslostes Grab starren muss. 

Ich geb’s zu. Ich bin nicht der größte Fan vom Friedhof gehen. Ich mag zwar die Stille dort (wenn grad nicht Allerheiligen ist) und lese auch gern, was auf Grabsteinen steht, doch es zieht mich nicht unbedingt dorthin, wo die leiblichen Reste meiner Verwandten liegen, um ihnen nah sein zu können. 
Darum schreib ich heute darüber, welche drei Wege ich persönlich gehe (öfter als einmal im Jahr) um diejenigen zu ehren, die mir schon vorausgegangen sind.

Denn: die Heiligen und Seelen zu ehren ist mehr, als einmal im Jahr eine Stunde am Friedhof zu stehen.

Geschichten erzählen

Wir ehren die Verstorbenen vor allem dadurch, dass wir sie in Erinnerung behalten, dass wir von ihnen reden, uns Geschichten von ihnen erzählen. Wenn wir FOtos und Videos von ihnen ansehen und uns an gemeinsam erlebtes erinnern. Wenn ich daran denke, wie sich Oma einmal zu Ostern mit meinem Schwager ein Schnapsduell geliefert hat (und gewonnen hat – sorry, David!). Wie Opa bei einer Familienfeier in seiner fortgeschrittenen Demenz dieser netten Frau neben ihm (es war seine langjährige Frau, unsere Oma) einen Heiratsantrag gemacht hat und uns alle darüber abstimmen hat lassen (er war jahrelang Bürgermeister, das hat sich halt eingeprägt). Er war nach über 60 Jahren Ehe immer noch verliebt in sie – und wusste nur nicht mehr, dass er schon längstens mit ihr verheiratet ist. 
Wie in dem Film „Coco, lebendiger als das Leben“ (ja, wir sind unheilbare Disney Fans) über den mexikanischen „Tag der Toten“ (Día de los Muertos) geschildert wird, sterben unsere Lieben erst, wenn niemand mehr an sie denkt. Also: lassen wir sie leben in unseren Geschichten und Erinnerungen. Das kann man auch prima nach dem Allerheiligen-Ritual am Friedhof machen. Und sowieso an jedem Tag des Jahres.

Es ihnen Ähnlich tun

Wenn ich mich in meinem erwachsenen Leben betrachte, merke ich, wie viel von meinen Vorfahren auch in mir versteckt ist. Mein politisches Interesse hat bestimmt mit der intensiven politischen Tätigkeit meines Opas (und meines Papas) zu tun und wenn ich mich heute für Politik interessiere ist es auch ein bisschen ihnen zu Ehren. Wenn ich mich im Garten beschäftige, sehe ich meine Oma, die ihren Garten immer geliebt hat, auch bei mir noch so viel geholfen hat, als es noch körperlich möglich war und wünsche mir oft mehr von ihrem grünen Daumen. Wenn ich Lektorendienst in der Kirche hab, habe ich immer meine Oma im Herzen dabei, die unzählbare Stunden – nicht nur vorlesend – in der und für die Kirche geopfert hat, für uns alle gebetet hat und in ihrem Glauben Halt fand. Wenn ich stricke oder häkle, lächle ich, und denke an Oma, die es wahrscheinlich ähnlich beruhigend fand, mit den Händen einfache Tätigkeiten zu verrichten. Wenn ich auf einen Berg gehe, denke ich praktisch jedes Mal an meinen Cousin, der mit 17 Jahren tödlich am Berg verunglückt ist und mir wird bewusst, dass es in jedem Moment vorbei sein könnte mit dem Leben. Dieser Gedanke macht mich demütig und dankbar. 
Wenn wir in unserem Leben also Facetten entdecken, die uns an liebe Verstorbene erinnern, ist das wie ein kleines Zeichen, dass sie durch uns und in uns weiterleben. Weil wir es ihnen Ähnlich tun. Und sie dadurch ehren.

Das eigene Leben leben

Es gibt einen Satz, der mich immer noch zu Tränen rührt, wenn ich an die letzten Jahre meiner Großeltern denke. Wenn ich mir wieder mal Zeit genommen hab, bei ihnen zu sitzen und mit ihnen zu plaudern (was im Angesicht ihrer Demenz zunehmend herausfordernd war), war es manchmal mühsam, manchmal humorvoll und öfters ergreifend.

„Sitz doch nicht hier herum, geh‘ und lebe dein Leben!“ Diesen Satz von meiner Oma werd ich so schnell nicht vergessen. Natürlich ist es auch wichtig, die alternden Personen nicht allein zu lassen. Doch klarer hätte sie es nicht sagen können, was sie sich von uns wünscht: 

Dass wir das eigene Leben LEBEN. 
Etwas daraus machen. 
Mitgestalten wollen. 
Uns interessieren.
Einbringen.
Am Leben teilnehmen.
Und es genießen.

So lange es (noch) geht.

Und das mache ich. WIR ALLE ehren unsere Verstorbenen auch …

… mit jedem Moment des Glücks.
… mit jedem guten Essen, das wir genießen.
… mit jedem getanzten Schritt.
… mit jeder belebten Erinnerung.
… mit jedem Gipfelsieg auf einem Berg.
… mit jeder politischen Diskussion.
… mit jedem Fehler für den wir uns noch entschuldigen können.
… mit jedem Glas Wein, das wir auf sie trinken.
… mit jedem Besuch an ihrem Grab.
… mit jedem Tag, den wir leben und dafür dankbar sind.

Wie ehrst du deine Lieben, die dir schon vorausgegangen sind? 

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  • #1Claudia Huber (Donnerstag, 31 Oktober 2019 16:09)Hallo Kerstin, ich sage immer und schon lange solange ich von meinen Eltern, Großeltern und Verwandten Geschichten erzählen kann und sie in Gesprächen ehre sind sie für mich nicht gestorben!
Von Nebel und Dankbarkeit

Von Nebel und Dankbarkeit

Wir sitzen im Nebel. Vielleicht nicht alle von uns, aber viele. Diese Herbsttage an denen das Grau einfach nicht aufgeht, schlagen manchmal ganz schön aufs Gemüt und lassen uns stimmungsmäßig in den Keller sinken. Die Fotos, die man dann in den sozialen Medien sieht von Berggipfeln, die sich über der Nebelsuppe erheben und die Kraxler in der schmeichelnden Herbstsonne zeigen sind da leider auch nicht förderlich. Schnell werde ich missmutig und wünsche mir auch die Sonne her, ohne zu bedenken, dass sie eh da ist – auch wenn wir sie gerade nicht sehen

So geht’s mir auch manchmal mit meiner Dankbarkeit. Vor lauter Nebel (sich beschweren, jammern, klagen, …) vergesse ich, dass ich trotzdem genügend Grund hab, dankbar zu sein. Weil die Sonne scheint, auch wenn wir sie gerade nicht sehen können. So hab ich heute für dich 5 Anregungen, die dich zu mehr Dankbarkeit anstiften können. Wenn du vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr siehst.

Solltest du lieber schlechte Laune haben wollen, hör bitte HIER auf zu lesen!

Kinder

In Gesprächen mit anderen Müttern und in Beratungen geht es oft um die Anstrengungen, die mit unseren Kindern verbunden sind. Ihre Wutanfälle aushalten, sie gefühlt von Kopf bis Fuß zu bedienen, die unzähligen Handgriffe, die wir tagtäglich für sie erledigen, andernorts die durchwachten Nächte, anstrengende Körpernähe oder das Gefühl immer nur am Schimpfen zu sein. 

Dabei könnten wir unsere Kinder auch einfach ein wenig mehr genießen. So viele Paare würden sich wünschen, ein Kind zu haben, das sie nervt. Für viele der Konflikte, die wir täglich erleben oder begleiten sollen, gibt es einfache Lösungen, wenn man mal die Perspektive wechselt und etwas Anderes probiert. Kinder machen uns menschlich, weise, mitfühlend, sie bringen uns zum Lachen und halten uns den Spiegel vor, sie versetzen uns in Staunen und bereichern unseren Alltag. Ja, es ist auch anstrengend, Kinder zu haben. Doch noch mehr ist es belebend, erfüllend und sinnstifend.

Haushalt

Oje. Meine schwerste Übung, weil ich diese Tätigkeiten so gar nicht mag. Putzen, kochen, waschen, bügeln – eher ein lästiges Muss als ein Juhuu-ichdarf!  Dennoch: ich wache morgens auf, liege in einem warmen Bett, hab ein Dach über dem Kopf, im Bad fließt Wasser aus der Leitung und im Kühlschrank findet sich essenswertes. Es ist kein ich-muss-aufstehen, ich-muss-putzen, ich-muss-bügeln, sondern ein: „Ich tu’s, weil es mir wichtig ist. Weil ich möchte, dass ich meinen Tag nütze, weil ich möchte, dass die Wohnung halbwegs sauber ist und weil ich möchte, dass mein Gewand ordentlich ausschaut.“

Nur gleich zur Erläuterung … natürlich bin es nicht nur ICH sonder WIR (die diese Arbeit erledigen), auch wenn das oft ein kleiner Kraftakt ist, weil andere Menschen in der Familie andere Werteordnungen haben. 
Ich erinnere mich hiermit, dass viel Wäsche zu waschen heißt, dass wir genug Gewand haben. Jeden Tag zu kochen heißt, ausreichend Essen zu haben. Und viel putzen zu können bedeutet, viel Platz zu haben, den man bewohnen und genießen kann.

Wetter

Der Nebel war ja schon eingangs das Thema. Wie oft beschweren wir uns über das Wetter … es ist zu nebelig, zu kalt, zu heiß, zu trocken, zu regnerisch, zu …. . Mal ehrlich: so richtig recht machen kann’s uns das Wetter nicht. 

Statt dem ewigen Jammern könnten wir uns darüber freuen, dass wir so viel verschiedenes Wetter erleben, dass wir an einem Ort leben, wo es vier Jahreszeiten gibt, jede mit ihrer eigenen Schönheit und dass jeder Tag einzigartig ist und richtig, so wie er ist. Wir haben warme Kleidung um uns vor Kälte zu schützen, wir haben Regenjacken und -schirme, wenn es mal kübelt und wir können hochsommerliche Temperaturen in der Sonne genießen oder den Schatten der Bäume nützen. Wir können uns bei Nebel zuhause einkuscheln und es uns gemütlich machen.

Es ist eine Frage der Perspektive, wie wir das Wetter anschauen und, mal ehrlich: tagein, tagaus immer Sonnenschein und blauer Himmel? Wär doch langweilig!

Partner

Wenn wir mit Partnern zusammenleben (und Familien haben) dann ist das meistens so, weil wir den überwiegenden Teil daran gut finden. Ich ertappe mich auch dabei, wie mich Dinge am Gegenüber nerven, wie verschiedene Verhaltensweisen mich verärgern und meine Stimmung deshalb alles andere als erfreulich ist. Wie bei den Kindern vergessen wir auch hier, dass wir (hoffentlich) reichlich Gründe haben, dankbar zu sein.

Dass wir jemand haben, mit dem wir das Leben teilen wollen, der uns wichtig ist, den wir respektieren und wertschätzen. Der anders ist als wir und diese Verschiedenartigkeit uns bereichern kann und dass wir nicht mit allem einverstanden sein müssen, um die Person trotzdem gut finden zu können. Meist ist es die fehlende Zeit füreinander, das Ausbleiben von liebevollen Gesten, die für selbstverständlich genommene Anwesenheit des Partners / der Partnerin, die zu Unzufriedenheit führt. Bewusst verbrachte gemeinsame Zeit ist ein guter Weg, diese Beziehung wieder zu stärken und die Dankbarkeit zu spüren, von der Pizzera & Jaus singen: „Dass du ohne mi kannst, aber net ohne mi wüllst!“

Arbeit

Wenn man in die Gesichter von Autofahrer*innen am Morgen blickt, bekommt man den Eindruck, die fahren alle ins Verderben. Klar, nicht jede*r hat das Privileg, einen Beruf auszuüben, der einem auch Spaß macht, die eigenen Stärken zum Vorschein bringt und für den man Wertschätzung bekommt. Doch auch, wenn dich dein Job „angeht“: du bist nicht verpflichtet hinzugehen. Nein! Niemand zwingt dich! Wenn du nicht mehr kommst, hat das allerdings Folgen – du wirst vermutich gekündigt, bekommst dann nach einer Weile kein Geld mehr und hast wahrscheinlich (solltest du nicht auf einem fetten Erbteil sitzen) Probleme, dein Leben zu finanzieren.

Also. Wir wollen arbeiten. Weil wir nützlich sein wollen. Weil wir etwas Sinnvolles tun wollen. Weil wir zeigen wollen, was wir können. Weil wir mitgestalten wollen. Und zumindest: weil wir dafür Wertschätzung in finanzieller Form bekommen. Es gibt gute Gründe, zu arbeiten. Für jede*n von uns. Diese Gründe können sehr unterschiedlich sein. Wer keinen einzigen guten Grund findet, seinen jetzigen Job zu machen, hat auch die Freiheit zu wechseln. Oder weiter zu jammern. 
Man kann sagen: ja, bitte – wenn ich mich immer damit tröste, wie schlecht alles sein könnte bringt mich das nicht weiter. Stimmt. Wenn ich mir dauernd vorstelle, was alles noch viel besser sein könnte aber auch nicht.

Es ist eine Entscheidung. Dankbar zu sein. Es ist eine Haltung. Man kann das lernen und trainieren. Man muss nicht. In der Entscheidung, dankbar zu sein liegt allerdings eine gute Kraft, die zufrieden macht und uns selbst vermittelt: wir sind gut, so wie wir sind. 

Das Leben ist gut, so wie es ist.
Die Kinder sind gut, so wie sie sind.
Der Alltag ist gut, so wie er ist.
Das Wetter ist gut, so wie es ist.
Der Partner ist gut, so wie er ist.

Und für alles was nicht gut ist, hast du die Möglichkeit, etwas zu verändern. Dich zu entwickeln und dazuzulernen.
Danke, dass du bis hierher gelesen hast und dankbarer sein möchtest.

Wofür bist du heute schon dankbar? Was macht dich glücklich und zufrieden?
Schreib in die Kommentare, wenn du etwas davon hier und jetzt teilen möchtest!

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  • #1Simone (Samstag, 26 Oktober 2019 17:57)Hallo Kerstin! Echt gut geschrieben und mir fällt auch auf das sehr viele Leute sehr unzufrieden sind egal bei was, sie Wissen immer was zum aussetzen! Ich bemühe mich sehr es eben positiv zusehen und wir sind sehr dankbar und glücklich das unser Ludwig in unsere Familie geboren ist!
    Ich freu mich auf weitere Geschichten von dir – alles liebe
  • #2Kerstin (Dienstag, 29 Oktober 2019 11:08)Heyyyy, liebe Simone! Danke für dein Feedback und noch viel WICHTIGER: herzlichen Glückwunsch zur Geburt von Ludwig! Da bist du ja nun vielleicht ein bisschen getragen von der hormonellen Welle. Alles Liebe, viel Unterstützung für euch als Familie und Gesundheit und Kraft für die natürlichen Anfangsturbulenzen!
Wenn nur noch Humor hilft

Wenn nur noch Humor hilft

Es gibt Tage im Leben einer Mutter, die stehen einfach unter keinem guten Stern. Man kann auch sagen, manchmal hat man mieses Karma, steht mit dem verkehrten Fuß auf usw.

Gestern war wieder mal so einer und auch in den letzten Wochen gabs öfter mal Situationen, wo nur mehr Humor hilft, weil es für alles andere zu spät ist.

Der Start in den Herbst verlief grundsätzlich recht geschmeidig. Triple-Schulstart … kein Problem, da bin ich schon routiniert, auch der Schulwechsel des älteren Kindes geht sang- und klanglos vor sich. Ja, der Terminkalender ist wieder zunehmend zugepflastert, da die Kinder nun noch öfter das Tanzbein schwingen, das runde Leder treten und ich (mit großartiger Unterstützung meines „Dorfes“) den Uber von Stadl-Paura mime. Alles in Ordnung, denk ich mir – ich bin ein Termin-Tetris Pro, das schaff ich schon wunderbar.

Instruiere die Tochter noch, mittags mit dem Zug nur bis Wels zu fahren, briefe die zwei Jüngeren, dass ich gleich nach dem Mittagessen wegfahre, weil Kieferorthopädentermin und gebe am späten Vormittag noch in der Schule die Details für das digitale Klassenbuch bekannt, wegen der Abwesenheit. Ich bin die Checkerin. Nach einem produktiven Vormittag mache ich mich an die Arbeit und schupfe Palatschinken, damit die hungrige Meute beim Heimkommen beruhigt werden kann. Reste der letzten Mittagessen ebenfalls aufgewärmt, dann sorgfältig die Küche in Originalzustand zurückgebracht. Hach, denk ich mir. Ein wenig Selbstfürsorge – ich klink‘ mich aus und leg mich eine halbe Stunde aufs Ohr (ich hab erfolgreich gelernt zu Powernappen – darauf bin ich sehr stolz!)

Scheinbar dürfte der Dunst beim Palatschinkenwenden einen Nebel des Vergessens über meine nächsten To-Dos gelegt haben. Die Mittlere reißt mich aus dem Schläfchen – wo ich denn bleibe, lässt das Ältere Kind am Telefon fragen, während sie am Bahnhof auf mich wartet. 

Ein Blitz durchfährt mich und wie von der Tarantel gestochen zische ich in die Garage, ab ins Auto, wüst schimpfend … ich hab alles genommen, was ich in meiner „Schimpfwörterschublade“ fand. Hoffentlich hat mich niemand beobachtet, es wäre auch nicht besonders ansehnlich gewesen.

In Sekundenschnelle alle Optionen gecheckt und via Freisprech den Mann, glücklicherweise in Wels stationiert, für einen Taxidienst eingeteilt. Ich hatte schon entspanntere Autofahrten als diese.

Letzte Woche, ebenfalls Tatort Küche: der Sohn bringt einen Karton frischer Eier und versucht sie mit entsprechender Coolness eines Neunjährigen auf der Anrichte zu platzieren. Leider mit dem Erfolg, dass alle 10e am Boden landeten. Andere Mütter holen panisch das Putzzeug, wischen und sterilisieren (bitte keine Salmonellen). Ich zücke das Handy und fange erstmal die Situation ein, während der Sohn wütend abdampft. (Ich hab mich später um seine Wut gekümmert.) Wie bekommt man so viele Eier am effizientesten vom Boden weg und selbigen wieder sauber?

Auch letzte Woche, Tatort Auto: als Uber vom Dienst jongliere ich gekonnt die Fahrten von und zur Tanzschule, kombiniere sie geschickt mit Notwendigkeiten wie Einkauf und Besorgungen und bastle minutengenaue Pläne, die auch meistens aufgehen. (Wenn ich nicht grad power-nappe.)

Raus aus dem Parkhaus, nach dem Schranken über die erste kleine Querstraße, will gerade zum Sicherheitsgurt greifen, schießt mich fast die Polizei von rechts ab. Oder … ich sie? Ich bremse und katapultiere das Kind fast aus dem Sitz, das vor lauter Hitze noch schnell die Jacke ausziehen wollte und auch noch nicht wieder angeschnallt war. Na bravo. Die Kontrolle folgt prompt, in der Aufregung find ich natürlich mein Pannendreieck und das Verbandspaket NICHT, dafür hätte ich in etwa siebenhundert Stoffbeutel und wiederverwendbare Gemüse- und Obstsackerl dabei. Leider gelten die weder als Pannendreieck noch als Verbandszeug. Die Tochter befürchtet während dieser Prozedur die ganze Zeit, dass wir nun verhaftet und abgeführt werden. So scharf war die Polizistin dann doch nicht.

Da ich nun wieder weiß, wo sich meine „Fahrzeugausstattung“ befindet, überleg ich ernsthaft, am Wochenende ins Planquadrat zu fahren und alles stolz zu präsentieren.

Ja, ich hab mich in solchen Situationen auch schon fürchterlich geärgert.
Ja, es hilft mir diesen Ärger auch rauszulassen und (mit mir selbst) zu schimpfen.
Ja, manchmal frage ich mich schon, wie so etwas passieren kann.

Und dann, wenn die erste Wut verraucht ist und ein bisschen Zeit vergeht, merke ich: das ist doch eigentlich zum Lachen.

Es ist nichts Ernsthaftes passiert, einmal durchatmen bitte.
So ist halt das Leben.
Lass dir wenigstens nicht die Erfahrung daraus entgehen.

In meinem Fall sind das folgende Erkenntnisse:

Ich brauche wieder einen Stehkalender, kein Buch das zwar gut aussieht, aber wenig übersichtlich ist.
Das beugt dem Terminevergessen vor. Hoffentlich.
Kenne dein Fahrzeug in und auswendig und achte wieder genauer darauf, dass die Kinder angeschnallt sind, BEVOR sich das Fahrzeug in Bewegung setzt.
Kommt Zeit, kommt Humor. Manchmal braucht es ein wenig, bis man über solche Episonden lachen kann, über eigene Unzulänglichkeiten, über gemachte Fehler. Dann aber ist „einmal darüber lachen können“, sehr heilsam. 

Seien wir dennoch gnädig mit uns selbst, verzeihen wir, entschuldigen wir uns.
So ist das Leben. Unberechenbar und überraschend. Ungezähmt und aufregend. Abwechslungsreich und lebendig. So wie wir.

Worüber kannst du jetzt lachen, was dich im ersten Moment geärgert hat? Erzähl es mir!

3 Fragen zum Beruf, die keine Mutter hören will

3 Fragen zum Beruf, die keine Mutter hören will

Kind und Karriere unter einen Hut bringen. Ein gesellschaftlich propagiertes Ziel, unterstützt von Politik und Wirtschaft, verbunden mit ewigen Forderungen nach immer mehr und immer länger geöffneten Kinderbetreuungseinrichtungen, weil anscheinend alle Frauen beides wollen sollen.

Dabei bekommen wir oft Rollenmodelle vorgesetzt, die mit der Realität einer durchschnittlichen Familie nichts zu tun haben und für alle heißt’s aber: so geht’s!

Ich hab mir Gedanken gemacht, was die ständigen Fragen rund um die Vereinbarkeit mit uns machen und was wir uns eigentlich wünschen.

Grundsätzlich, finde ich, ist in unserem Land per Gesetz sehr viel gut geregelt, was die Rechte auf Mutterschutz, Elternkarenz und Elternteilzeit angeht. Dass diese Regelungen nur bedingt genutzt werden, hat verschiedenste Gründe, einer davon ist sicher, dass meist die Jobs der Männer besser bezahlt sind und es nicht nur eine soziale und Wunschfrage ist, sondern vor allem eine wirtschaftliche. 

Doch anstatt es uns untereinander dann etwas zu erleichtern, verstärken wir vorhandene Unsicherheit auch noch im persönlichen Umgang und machen uns (vielleicht oft auch unbewusst) Druck. Und wenn es andere nicht tun, machen wir das selbst im Sinn von „… bei anderen geht’s doch auch, wieso schaff ich das nicht?“

Druck entsteht schon bei der Tatsache, dass man bereits vor der Geburt des Kindes auswählen soll, welche Kindergeldvariante man haben möchte, sprich – wie lange man der Lohnarbeit den Rücken kehren wird, ohne zu wissen, welches menschliche Wesen in die Familie geboren wird. Man weiß nichts über sein Temperament, ob es genügsam ist oder pflegeintensiv, wie man die Umstellung als Familie schafft und wie sich das kindliche Schlafverhalten entwickelt und so weiter. Man entscheidet sich quasi für die Katze im Sack. So weit, so gesetzeskonform.

Wenn ich uns dann aber zuhöre, wie wir Frauen uns unsere Lohnarbeit erklären, wird mir oft ganz schlecht, weil wir (vielleicht oft auch unbewusst, schon wieder) rechtfertigen und Fragen stellen, die nicht sein müssen. 

FRAGE 1: Wann fängst du wieder zu arbeiten an?

Am liebsten würde ich da drauf schreien: ich arbeite jetzt schon und jeden Tag, da Mama sein ein 24 stunden Job ist, leider halt keine Lohnarbeit, doch: „Ich arbeite!“. Wir meinen natürlich: „wann steigst du wieder in deine Erwerbsarbeit ein“, was nicht recht viel gescheiter ist. Erstens impliziert die Frage die Idee, dass frau das wieder tun wird und sollte und zweitens auch, dass man einen fixen Plan dazu hat. Ich hab diesen Druck selbst oft gespürt, auch wenn keine der Fragenstellerinnen mich in die Enge treiben wollte, es passiert allein durch die Frage. Und das, obwohl ich gerne und aus Überzeugung neun Jahre keiner Erwerbsarbeit nachgegangen bin. Eine Antwort darauf findet sich umso schwieriger, eigentlich tappen wir immer in eine Rechtfertigung, warum, wann, wieso und wieso nicht. Das bringt mich zu

FRAGE 2: Warum so wenig Stunden?

Na gut, vielleicht fragt das nicht gleich jemand, aber wie oft ich Mütter sagen höre: „Ich arbeite eh nur ….. Stunden (bitte beliebige Zahl einsetzen)!“ ist unglaublich. Was heißt hier „nur“? Wir sollten uns nicht für unsere Arbeit entschuldigen, schon gar nicht bei Personen, die nicht zur Familie gehören. Mütter und Väter sollen die Entscheidung, wer wieviel und wann einer Erwerbsarbeit nachgeht um die Familienverhältnisse finanziell decken zu können, ganz allein entscheiden und es vor allem sich selbst recht machen. Was ohnehin schwer genug ist, denn es ist lang nicht so, dass das ein Wunschkonzert ist, sondern ein sensibles und oft ungerechtes Abwiegen von Interessen und Bedürfnissen, von wirtschaftlichen und soziokulturellen Faktoren, von Traum und Wirklichkeit.
Damit sind wir bei 

FRAGE 3: Warum so viele Stunden? 

Diese Frage wird meist gar nicht offen gestellt, eher hinter vorgehaltener Hand: „… oh, ihr ist die Karriere wichtiger als die Kinder, wozu hat sie denn welche bekommen?“ Ja, so sind wir Frauen auch manchmal. Was irgendwie schade ist. Wir sehen nicht hinter die Kulissen und können nicht wissen, was die Beweggründe für Familien sind, sich früh für einen Wiedereinstieg mit vielen Stunden zu entscheiden. Und im Grunde geht es uns nichts an – allein dieser Familie soll es recht sein. Sie sind diejenigen, die es aushalten müssen und die Verantwortung tragen. Es können verschiedene Beweggründe sein, früh wieder viel im Erwerbsleben zu sein, nicht jede dieser Mütter ist deshalb gleich eine egoistische Karrierefrau.

Erwerbsarbeit und Familie gleichzeitig zu leben ist eine Herausforderung.
Oder wie Beate Meinl-Reisinger im Wahlkampf sagte :
„Ja, es ist immer eine Strudelei. Das geht doch allen so.“
Stimmt, diese ehrliche Botschaft ist ein wichtiger Schritt in der Vereinbarkeitsdebatte.
Bitte glaubt nicht, dass es leicht ist.
Bitte glaubt nicht, dass es einfach ist. 

Wir können ALLES haben, aber ALLES GLEICHZEITIG ist schwierig. 

Ehrlicherweise kann es nicht 100% Kind und 100% Karriere geben (so viel weiß ich noch von Mathe), zumindest nicht für eine Person und das ist für manche eine schmerzliche Botschaft. Verzichten, das hatten wir hier vor kurzem, ist kein Modethema unserer Gesellschaft. Die gute Nachricht ist jedoch: wir haben die Wahl und somit die Freiheit, uns nach unseren Prioriäten zu entscheiden. Jede Entscheidung FÜR etwas ist eine Entscheidung GEGEN etwas Anderes. Somit zahlt jeder und jede von uns auch einen Preis für das gewählte Modell. Und wenn man sich individuell und gut entschieden hat, zahlt man diesen Preis auch gern. Zumindest lieber als den „ANDEREN“.

Entscheidungen können getroffen, erprobt und erlebt werden und auch wieder geändert werden. Manchmal glaubt man, das Eine klappt, doch die Realität sieht anders aus und es braucht eine neue Lösung. 

Kinder sind eine gemeinsame Verantwortung eines Paares. Egal, WER arbeiten geht, kann das nur tun, weil der zweite Partner die Verantwortung für die Kinder übernimmt, oder weil man gemeinsam entscheidet, die Kinder fremdbetreuen zu lassen.

Wenn man diese Haltung verinnerlicht, fällt es leichter, auf Augenhöhe zu diskutieren und dann ebenbürtige, mutige und individuelle Entscheidungen treffen zu können. 

Wir Frauen brauchen starke Partner an unserer Seite, die Familienarbeit und Erwerbsarbeit gleichwürdig und gleichwertig sehen und mit uns zusammen eine Richtung finden und gehen wollen. 

Und wir brauchen Kinder, die diesen Weg mitgehen können – und nicht mitgeschleift werden, weil es für sie eigentlich nicht passt. (Und Kinder brauchen jemanden, der DARAUF schaut!)

Das verlangt ganz schön viel Energie und Kraft, Ehrlichkeit und Reflexionsbereitschaft, Vertrauen und Zuversicht, Flexibilität und Hingabe und eine große Portion Optimismus.

Fragen wir also in Zuknuft lieber:


Wie geht es euch mit der Vereinbarkeit von Familie und Berufen?
Was gelingt euch schon gut? 
Was wünscht ihr euch von der Gesellschaft an Unterstützung?

Apropos: was wünscht du dir von der Gesellschaft an Unterstützung? 
Immer her damit in den Kommentaren … 

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  • #1Ulli (Freitag, 04 Oktober 2019 15:47)Toller Beitrag, danke – du sprichst mir aus der Seele 🙂
  • #2Verena (Freitag, 04 Oktober 2019 19:08)Wie immer – grandios! Ich wünsche mir, dass VIELE FRAUEN diesen Beitrag lesen, reflektieren, verinnerlichen und WIR uns dann verbünden und die „wertvollen = richtigen“ Fragen zu stellen beginnen!!
  • #3Sabine (Samstag, 05 Oktober 2019 07:43)Dein Beitrag löst bei mir Zufriedenheit, Wertschätzung und auch ein bisschen Stolz für meine Entscheidungen aus,
    sowie auch mehr Verständnis und Toleranz für Andere (Situationen) aus.
    Vielen Dank dafür!
  • #4Kerstin (Mittwoch, 09 Oktober 2019 09:51)Danke für eure Rückmeldungen und die Bestätigung, dass dieses Thema vielen Frauen unter den Nägeln brennt. Schön, dass ihr euch die Zeit genommen habt … zum Lesen und Kommentieren!
Aller Anfang ….. braucht Beziehung!

Aller Anfang ….. braucht Beziehung!

Wenn in diesen Tagen wieder Krippe, Kindergarten und Schule starten, ist es für viele Kinder ein Schritt in eine neue Lebensetappe. Manchen gelingt so eine Umstellung reibungslos, bei anderen braucht es viel Begleitung um diese Phasen des Übergangs, der Veränderung und des Loslassen gut zu meistern.

Nach den mehr oder weniger langen Ferien, der freien Tagesgestaltung mit reichlich Zeit und Gelegenheit um Pausen und Erholungsphasen zu genießen, folgt nun wieder eine Phase mit deutlich mehr Struktur. Fixe Aufstehzeiten, Routinen, Zeitpläne und Termine geben wochentags wieder den Ton an. 

ÜBERGÄNGE

Besonders Übergänge sind in Familien sensible Phasen, die bewusst begleitet sein wollen. Der Übergang von den Ferien zur Kindergarten-/ Schulzeit, der Übergang von daheim in die Außer-Haus-Betreuung und auch das Heimkommen von Kindergarten, Schule und Co ist meist eher angespannt, eher konfliktbehaftet, eher emotionsgeladen. 

Was wir Erwachsene schon mit unserer Routine bewältigen, fällt den Kindern oft unbewusst sehr schwer: die Umstellung von einem System auf das nächste. Überall sind andere Personen, mit denen man zusammentrifft, andere Regeln, andere Räumlichkeiten, andere Gerüche, Eindrücke und Anforderungen, die es zu verarbeiten gibt. Das kann ganz schön anstrengend sein, besonders wenn das Kind zum ersten Mal auf diese „neue Welt“ trifft. 

DIE RICHTIGEN FRAGEN

In der Vorbereitung ist es gut, das Kind in Gesprächen darauf einzustellen – und dabei jede Wertung („Der Ernst des Lebens“ oder „Da weht ein anderer Wind“ oder „Da ist es so lustig für Kinder“) zu vermeiden. Statt „Freust du dich auf die Schule?“ lieber fragen: „Was geht dir im Kopf um, wenn du an die Schule denkst?“ Oder: „Was meinst du, wie das wird, wenn du da hingehst?“ 
So vermitteln wir den Kindern weder, dass es „normal“ ist, sich auf die Schule / KG zu freuen, oder der Zeit eher ängstlich entgegen zu blicken. 

Ein positives Einstimmen ist okay, so lange das Kind nicht den Eindruck bekommt, sich freuen zu müssen und unsichere Äußerungen nicht gleich abgewendet werden.
Offene, neutrale Fragen erlauben dem Kind, seine Gefühle auszudrücken, wie sie eben sind und nicht mit der Antwort der vermeintlichen Einschätzung der Erwachsenen zu entsprechen! 

BEZIEHUNGSORIENTIERTES HANDELN

Egal, wie das Kind auf solche Fragen antwortet: es braucht das angenommen sein in diesem Gefühl. 
“Ach, so ist das also für dich.“ Wenn ein ängstliches Kind hört: „Geh, da brauchst du doch keine Angst haben!“ und wenn ein  vorfreudiges Kind hört „Na, da werden sie dir dann andere Saiten aufziehen!“ bekommen sie jedenfalls das Gefühl: mit mir stimmt scheinbar was nicht, denn ich sollte mich anders fühlen. Das kann sehr belastend sein für Kinder. 
Die Gefühlswelt des Kindes annehmen, sich einfühlen und reflektieren ist ein wichtiger Baustein für  starke Beziehungen. Danach geht es darum, ob und was wir als Eltern tun können um das Kind in solchen Übergangsphasen zu unterstützen. 

Ein schön verzierter Stein als „Mutstein“ in die Hosentasche packen (vorher gut mit Mama-Papa-Energie aufgeladen), ein Tuch von Mama mitnehmen, ein vertrauter Gegenstand, der Trost spenden kann, die extra-lange Umarmung, ein geheimes Zeichen, ein kurzes Abschieds-Ritual – es gibt unzählige Möglichkeiten, die Eltern und Kindern zur Verfügung stehen um diese Zeiten gut zu gestalten. Dabei können uns sollen Kinder – je nach Alter – aktiv eingebunden werden. Sie haben oft die tollsten Ideen!

NEUE WELT

Wenn Kinder zum ersten Mal in ein neues Umfeld (Kindergarten, Schule,…) kommen, ist es natürlich, wenn dies mit Vorsicht passiert. Alles ist fremd und das Vertrauen muss erst aufgebaut werden. So etwas schafft man nur mit genügend Zeit und der Sicherheit, dass man geborgen und gehalten ist mit allen Facetten seiner Persönlichkeit. 

Bei jüngeren Kindern (Krippe und Kindergarten) kommt dazu, dass sie kein zeitliches Vorstellungsvermögen haben und ihnen jeder Abschied ein wenig wie „für immer“ vorkommt. Bis sie die Erfahrung gemacht haben: ich kann mich verlassen, dass mich die Eltern wieder abholen. Statt: „Geh, brauchst doch nicht weinen, ich komm ja eh bald wieder! Hier ist doch alles so schön“ braucht es ein: „Du bist mutig, dass du hier bleibst, bis ich dich abholen komme, obwohl hier alles neu für dich ist.“ Danach kann sich das Kind einlassen auf erste Annäherungen zu den dortigen Bezugspersonen, auf erste Spiele mit neuen Materialien, auf erste Interaktionen mit den Gleichaltrigen. Es braucht das Gefühl verstanden zu sein, ernst genommen zu sein und in Ordnung zu sein.

IN ORDNUNG statt PERFEKT

All dies geschieht trotz unserer Bemühungen meist unter großer Anstrengung aller Beteiligten. Loslassen, Heimkommen, den Arbeitstag hinter sich lassen, hungrige und übermüdete Kinder versorgen und die vielen Eindrücke des Tages zu verarbeiten schafft meist alles andere als Harmonie bei Erwachsenen wie bei Kindern.

Es ist in Ordnung, wenn diese Phasen sich turbulent anfühlen. 
Es ist in Ordnung, wenn über Weinen und Schreien Stress abgebaut wird, solange Kinder dabei begleitet werden. 
Es ist in Ordnung, wenn wir Eltern dabei keine hocherfreute Miene machen können. 
Es ist in Ordnung, gut genug zu sein.

Auch hier ist es förderlich, Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken und ehrlich zu sein. Wenn man sehr erschöpft ist, kann man das sagen. Wenn man sehr frustriert ist, kann man das sagen. Und Kinder brauchen oft unsere Hilfe um ihre Gemütszustände in Worte fassen zu können. Das gelingt manchmal besser, wenn man gemeinsam etwas tut wie Tisch decken, Essen vorbereiten, abräumen. Bei sich bleiben, ein paar tiefe Atemzüge, an das denken, was jetzt im Moment wichtig ist. Kleiner Tipp: es ist meist nicht die Wäsche oder die Staubwolken am Boden.

BEZIEHUNG im FOKUS

Es braucht folgendes: 

Auf die Kinder schauen und sehen, wie sie sich bemühen. 
Anerkennen, wenn etwas anstrengend ist und unrund läuft, obwohl wir uns so sehr bemühen. 
Hilfe annehmen, wenn ihr als Familie am Ende der Weisheit angekommen seid. 

Und immer wissen: egal, was alles schief läuft – wenn Kinder bedingungslos geliebt sind, dürfen wir als Eltern auch ganz schön viele Fehler (=Erfahrungen) machen und es ist trotzdem alles gut. 

Sie wissen und erleben nämlich:
jemand hört mir zu,
jemand nimmt mich ernst,
jemand interessiert sich für mich,
jemand sieht mich und nimmt mich an.
So wie ich bin. 

Das ist beziehungsfördernd, beziehungsstärkend und beziehungsorientiert. Und gute, tragfähige und sichere Beziehungen lassen uns einfacher die Herausforderungen und Veränderungen des Lebens bewältigen. 

Wie erlebst du als Elternteil diese Phasen des Übergangs? Hast du einen Tipp?